Wann verbessert der Bundestag die Resilienz des Bundesverfassungsgerichts (Vorschläge BMJ und der Bund-Länder-Arbeitsgruppe liegen vor) ?
Sehr geehrter Herr Luczak,
damit rechtspopulistische / rechtsextreme Kräfte nicht die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts aushebeln (wie es in Polen, Ungarn, Israel, ..., bereits versucht wurde, unterschiedlich erfolgreich), gibt es bei uns aktuelle Vorschläge zur Stärkung der Rechtsstaats-Resilienz (z.B. BVerfG-Änderungen nur mit 2/3 Mehrheit?, u.a.m.):
https://anwaltsblatt.anwaltverein.de/de/themen/schwerpunkt/wehrhafter-rechtsstaat-diskussion-resilienz-bverfg
https://www.mj.niedersachsen.de/JuMiKo/beschluesse/beschlusse-228116.html.
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=> Werden Sie es schaffen im Bundestag, die Absicherung der Unabhängigkeit unseres Bundesverfassungsgerichts noch in diesem Jahr erfolgreich durch die (Grund-)Gesetz-Änderung zu bringen?
Sehr geehrte Frau L.,
vielen Dank für Ihre Frage vom 11.07.2024, in der Sie Ihre Sorge um die Resilienz des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Ausdruck bringen und sich um eine zeitnahe Umsetzung noch in diesem Jahr bemühen.
Lassen Sie mich Ihnen zunächst mitteilen, dass ich Ihre Sorge teile. Unsere Demokratie steht immer mehr unter Druck von populistischen und extremistischen Kräften - sowohl von links wie auch von rechts. Das Erstarken der AfD, welches nach aktuellen Umfragen sogar in Wahlergebnissen jenseits der 30% auf Länderebene resultieren könnte, stimmt mich daher nicht nur nachdenklich, es besorgt mich zutiefst. Denn: Eine starke und unabhängige Verfassungsgerichtsbarkeit ist keine Selbstverständlichkeit. Weltweit konnten wir in den vergangenen Jahren Bestrebungen beobachten, die darauf abzielten, die Funktionsfähigkeit und Unabhängigkeit von Verfassungsgerichten einzuschränken.
Vor diesem Hintergrund gab es in der Fachöffentlichkeit seit längerer Zeit zurecht Diskussion darüber, wie man entsprechenden Entwicklungen in Deutschland vorbeugen kann. Da die allermeisten Regelungen über das BVerfG nur im Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) geregelt sind, das mit einfacher Regierungsmehrheit jederzeit geändert werden kann, stand im Zentrum der Debatte dabei stets die Frage, welche Regelungen dafür im Grundgesetz (GG) verankert werden müssen.
Wie Sie möglicherweise schon über die Medien erfahren haben, gab es in den vergangenen Monaten unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine Initiative zwischen den Ampelparteien und der Union, um das Bundesverfassungsgericht entsprechend zu stärken. In konstruktiven Verhandlungen mit BMJ und Vertretern der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP haben wir uns – in Abstimmung mit unserer Fraktionsspitze – nun auf Vorschläge für Grundgesetzänderungen zum besseren Schutz des BVerfG verständigt. Dabei war es uns von Beginn an wichtig, dem BVerfG keine neuen Befugnisse zu verleihen, sondern den bestehenden Status quo verfassungsfest zu machen. Die vorgeschlagenen Änderungen fokussieren sich daher im Wesentlichen darauf, bereits bestehende Strukturvorgaben und Regelungen, die derzeit im BVerfGG geregelt sind, in das GG zu überführen. Außerdem soll als neues Element ein Ersatzwahlmechanismus eingeführt werden, der dann greift, wenn in Bundestag oder Bundesrat bei einem Erstarken der politischen Ränder eine obstruktive Minderheit eine Blockade auslöst und damit die Wahl von Mitgliedern des BVerfG verhindert. Dieser gemeinsame Gesetzentwurf soll nach der Sommerpause aus der Mitte des Bundestags ins Parlament eingebracht werden; ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahren ist noch in dieser Legislaturperiode geplant.
Mit freundlichen Grüßen
Jan-Marco Luczak