Frage an Jan-Marco Luczak von Kerstin S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Dr. Luczak,
ich bitte Sie dringend um Hilfe.
Auf dem Grundstück Potsdamer Str 203 / Steinmetzstr 39 wird ein großer Supermarkt (LIDL) errichtet.
Dieser Bau nimmt die gesamte Fläche ein, es gibt keine Feuerwehrzufahrt.
Die Außenmauern des Gebäudes werden so hoch gezogen, daß die Mieter im 1. Stock der alten Häuser erhebliche Sichteinschränkungen haben- sprich auf die nackte Mauer blicken. Diese Wohnungen/Balkone sind natürlich jetzt erheblich dunkler als vorher.
Leider bin ich als Nicht-Architektin nicht in der Lage, zu überprüfen, ob die Berliner Bauordnung eingehalten wurde, wie mir von Seite des Bauamtes Schöneberg/Tempelhof versichert wurde.
Ich mache mir Sorgen um die Sicherheit der Mieter und bin auch empört, daß uns die Sicht und das Licht verbaut wird.
Ich wäre sehr dankbar für eine Antwort und Überprüfung der Sachlage!
Mit freundlichen Grüßen,
K. Schubert
Sehr geehrte Frau Schubert,
vielen Dank für Ihre Frage vom 24. Juli 2014 hinsichtlich der Situation auf dem Grundstück Potsdamer Straße 203 / Ecke Steinmetzstraße 39. Bitte entschuldigen Sie die späte Antwort.
Da ich keinen Einblick in das Genehmigungsverfahren habe, kann ich hierzu keine konkrete juristische Prüfung der Zulässigkeit des Neubaus vornehmen. Gerne nehme ich jedoch Stellung zu grundsätzlichen baurechtlichen Fragen bezüglich des Neubaus.
Zunächst einmal habe ich Verständnis dafür, dass Sie den Neubau des Einkaufsmarktes direkt vor ihrer Haustür mit „gemischten Gefühlen“ sehen. Um eventuelle Einschränkungen der Lebensqualität der Nachbarn so gering wie möglich zu halten, sind bei Neubauten sogenannte Abstandsflächen zu beachten. Sie sollen eine ausreichende Belichtung und Belüftung des Grundstücks gewährleisten sowie einen ausreichenden Sozialabstand im Interesse des allgemeinen Wohnfriedens wahren.
Grundsätzlich kann hierzu gesagt werden, dass eine Abstandsfläche gemäß § 6 Abs. 5 BauO Bln von drei Metern zwischen den Gebäuden freigehalten werden muss. Einschränkungen im Sinne der § 6 Abs. 6 f. BauO Bln sind jedoch beispielsweise in Bezug auf vortretende Bauteile oder Stützmauern bis zu zwei Metern Höhe möglich. Unter bestimmten Bedingungen sind Abstandsflächen gemäß § 6 Abs. 1 S. 3 BauO Bln gar nicht erforderlich. Dies ist der Fall, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grundstücksgrenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Eine Sichtbeeinträchtigung durch das Nebengebäude ist in diesem Zusammenhang zwar ärgerlich, allerdings nach ständiger Rechtsprechung in der Regel nicht geschützt.
Selbstverständlich sind die für den Brandschutz im Sinne des § 14 BauO Bln notwendigen Maßnahmen bei baulichen Anlagen zu treffen. Hierbei, als auch bei der Bewertung entstehender Verschattung, besitzt das zuständige Baudezernat ein behördliches Ermessen. Es wird eine Einzelfallprüfung vorgenommen, bei der die angesprochenen Faktoren Beachtung finden. Bei einem stattgegebenen Bauantrag hält die Baubehörde die angesprochene Verschattung für hinnehmbar und den Brandschutz für ausreichend gewährleistet.
Rechtsmittel gegen eine erlassene Baugenehmigung sind der Widerspruch beziehungsweise nach Abweisung dessen, die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage. Dabei ist stets Voraussetzung, durch den erlassenen Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt zu sein.
Ich hoffe, Ihnen hiermit einen transparenteren Einblick in das Verfahren gegeben zu haben. Wenn Sie weitere Fragen haben sollten, wenden Sie sich doch bitte direkt an mich unter: jan-marco.luczak@bundestag.de .
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak MdB