Frage an Gabriele Katzmarek von Franz M. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Sehr geehrte Frau Katzmarek, liebe Gabriele,
Wie hast du beim Antrag von Bündnis90/Die Grünen über die Aufnahme von 5.000 Kindern und Jugendlichen aus Flüchtlingslagern auf griechischen Inseln abgestimmt? Bitte Begründung dazu.
Dank und Gruß
Franz Masino
Sehr geehrter Herr Masino,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
An der Abstimmung über den Antrag der Grünen habe ich nicht teilgenommen, weil es mich sehr geärgert hat, dass die Grünen auf dem Rücken der Menschen Schaufensterpolitik betreiben. Die Grünen stellen in Baden-Württemberg den Ministerpräsidenten und sind in zehn von sechzehn Bundesländern an den Regierungen beteiligt. Sie haben deutlich bessere Möglichkeiten, tatsächlich etwas für die Menschen zu bewegen, statt im Bundestag einen Antrag zu stellen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat ihre Haltung zu der Frage in einem Beschluss niedergelegt, der wie folgt lautet:
„Die Zustände in den Aufnahmeeinrichtungen auf den griechischen Inseln sind unbestritten katastrophal und untragbar.
Wir brauchen so schnell wie möglich eine Lösung für die Menschen in Griechenland. Wir müssen dabei darauf achten, dass wir einen Schritt in Richtung einer europäischen Lösung gehen. Wir arbeiten derzeit mit voller Kraft an einer Lösung, an der sich nicht alleine Deutschland, sondern wenigstens ein paar andere europäische Staaten beteiligen, von denen zum Teil auch schon Zusagen für eine Aufnahme vorliegen. Wir erwarten von Bundesinnenminister Seehofer, heute beim Innenministerrat in Brüssel nachdrücklich für eine „Koalition der Vernunft“ zu werben und konkrete Maßnahmen zur gemeinsamen Aufnahme von besonders Schutzbedürftigen auf den Weg zu bringen. Ein deutscher Alleingang kann das Problem nicht lösen.
Wir brauchen die Aufnahme von Geflüchteten im Rahmen einer europäischen Koalition der Vernunft. Inzwischen hat sich mit Frankreich, Portugal, Finnland und anderen bereits eine nennenswerte Gruppe von Staaten zu einer gemeinsamen Aufnahme bereit erklärt. Wir er-warten, dass die deutsche Bundesregierung jetzt zusammen mit diesen Staaten die Aufnahme dringend in die Wege leitet. Das Engagement unserer aufnahmebereiten Bundesländer, Städte und Gemeinden ist außerordentlich zu begrüßen. Es ist wichtig zu wissen, dass es die Bereitschaft gibt, Schutzsuchende zügig aufnehmen zu können. Wir stehen auch hinter der Initiative des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius, der sich als einer der ersten für die Aufnahme minderjähriger Geflüchteter stark gemacht hat. Für diese Gruppe müssen wir Sorge tragen, dass sie zudem auch im Rahmen der Familienzusammenführung nach den Regelungen der Dublin III-Verordnung schnell und unbürokratisch zu ihren Ange-hörigen in Deutschland reisen können.
Ebenso wichtig ist es, dass wir schnell eine dauerhafte Verbesserung der Verhältnisse in den griechischen Hot Spots erreichen. Ein Weg könnte sein, dem UNHCR die operative Verantwortung zur Leitung der Flüchtlingszentren zu übertragen. Für eine grundsätzliche Lösung brauchen wir eine Neuausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik und des gemeinsamen europäischen Asylsystems. Wir müssen weg vom Prinzip der Zuständigkeit des Ersteinreisestaates. Wir brauchen eine gerechte und solidarische Verteilung geflüchteter Menschen auf die einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Nur so schaffen wir dauerhaft eine Entlastung der Staaten an den EU-Außengrenzen und somit auch insbesondere Griechenlands. Daran arbeiten wir auf EU-Ebene mit Hochdruck.
Ein erster Schritt in Griechenland könnte die Entwicklung eines Pilotmodells für ein gemeinsam betriebenes europäisches Asylzentrum auf den griechischen Inseln sein.
Auf jeden Fall dürfen wir weder die Menschen in Griechenland noch die griechische Regierung mit diesen Herausforderungen alleine lassen. Die Europäische Union ist eine Wertegemeinschaft. Mit unserem gemeinsamen Handeln zur Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland machen wir einen ersten und notwendigen humanitären Schritt. Unser Ziel bleibt es, dass sich am Ende alle europäischen Mitgliedstaaten in diese Solidarität einbringen.
Jetzt gilt es, alle Anstrengungen auf eine europäische Lösung, an der nicht alle Länder teil-nehmen müssen zu konzentrieren. Nur so kann umfassend den Minderjährigen und den besonders Schutzbedürftigen geholfen werden.
Dabei sehen wir auch, dass die Kämpfe in Idlib die humanitäre Lage in Syrien weiter verschärfen und erneut viele Menschen zur Flucht Richtung türkische Grenze zwingen. Europa und die internationale Gemeinschaft müssen darauf schnell reagieren und bereit sein, weitere humanitäre Hilfe für die Menschen in Idlib und die Geflüchteten in der Türkei zu leisten.
Wir vertrauen darauf, dass die Bundesregierung diese Verhandlungen mit allem Nachdruck verfolgt.“
Wir haben seit 2015 in Europa und in Deutschland viel verändert, um unsere Asylsysteme dem Bedarf anzupassen. Deutschland hat sich auch immer wieder daran beteiligt, auf dem Mittelmeer in Seenot geratene Menschen aufzunehmen und zu versorgen.
Die Abmachung mit der Türkei gilt. Von den zugesagten sechs Milliarden sind rund 3,6 Milliarden Euro bereits ausgezahlt und der Rest wird nach und nach projektiert. Die türkische Regierung verfolgt eigene Interessen, die sie nicht mit der EU vereinbart. Fest steht: Die Außengrenzen der EU müssen kontrolliert werden. Anderenfalls ist staatlich organisiertes Zusammenleben in der EU unmöglich. Es kann in der jetzigen Situation nur darum gehen, WIE wir den fliehenden Menschen schnell und wirksam helfen. Das Auswärtige Amt hat dazu die Mittel für die humanitäre Hilfe sofort erhöht. Das Innenministerium hat Polizisten und Sachmittel bereitgestellt, um den griechischen Behörden zu helfen.
Es ist dringend notwendig, dass die demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag zusammenarbeiten, um nachhaltige Lösungen für die betroffenen Menschen zu erarbeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Katzmarek