Frage an Franziska Brantner von Dieter D.
Sehr geehrte Frau Dr. Brantner,
ich schreibe an Sie als Abgeordnete meines Wahlkreises und langjähriger
Wähler der Grünen. Meine Fragen an Sie sind:
Wollen Sie das Hilfsprogramm für Griechenland über die am 27.02.2015 zugesagten vier Monate über den Juni 2015 hinaus verlängern?
Sind für Sie persönlich und die Grünen als Partei die vertraglichen
Verpflichtungen der griechischen Vorgängerregierungen unter Papandreou und Samaras bei den damaligen Kreditvereinbarungen in den Jahren 2010 bis 2014 nicht mehr bindend?
In Griechenland kommt strukturelle Reform und wirtschaftlicher Aufschwung nur dann, wenn es wie Rumänien, Ungarn, Polen, Bulgarien oder Tschechien eine frei konvertierbare Währung hat, die für wettbewerbsfähige Unternehmen sorgt. Griechenland muss unbedingt die Drachme oder eine andere eigene Währung wieder einführen. Die Europäische Union wird zerstört durch den massiven Unmut, den Griechenland mit seinen exorbitanten Forderungen nach Wohlstand auf Kosten anderer Länder erzeugt. Stimmen Sie deshalb gegen eine Verlängerung der Kredite für Griechenland !
Mfg
Ihre genaue Antwort werde ich gern an viele relevante Stellen weiterleiten.
MfG,
Dieter Drews
Heidelberg
Sehr geehrter Herr Drews,
Sie haben mir zwei Fragen gestellt sowie eine persönliche Bemerkung an mich gerichtet, die Sie mit einer Stimm-Empfehlung an mich verbinden. Die Fragen beantworte ich Ihnen gerne; was eine mögliche (aber heute noch nicht absehbare) Abstimmung im Bundestag angeht, behalte ich mir eine Entscheidung bis zu dem Zeitpunkt vor, da sie ansteht.
Für uns Grüne galt und gilt: Griechenlands Zukunft ist im Euro. Eine anhaltende Unsicherheit in dieser Frage würde Investitionen und jene wirtschaftliche Erholung verhindern. Ein „Grexit“ dürfte für die EU höchst destabilisierend sein (und zwar wirtschaftlich UND geopolitisch), und eine Rückzahlung von Hilfsgeldern an Deutschland und die anderen EU-Mitglieder gefährden.
Das Hilfsprogramm für Griechenland wollen wir umstrukturieren. Wir schlagen eine befristete Umschuldungslösung vor, die den Reformprozess und die wirtschaftliche Erholung so weit unterstützt, dass Griechenland seine Schulden auf Basis einer wachsenden Wirtschaft zurückzahlen kann. Wir Grünen schlagen vor, dass der europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) im Rahmen eines 3. Kreditprogramms die Zahlungsverbindlichkeiten Griechenlands bis 2020 übernimmt.
Dadurch treten für Griechenland Verpflichtungen gegenüber dem ESM an die Stelle seiner Schulden gegenüber IWF und EZB, ohne dass es zu einer Erhöhung der Gesamtschuldenlast Griechenlands kommt. Für Deutschland und die anderen im ESM vertretenen EU-Mitgliedstaaten bedeutet das die Übernahme von Garantien, die aber durch den ESM bereits gedeckt sind.
Die Übernahme der Zahlungsverpflichtungen Griechenlands bis 2020 erfordert als Gegenleistung mehr als Ankündigungen. Was die Regierung in Athen derzeit liefert, ist unbefriedigend. Der Kampf gegen Steuerbetrug und Korruption wird nicht entschieden genug angepackt, die Militärausgaben sind immer noch viel zu hoch. Erforderlich ist die konsequente Umsetzung eines ambitionierten Reformprogramms, eingebettet in ein wirklich nachhaltiges Konzept, das Wachstum und Investitionen fördert. Griechenland hat in den vergangenen Jahren Fortschritte bei Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen gemacht. Dank der Umstrukturierung von Zahlungsverpflichtungen könnte Griechenland ein solches Reformprogramm umsetzen.
Nur dann kann Griechenland die Hilfsgelder auch tatsächlich an Deutschland und die anderen EU-Mitglieder zurückzahlen.
Mit freundlichen Grüßen
Franziska Brantner