Frage an Franziska Brantner von Paul S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dr. Brantner,
in Ihrem heutigen Artikel bei Zeit Online ("Die neue SPD-Spitze kämpft nicht für Europa") geben Sie der SPD eine klare Mitschuld an der europapolitischen Blockadehaltung der Regierung:
"Der SPD-Parteitag am Wochenende zeigte das deutlich: Zwei neue Vorsitzende hat die älteste Partei Deutschlands nun, aber bei keiner der zentralen Bedingungen für die Fortführung der Koalition kämpfen sie für Europa."
Es verwundert mich, dass Sie die Schuld dafür vor Allem bei der SPD und nicht bei der CDU suchen. Denken Sie, dass sich die Grünen bzgl. ihrer Interessen zu Europa gegenüber der CDU, dem wahrscheinlichsten Koalitionspartner bei erfolgreicher nächster Wahl, besser durchsetzen werden als es momentan die SPD imstande ist zu tun? Falls ja, wie wollen Sie das erreichen?
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Wie Sie richtig geschrieben haben, kritisiere ich in dem Artikel auf Zeit Online die Haltung der SPD. Doch gleich zu Beginn richte ich mich mit meiner Kritik auch an die Union. Doch lag hier der Fokus darauf, was die SPD für die Nachverhandlungen mit der Union fordert. Ich hätte es beispielsweise begrüßt, wenn sich die SPD für ein Aufstocken des deutschen Anteils am EU-Budget eingesetzt hätte. Das ist so auch im Koalitionsvertrag beschlossen. Darin heißt es: „Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit. Wir wollen einen Haushalt, der klar auf die Aufgaben der Zukunft mit europäischem Mehrwert ausgerichtet ist.“ Ihr Finanzminister Olaf Scholz hält dagegen weiter an 1 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung fest, was nach dem Brexit de facto zu einer Kürzung des EU-Haushalts führen wird. Dabei liegt der Beitrag Deutschlands nur bei 0,7% der deutschen Wirtschaftsleistung, während für die Verteidigung mit 1,4% doppelt so viel ausgegeben wird wie für das Friedensprojekt Europa.
Wenn wir in der Regierung wären, würden wir viel stärker für eine wirklich pro-europäische Politik kämpfen. Wir wollen, wie das Europäische Parlament, dass der EU-Haushalt 1,3% der europäischen Wirtschaftsleistung umfasst, um die wachsenden Aufgaben wie Klimaschutz, Digitalisierung und Soziales anzugehen. Weitere Informationen zu unseren Positionen finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/themen/europa
In Deutschland müssen wir die Bundesregierung endlich dazu bewegen, aus ihrem Tiefschlaf aufzuwachen und auf die Reformvorschläge von Frankreichs Präsident Macron und anderen zu antworten, anstatt ängstlich am Status Quo festhalten zu wollen. Nur wenn wir Europa voranbringen und die EU weiter stärken, können wir die internationalen Herausforderungen gemeinsam lösen. Hierzu müssen wir unsere gemeinsamen europäischen Interessen nach dem nun nicht mehr abzuwendenden Brexit entschieden vertreten. Ein Interview zu meiner Position dazu finden Sie hier: https://www.franziska-brantner.de/presse/pressestatement-kein-neuer-briten-rabatt/
Ich hoffe, meine Antwort konnte Ihnen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Franziska Brantner