Frage an Heike Baehrens von Bettina H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Baehrens,
als Wählerin in Ihrem Wahlkreis habe ich drei Fragen zur Flüchtlingspolitik. Bundesinnenminster de Maizière möchte den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte, der bis zum 6.März 2018 ausgesetzt ist, auch darüber hinaus nicht zulassen.
(1) – Ist für Sie Familiennachzug z.B. für syrische Geflohene ein Weg zum Gelingen der Integration, der schnell wieder verfügbar sein muss?
(2) – Befürworten Sie die in Berlin, Brandenburg, Thüringen, Hamburg und Schleswig-Holstein noch existierenden Landesaufnahmeprogramme, die den Familiennachzug auf der Basis privater Bürgschaften ermöglichen, wie sie zum Beispiel die FLÜCHTLINGSPATEN SYRIEN e.V. organisieren?
(3) – Werden Sie sich nach der Wahl in Ihrer Partei dafür einsetzen, ein bundesweites Programm zu realisieren, das dies möglich macht?“
Ausserdem wüsste ich gerne, wie Sie zur derzeitigen Flüchtlingspolitk was Lybien und die Unterstützung anderer Regime angeht, um Flüchtlingsströme zu unterbinden. Ich habe noch nie etwas unmenschlicheres und barbarischeres in meiner Lebenszeit von meinem Land gesehen.
Mit freundlichem Gruß,
B. H.
Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Ich bin überzeugt davon, dass Integration am besten in der Familie gelingt. Dass der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ausgesetzt wurde, war eine Forderung der Union, die wir leider nicht verhindern konnten. In der SPD wollen wir die Aussetzung des Familiennachzugs nicht verlängern. Für mich ist es völlig unverständlich, dass es keine sorgfältige Einzelfallabwägung hier in Baden-Württemberg gibt. Aus meiner Bürgersprechstunde und von Besuchen im Asyl-Café kenne ich mehrere Einzelschicksale, die mich sehr aufgewühlt haben und die mich hilflos machen angesichts der Härte, mit der sowohl im Bundes- als auch im Landesinnenministerium argumentiert und gehandelt wird.
Dass Menschen den Familiennachzug jetzt durch private Initiative und in Vereinen organisieren und konkrete Hilfe im Einzelfall ermöglichen, finde ich humanitär absolut legitim. Es ist ein bewundernswertes Engagement, kann aber politisch nicht die Lösung sein. Die Verantwortung und Aufgabe des Staates würde auf private Schultern verlagert - mit allen ggf. damit verbundenen Risiken. Wer z.B. eine Bürgschaft übernimmt, müsste selbst dann noch zahlen, wenn die Geflüchteten, für die sie bürgen, bereits den Flüchtlingsstatus zugesprochen bekommen haben. Unser politisches Ziel ist es, Familienzusammenführungen zu ermöglichen und auch die Bearbeitungszeiten deutlich zu verkürzen.
Die Tatsache, dass momentan 10.000 Klagen die Verwaltungsgerichte blockieren, spricht Bände: wäre es nach der SPD gegangen, dann hätten wir diese Probleme nicht, sondern könnten Menschen helfen und Familien wieder eine gemeinsame Zukunft ermöglichen.
Zu Ihrer letzten Frage: Libyen ist kein stabiles Land. Ich lehne es ab, dort etwa den Aufbau von Flüchtlingslagern zu unterstützen, in denen wegen fehlender staatlicher Strukturen die Einhaltung von Menschenrechten nicht gewährleistet werden kann. Wir müssen vielmehr Herkunfts- und auch Transitländer unterstützen und stabilisieren, um Fluchtursachen langfristig aus der Welt zu schaffen. Dazu gehören nicht nur kluge Entwicklungshilfe und Krisenprävention, sondern auch faire Handelspolitik und die Einschränkung von Waffenexporten.
Mit freundlichem Gruß
Heike Baehrens