Stimmen Sie der Verschärfung des Asylrechts zu??
Sehr geehrter Jan-Marco Luczak,
mit großer Besorgnis habe ich die Debatte um den Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Einschränkung des Asylrechts verfolgt. Ich appelliere an Sie, sich nicht auf einen faulen Kompromiss mit der Union einzulassen, der auf Kosten grundlegender Menschenrechte geht und den Grundsatz des Schutzes für Verfolgte in Frage stellt.
Der Antrag der Union, der unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen, die generelle Zurückweisung von Schutzsuchenden und eine automatische Haft für vollziehbar ausreisepflichtige Personen vorsieht, steht in klarem Widerspruch zu europäischem und internationalem Recht. Solche Maßnahmen würden gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention sowie die Idee Europas und gegen Europäisches Recht verstoßen. Sie untergraben das individuelle Recht auf Asyl. Das Recht, Schutz vor Verfolgung zu suchen, ist ein Menschenrecht!

Sehr geehrte Frau. R.
vielen Dank für Ihre Frage. Das Thema Migration bewegt viele Menschen. Meine Haltung ist da sehr klar: Illegale Migration muss gestoppt werden. Sonst kann Integration nicht gelingen, Akzeptanz für wirklich Schutzbedürftige geht verloren und die Spaltung unserer Gesellschaft schreitet weiter voran. Dafür brauchen wir Lösungen in der politischen Mitte, ohne die AFD. Insofern bedaure ich, dass SPD und Grüne in der letzten Woche dazu keine Bereitschaft gezeigt haben.
Mit Blick auf die Abstimmungen der letzten Woche möchte ich Ihnen gern meine Gedanken darlegen: Ich finde ich es wichtig, dass wir uns vergewissern, wo unser Land aktuell steht. Jeder, der mit offenen Augen durch eine Stadt wie Berlin, meine Heimat, oder durch viele andere Orte Deutschlands geht, sieht, dass die Integrationskraft unseres Landes an vielen Stellen erschöpft ist. In den Kitas. In den Schulen. Auf dem Wohnungsmarkt. Im Gesundheitswesen. So geht Akzeptanz für wirklich Schutzbedürftige verloren und die Spaltung unserer Gesellschaft schreitet weiter voran. Wir müssen daher zu einer Begrenzung der irregulären Migration kommen.
Und dann kam Aschaffenburg. Ein zweijähriger Junge, der mit anderen Kindern in einem Bollerwagen von einer Erzieherin durch einen Park gefahren wurde, wurde ermordet. Der Täter entfernte die Mütze des Kindes, dessen Schal und stach dann achtmal auf Hals, Gesicht und Nacken ein. Der Junge hatte keine Chance. Ein kleines Mädchen wurde auf gleiche Weise brutal attackiert. Sie überlebte nur knapp. Nur weil ein unbeteiligter Passant sich dem Attentäter in den Weg stellte. Er bezahlte dafür mit seinem Leben. Sein dreijähriger Sohn musste alles mit ansehen. Er wird wie die anderen Kinder, die nur durch das Eingreifen weiterer Passanten mit dem Leben davonkamen, sein Leben lang traumatisiert bleiben. Ich schildere dies so ausführlich und mit klaren Worten, weil wichtig ist zu verstehen, dass solche Vorgänge die Menschen zutiefst in ihrem Sicherheitsgefühl beeinträchtigen. Dies erst recht, weil dieses Attentat sich einreiht in weitere Angriffe der jüngsten Vergangenheit: die Ermordung eines Polizisten in Mannheim durch einen Islamisten, die drei Toten vom Stadtfest in Solingen, die sechs Toten und 300 Verletzten auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg, wo ein Täter mit dem Auto in Tötungsabsicht durch die Menge fuhr.
Olaf Scholz hat nach Aschaffenburg gesagt. "Es reicht!" Das finde ich auch. Aber was folgt daraus? Bleibt es bei Betroffenheitsrhetorik oder handeln wir? Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung keinerlei Vorschläge unterbreitet. Er hat sich damit begnügt, mit dem Finger auf die Länder zu zeigen und Vollzugsdefizite zu rügen. Ich finde, das ist zu wenig. Natürlich gibt es Vollzugsdefizite. Diese rühren aber auch und vor allen Dingen daher, dass unsere Kapazitäten schlicht nicht ausreichen, um die große Anzahl von Migranten, Flüchtlingen und Schutzsuchenden aufzunehmen, zu versorgen, medizinisch oder psychologisch zu betreuen. Das kann man beklagen, ist aber Realität.
Als Union treten wir daher dafür ein, den rechtlichen Rahmen so anzupassen, dass Zurückweisungen an der Grenze möglich sind und wir wieder selbst darüber entscheiden, wer zu uns kommt und wer bleiben darf. Dazu gehört auch die konsequente Abschiebung von Straftätern. Wir wollen damit eine Überforderung unseres Landes verhindern und den Schutz und Integration von wirklich Schutzbedürftigen ermöglichen. Und damit erfüllen wir auch den elementaren Schutzauftrag, den der Staat für die Sicherheit der Menschen in unserem Land hat.
Das ist unsere Überzeugung. Dafür treten wir ein. Dafür haben wir im Bundestag Mehrheiten gesucht. Diese Mehrheiten haben wir ausdrücklich nicht bei der AfD gesucht. Es gab mit dieser Partei keine Gespräche, sie haben nicht einmal den Text unserer Anträge bekommen. Meine und unsere Überzeugung ist: Das Problem der illegalen Migration muss in der Mitte des Parlaments gelöst werden. Deswegen haben wir SPD und Grünen Gespräche angeboten. Doch sie haben diese ausgeschlagen.
Ich möchte Sie fragen: Sollten wir deswegen unsere Anträge zurückziehen? Unsere Überzeugungen über Bord werfen? Wäre das nicht gerade etwas, was AfD erst recht in die Hände spielt, weil die berechtigte Erwartung der Menschen, dass Politik endlich handelt, wieder enttäuscht wird? Wird etwas für richtig Erkanntes dadurch falsch, wenn die Falschen zustimmen?
Sie sehen, es gibt viele Fragen. Wir wollten keine Mehrheit mit der AfD. Wir haben gehofft, dass SPD und Grüne sich bewegen. Sie haben das möglicherweise auch an den Reaktionen meiner Fraktion nach der Abstimmung ablesen können. Es kam anders, unser Antrag bekam eine Mehrheit auch mit den Stimmen der AfD. Freue ich mich darüber? Nein. Ist das nun eine Zusammenarbeit? Nein! Olaf Scholz hat selbst vor einiger Zeit zu der Einbringung von eigenen Anträgen ausgeführt: "Das ist doch keine Zusammenarbeit. Niemand sollte sich davon abhängig machen, wie die AfD abstimmt" (Berliner Morgenpost vom 12.8.2023: https://www.luczak-berlin.de/data/documents/2025/01/30/2-679b83bfdcdc0.pdf). Gilt das oder ist es etwas anderes, wenn die CDU dies tut? SPD und Grüne haben am gleichen Tag ein Antrag der CDU/CSU, wo es um die Verbesserung der inneren Sicherheit ging, abgelehnt. Und zwar mit den Stimmen der AfD. Deswegen gab für den Antrag keine Mehrheit. War das auch eine Zusammenarbeit mit der AfD? Ich finde, wir dürfen es uns nicht zu einfach machen.
Gern möchte ich noch den Vorwurf ansprechen, dass unsere Vorschläge in der Sache rechtswidrig seien, dass sie mit dem Grundgesetz und Europarecht nicht in Einklang ständen. Beim sog. Zustrombegrenzungsgesetz hatten wir folgende Maßnahmen vorgeschlagen, um schnell und wirksam irreguläre Migration zu begrenzen:
- Das Regelungsziel der „Begrenzung“ der Migration sollte im Aufenthaltsgesetz wieder eingeführt werden – so war es über lange Jahre im Gesetz verankert, die Ampel hatte das gestrichen.
- Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte sollte eingeschränkt werden. Das sind solche Personen, die keinen Anspruch auf Asyl in Deutschland haben, also nur vorübergehend hier im Land sind. Unter der großen Koalition in den Jahren 2016-2018 war das geltendes Recht. Noch im Oktober 2024 haben genau das alle Ministerpräsidenten der Länder (auch die der SPD und der Grünen) auf der Ministerpräsidentenkonferenz gefordert und beschlossen.
- Die Kompetenzen der Bundespolizei beim Vollzug des Aufenthaltsrechts sollen ausgeweitet werden – hier geht es allein um formale Zuständigkeitsfragen.
Was an diesen Vorschlägen soll rechtswidrig sein? Ich habe keine Antwort darauf. Sie sind zum Teil sogar Bestandteil des SPD-Wahlprogramms. Und was die Zurückweisungen an den Grenzen anbelangt: Art. 16a Grundgesetz regelt ausdrücklich, dass sich nicht auf Asyl berufen kann, wer aus einem sicheren Drittstaaten einreist. Deutschlands Nachbarn sind allesamt sichere Drittstaaten. Auch nach dem europäischen Recht sieht Art. 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eine Regelung vor, dass in Fällen der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit nationale Maßnahmen möglich sind. Was soll an unseren Vorschlägen also europarechtswidrig sein?
Mir und der Union geht es um einen grundlegenden Politikwechsel bei der Migration und der inneren Sicherheit. Auch dafür bin ich als Abgeordneter in Verantwortung gewählt worden. Es ist Zeit zu handeln. Wir wollen Mehrheiten in der politischen Mitte. Unser Angebot zu sprechen steht. Unsere Hand ist ausgestreckt. Es ist an SPD und Grünen, sie zu ergreifen und Verantwortung zu übernehmen. Ich bin fest davon überzeugt, wir dürfen dieses Thema nicht den Radikalen und Populisten überlassen.
Unser Angebot zu sprechen, stand bis zuletzt. Deswegen wurde am Freitag vor der Abstimmung über das Zustrombegrenzungsgesetz die Plenarsitzung im Bundestag unterbrochen, um einen gemeinsamen Weg aus der Mitte des Parlaments zu suchen. Mehr als drei Stunden haben wir mit SPD und Grünen über eine Neuausrichtung der Migrationspolitik verhandelt. Doch dafür gab es keine Bereitschaft. Nach meinem Eindruck wollten die Grünen in der Sache keine Begrenzung der Migration. Auf ihrem Parteitag ein paar Tage zuvor haben sie sogar ausdrücklich eine Ausweitung des Familiennachzugs und restriktive Abschiebungen beschlossen. Und bei der SPD schien man sich ein Wahlkampfthema gegen die Union und Friedrich Merz nicht nehmen lassen zu wollen. Ich bedaure ausdrücklich, dass es nicht gelungen ist, SPD und Grüne von einem gemeinsamen Vorgehen zu überzeugen und sie ihrer Verantwortung nicht nachkommen wollten. Ich bin davon überzeugt, dass das Problem der illegalen Migration in der Mitte gelöst werden muss. Wir dürfen das nicht den Radikalen und Populisten überlassen. Diese Chance wurde vertan. Das Zustrombegrenzungsgesetz wurde mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linkspartei im Bundestag abgelehnt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Beweggründe deutlich machen.
Mit freundlichen Grüßen
Jan-Marco Luczak