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Heike Baehrens
SPD
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Frage von Mareike M. •

Werden Sie dem Antrag zum Thema "ME/CFS" 20/4886 (CDU/CSU) zustimmen?

Sehr geehrte Frau Baehrens,
ich bin Angehörige eines Post Covid/MECFS Erkrankten. Die Situation der Betroffenen hat sich im 4. Jahr der Pandemie immer noch nicht verbessert. Leider wurden bisher kaum öffentliche Gelder freigegeben, weder vom BMG, noch vom BMBF. Bereits für 2021 meldete die KBV eine halbe Mio ME/CFS Kodierungen, eine Verdopplung im Vergleich zu Vorpandemiejahren. Da ein Großteil der Covid-19 Infektionen im Jahr 2022 stattgefunden haben, ist mit einer weiteren, massiven Erhöhung zu rechnen. 50% der PC-Betroffenen erfüllen die Kriterien für ME/CFS. Ein Großteil der ME/CFS Betroffenen ist arbeitsunfähig. Laut Studien aus dem Ausland könnte bis zu ein Drittel des derzeitigen Fachkräftemangels durch Long-/ Post-Covid und ME/CFS bedingt sein. Dies hat immense Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, das Gesundheits-und Sozialsystem.Da die jetzige Situation und der Umgang der Regierung mit dem Thema sehr unbefriedigend ist, bietet der Antrag 20/4886 gute Ansätze zur Verbesserung.

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Sehr geehrte Frau M.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage im Zusammenhang mit dem Krankheitsbild der Myalgischen Enzephalomyelitis (ME/CFS) / dem chronischen Fatigue-Syndrom bzw. zur Situation von Patient:Innen, die in Folge einer Covid-19-Infektion an Long- Covid leiden. Gern möchte ich Sie über den Stand der Forschung und dahingehende Bemühungen, notwendige Versorgungsstrukturen für die Betroffenen sowie Aufklärungsanstrengungen im Zusammenhang mit der Erkrankung informieren.

Als SPD-Bundestagsfraktion wissen wir, welch langwierigen Leidensweg Sie als Betroffene und Ihre Angehörigen hinter sich haben, bis Sie zu dieser niederschmetternden Diagnose gelangen. Sie können sich sicher sein, dass wir Ihre Sorgen und Anliegen sehr ernst nehmen. Das ist auch der Grund, warum die Bundesregierung – das Bundesministerien für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Bildung & Forschung (BMBF) – bereits in enger Abstimmung mit uns im Parlament unterschiedliche Maßnahmen eingeleitet hat.

Die Erforschung von ME/CFS ist derzeit leider noch unbefriedigend. Die konkreten Ursachen der Erkrankung sind weiter nicht im Detail bekannt, da es sich um ein sehr vielfältiges Krankheitsbild handelt. Grundlagenforschung ist daher das Gebot der Stunde, um Anhaltspunkte für die Entwicklung einheitlicher Diagnosekriterien und wirksamer Therapieansätze zu finden. Das BMBF fördert deshalb bereits die Etablierung der Nationalen Klinischen Studiengruppe „Post-Covid Syndrom und ME/CFS“ zur Durchführung von klinischen Phase II-Studien mit insgesamt zehn Millionen Euro bis Ende 2023. Hier sollen bereits zugelassene Medikamente identifiziert werden, die bei positiven Studienergebnissen schnell in die Versorgung gelangen können.

Das BMG wiederum fördert im Rahmen seiner Ressortforschung derzeit einen Verbund des Klinikums rechts der Isar der TU München und der Charité Berlin. Ziel ist der Aufbau eines altersübergreifenden klinischen Registers mit einer Biodatenbank. Die durch das Register gewonnenen Daten werden explizit auch Patientinnen und Patienten mit ME/CFS nach einer COVID-19-Infektion erfassen.

Die gemeinsamen Anstrengungen der Bundesregierung werden in einem beim BMG angesiedelten Arbeitsstab zwischen den beteiligten Ressorts fortlaufend koordiniert. In die Arbeit des Stabes fließen kontinuierlich auch Hinweise und Forschungsanstrengungen aus aller Welt mit ein. Darüber hinaus hat das BMG das Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bereits im März 2021 damit beauftragt, den aktuellen Wissenstand zu ME/CFS bis Juni 2023 systematisch aufzuarbeiten. Das IQWiG hat gemäß gesetzter Frist bereits am 15.05.2023 einen umfassenden vierteiligen Bericht vorgelegt. Darin wird ausführlich auf den Wissensstand zum Krankheitsbild sowie die Studienlage zu etablierten Therapieverfahren und deren Nutzen eingegangen. Der Bericht stellt fest, dass die Evidenzlage zur Behandlung von ME/CFS schwach und die Erkrankung insgesamt noch wenig verstanden ist. Dennoch wurden Empfehlungen zu notwendigen und weitergehenden Gesundheitsinformationen sowie Handlungsoptionen für die Gesundheitspolitik, Ärzteschaft und Wissenschaft formuliert. Gemeinsam mit der Bundesregierung sind wir nun mit der Auswertung dieser Informationen befasst.

Im Lichte dieses Berichts werden dann auch die bereits laufenden Aufklärungskampagnen – beispielsweise durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) – weiter ausgebaut und auf eine noch validere Grundlage gestellt. Auch dies wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Darüber hinaus hat der Bundesminister für Gesundheit, Prof. Dr. Karl Lauterbach, erst jüngst die Dringlichkeit verstärkter Forschungsanstrengungen zu Long-Covid und ME/CFS öffentlichkeitswirksam unterstrichen. In diesem Zusammenhang hat er angekündigt, sich für die Aufstockung der Forschungsmittel des Bundesministeriums für Gesundheit für diesen Bereich in den kommenden Haushaltsberatungen des Deutschen Bundestages einzusetzen. 

Die Ampelkoalition hat sich außerdem in ihrem Koalitionsvertrag auf das Ziel der Schaffung eines deutschlandweiten Netzwerks von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen für Long-COVID und ME/CFS-Betroffene verständigt. Nun wird es darauf ankommen, diese Vereinbarung gemeinsam mit Ländern und Kassenärztlichen Vereinigungen auch umzusetzen. Hierzu laufen zwischen den beteiligten Ressorts der Bundesregierung bereits intensive Gespräche. Mit einer Umsetzung rechne ich derzeit in der zweiten Jahreshälfte 2023.

Selbsthilfevereinigungen und die Akteure des Gesundheitswesens sind aber ihrerseits bereits aktiv geworden und haben Anlaufstellen für die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen identifiziert und veröffentlicht. Beispiele sind das Fatigue Centrum der Charité — Universitätsmedizin Berlin oder auch das Netz von Long-Covid-Ambulanzen. Um die Versorgungssituation zügig weiter zu verbessern, haben wir im Parlament bereits mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz im Dezember 2022 den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, gesetzlich damit beauftragt, bis zum 31. Dezember 2023 eine Richtlinie für eine berufsgruppenübergreifende koordinierte und strukturierte Versorgung für Personen mit Long-/Post-COVID zu beschließen. Der G-BA kann dabei den Anwendungsbereich der Richtlinie auch auf die Versorgung von ähnlichen oder hiermit in Verbindung stehenden Krankheitsbildern erstrecken. Hierfür käme auch ME/CFS in Betracht. 

Uns ist bewusst, dass trotz aller Anstrengungen die Forschungs- und Versorgungslage für die betroffenen Menschen und Ihre Angehörigen derzeit noch nicht zufriedenstellend ist. Darum werden wir nicht nachlassen, auf Ihr Anliegen auch weiterhin im Rahmen unser Möglichkeiten bei Wissenschaft, Forschung und Ärzt:Innenverbänden hinzuweisen, Fortschritte anzumahnen und durch finanzielle Mittel zu unterstützen. Wir sind Ihnen deshalb für ihre Fragen und kritischen Anmerkungen sehr dankbar und wünschen Ihnen persönlich eine baldige Besserung Ihrer gesundheitlichen Situation.

Mit freundlichem Gruß

Ihre
Heike Baehrens

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