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Heike Baehrens
SPD
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Frage von Jürgen W. •

Sehr geehrte Frau Baehrens, mit welchen "harten Daten" belegen Sie Ihre Behauptungen, mit denen Sie Ihren Gruppenantrag allgemeine Impfpflicht begründen?

Mit welchen Daten belegen Sie, dass die bisher zur Verfügung stehenden Impfstoffe sicher sind.
Ab welcher Impfrate wissen Sie, dass die Pandemie überwunden werden kann?
Welche Daten machen Sie sicher, dass eine höhere Impfquote das Gesundheitssystem vor dauerhafter Überlastung und das öffentliche Leben vor Einschränkungen schützt?
Wünschenswert wäre, dass jeder Unterzeichner nicht für Informationen hinsichtlich Mitarbeit sondern auch hinsichtlich themenbezogener, belegender Informationen steht!
Ich kann aus meiner ärztlichen Arbeit keine Unbedenklichkeit der gegenwärtigen Impfstoffe bezeugen.
Ich bitte Sie und Ihre Mitstreiter dafür zu plädieren, dass in die Expertengremien nicht nur Ethiker, Epidemiologen und Virologen geladen werden, sondern auch kompetente IMMUNOLOGEN. Aller Immunsystem ist Grundpfeiler in der Bewältigung einer Infektion, welcher Genese auch immer!
Zuletzt bitte ich darum, dass nicht das RKI mit neuen Regeln vorprescht, sondern Parlament oder Gesundheitsminister.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Fragen. Im 19-köpfigen Expertengremium der Bundesregierung sind natürlich auch Immunologinnen und Immunologen vertreten. Zum Beispiel Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, aber auch noch weitere. Die Verordnung, in welcher der Genesenenstatus definiert wird, wurde mittlerweile überarbeitet. Nun gibt es keinen direkten Verweis auf das Robert-Koch-Institut (RKI) mehr.  Damit liegt die Entscheidung über die Festlegung des Genesenenstatus in der Verantwortung des Bundesministeriums. Natürlich wird aber weiterhin auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse unter Einbeziehung der Fachexpertise von RKI und anderen entschieden.

Diese Fachexpertise und die von den Expertinnen und Experten regelmäßig vorgelegten Daten vor allem vom RKI und Paul-Ehrlich-Institut (PEI), sind die Grundlage auch für meine Entscheidung, mich für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 einzusetzen. Sie sind alle öffentlich auf den jeweiligen Institutshomepages und auch auf der Seite des BMG einsehbar.

Die Grundvoraussetzung dafür, überhaupt eine Impfpflicht in Betracht ziehen zu können, ist, dass die bei uns zugelassenen Impfstoffe sicher und wirksam sind. Schwere Nebenwirkungen kommen bei den bei uns zugelassenen Impfstoffen nach bisherigen Erfahrungen mit weltweit über 8 Milliarden Impfungen extrem selten vor. Angesichts der gesundheitlichen Komplikationen bei schweren Krankheitsverläufen und dem noch nicht abschätzbaren Risiko im Zusammenhang mit dem Long-Covid-Syndrom überwiegt aus wissenschaftlicher Sicht sehr eindeutig der Nutzen gegenüber den Risiken einer Impfung. Eine offene Kommunikation möglicher Risiken ist selbstverständlich gegeben. Das PEI informiert zum Beispiel über alle in Deutschland gemeldeten Verdachtsfälle möglicher Nebenwirkungen oder Komplikationen, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gegen COVID-19 auftreten. (Falls sie konkrete Daten dazu nachlesen möchten, finden Sie sie u.a. hier:

https://www.zusammengegencorona.de/impfen/impfstoffe/wirksamkeit-und-sicherheit/

https://www.pei.de/DE/service/faq/coronavirus/faq-coronavirus-node.html

https://www.pei.de/DE/newsroom/dossier/coronavirus/sicherheitsbericht-covid-19-impfstoffe-aktuell.html)

Alle Studien belegen die hohe Wirksamkeit der zugelassenen Impfstoffe. Zu Beginn ihres Einsatzes wurde gehofft, dass die Wirksamkeit länger anhält. Heute wissen wir, dass dafür Auffrischungsimpfungen notwendig sind. Aber weiterhin schützt die Impfung sehr wirksam vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen – und das bisher bei allen Varianten, die aufgetreten sind. Und sie minimiert die Gefahr, das Virus weiterzuverbreiten – auch bei Omikron. Dadurch entlastet jede Impfung unser Gesundheitssystem doppelt: Indem Übertragungen minimiert werden und die Gefahr, auf intensivmedizinische Versorgung angewiesen zu sein, reduziert wird. Das ist besonders in der aktuellen Omikronwelle zum Tragen gekommen. Bei vorigen Varianten ist der Impfschutz auch gegen Infektion und Übertragung noch wesentlich höher. Aber es ist eben genau diese sich ändernde Lage in einer auch für die Experten völlig neuartigen Pandemie, die proaktives Handeln nötig macht. Sollten wir im Herbst wieder einer neuen – vielleicht tödlicheren – Variante gegenüberstehen ohne die Impfquote wesentlich erhöht zu haben, müssten wieder Konsequenzen gezogen, das öffentliche Leben heruntergefahren und die medizinische Versorgung auf Corona konzentriert werden. Das wäre zum Nachteil und Leid von Millionen Menschen, die gesundheitliche, wirtschaftliche, psychische Beeinträchtigungen dadurch zu tragen hätten.

In der aktuellen Debatte zur Impfpflicht geht es um den Schutz unseres Gesundheitssystems vor einer Überlastung und um den Schutz der gesamten Gesellschaft vor den Folgen einer solchen Überlastung. Denn es ist unübersehbar, welch gravierende Auswirkungen es hat, wenn Operationen verschoben werden und das medizinische und pflegerische Personal permanent aufs Äußerste gefordert sind.

Ich kann Ihnen versichern, dass ich mir meine Entscheidung nicht leicht mache. Ich spüre aber auch die Verantwortung, nicht mehr nur auf die jeweils aktuelle Situation zu reagieren. Vielmehr sollten wir nach zwei Jahren Pandemieerfahrung dazu übergehen, endlich vorsorgend zu handeln, um den ewigen Kreis der Infektionswellen und ihrer Folgen zu beenden und für potentielle weitere Virusvarianten besser gewappnet zu sein. Deshalb habe ich mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Fraktionen en Entwurf für eine allgemeine, aber zeitlich befristete Impfpflicht ab 18 Jahren erarbeitet. Sie soll auf drei Impfdosen begrenzt und über Bußgelder sanktioniert werden. Begleitet werden soll sie von umfassenden und niedrigschwelligen Angeboten zur Beratung und Impfung. Damit wollen wir erreichen, dass sich eine Grundimmunisierung in der Bevölkerung einstellt, die das Coronavirus und seine zukünftigen Varianten für uns ohne besondere Einschränkungen beherrschbar macht – ähnlich, wie es momentan bei der Grippe der Fall ist, die uns zwar auch in manchen Jahren mit neuen Varianten sehr belasten kann, aber eben nicht überlastet. Wenn wir das erreichen, dann bleiben Auffrischungsimpfungen, Hygienemaßnahmen und anderes weiter sinnvoll, aber eben auch individuelle Verantwortung. Aus meiner Sicht ist das der Weg, der zu einem unbeschwerten und normalen Alltag und gesellschaftlichen Leben führt.

Die Debatte über diesen Vorschlag und auch andere Initiativen im Parlament hat nun begonnen. Egal, welche Entscheidung am Ende getroffen wird, verbinde ich damit die Hoffnung, dass die offene Debatte und Abstimmung zu Klarheit führt und  uns auch gesellschaftlich wieder ein Stück zusammenführt.

 

Mit freundlichem Gruß

Heike Baehrens

 

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