Was tun Sie dafür, dass die negativen Begleiterscheinungen der Freizügigkeit Aufmerksamkeit im Bund erringen?
Hallo Frau Mihalic,
nach jahrelangem Verdrängen ist das Thema "Freizügigkeit" endlich im Landtag von NRW angekommen.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article238908635/Ina-Scharrenbach-CDU-NRW-Kommunalministerin-fordert-Ueberpruefung-der-Armutszuwanderung.html
Da Ihre und meine Heimatstadt Gelsenkirchen besonders die negativen Auswirkungen der Freizügigkeit zu spüren bekommt, würde ich gerne von Ihnen wissen, was und in welcher Intensität Sie dafür tun, dass dieses Thema auch im Bundestag und im Europaparlament die dringend nötige Beachtung findet?
Besten Dank und viele Grüße
Klaus R.
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich versuche als Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen Bundestagsfraktion einen Beitrag dazu zu leisten, dass solche Themen möglichst sachlich diskutiert werden. Da heißt, dass negative Aspekte ebensowenig ignoriert werden wie positive. Ich finde es deshalb auch wenig erfreulich, wenn solche Fragen, in denen es oft um sehr bittere menschliche Schicksale geht für Wahlkampfgetöse genutzt werden.
Grundsätzlich ist die Freizügigkeit innerhalb er Europäischen Union eine wertvolle Errungenschaft, die uns als Bürger*innen neue Perspektiven und Möglichkeiten gegeben und zur wirtschaftlichen Stärkung der EU beigetragen hat, von der nicht zuletzt Deutschland profitiert. Mir ist bewusst, dass das bei einem starken wirtschaftlichen und sozialen Gefälle innerhalb der EU auch zu einem Ungleichgewicht führen kann. Deshalb ist es auch in unserem Interesse, dieses Gefälle zu reduzieren. Natürlich führt die jetzige Situation auch zu Problemen, die wir aber angehen können, ohne den Bürger*innen in Rumänien und Bulgarien europäische Rechte vorzuenthalten, die wir als Deutsche ganz selbstverständlich genießen. Ich halte das auch angesichts des Angriffs Russlands auf die europäische Friedensordnung für ein falsches Signal der Spaltung innerhalb der EU.
Insgesamt sollten wir diese Diskussion ehrlich führen. Angesichts des Fachkräftemangels in Deutschland benötigen wir Migration. Selbstverständlich müssen wir auch Arbeitsbedingungen und Ausbildung z.B. im Pflegebereich verbessern, um diese Berufe attraktiver zu machen. Über die Freizügigkeit haben wir eine Möglichkeit, diesen Bedarf an Arbeitskräften leichter zu decken. Um die Probleme, die in unserer Stadt deutlich sichtbar sind, endlich zu reduzieren, bedarf es nicht nur der Ausschöpfung ordnungsrechtlicher Maßnahmen, sondern vor allem auch einer besseren Finanzausstattung. Dazu haben wir im Koalitionsvertrag klare Aussagen getroffen.
Mit freundlichen Grüßen
Irene Mihalic