Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Antje H. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Hallo Frau Winkelmeier-Becker,
Warum haben Sie gegen die Aufnahme der unbegleiteten minderjährigen Kinder aus griechischen Lagern gestimmt?
Die Zustände in Moria sind menschenunwürdig, nicht erst seit den Großbränden im Lager. Zahlreiche Hilfsorganisationen haben darauf hingewiesen. Was unternehmen Sie, um eine unmittelbare Evakuierung des Lagers politisch zu erzwingen und den Geflüchteten menschenwürdige Behandlung zu ermöglichen? Welche kurz- und langfristigen Maßnahmen treiben Sie voran um Zustände wie in Moria zu beenden und langfristig Zuwanderungsmöglichkeiten zu schaffen?
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrte Frau Hentrich,
vielen Dank für Ihre Eingabe.
Ich gehe davon aus, dass Sie sich auf die Debatte im Deutschen Bundestag am 4. März beziehen, bei der ich zum dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Humanitäres Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Asylsuchende aus Griechenland“ (19/16838) zusammen mit einer Reihe von Unionskollegen eine Persönliche Erklärung gemäß § 31 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages abgegeben habe. Sie ist nachzulesen im Plenarprotokoll 19/149 vom 5. März. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19149.pdf
Darin erklären wir, dass uns die dramatische Lage in den griechischen Lagern keineswegs unberührt lassen und fordern die EU insgesamt auf, eine nachhaltige Lösung zu finden und insbesondere für unbegleitet minderjährige Flüchtlinge zügig humantäte Hilfe vor Ort aber auch die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen mit einer Koalition der Willigen EU-Staaten zu ermöglichen.
Wie Sie sicherlich wissen, haben sich im April zehn EU-Mitgliedstaaten bereit erklärt, minderjährige Migranten von den griechischen Inseln im Rahmen einer europäischen Lösung aufzunehmen. Die meisten unserer Partner aus dieser „Koalition der Willigen“ hatte allerdings noch gezögert der wollten wegen der Coronapandemie einen Rückzieher machen.
Ich habe mich aus diesem Grund mit weiteren Kollegen meiner Fraktion gegenüber Innenminister Seehofer ausdrücklich für die schnelle Umsetzung der Aufnahme und angemessene Unterbringung von mindestens 350 unbegleiteten Minderjährigen nach Deutschland eingesetzt. Auch in der jetzigen unerträglichen Situation nach dem Brand habe ich zusammen mit anderen Kollegen an den Innenminister geschrieben mit der dringenden Bitte, dass Deutschland möglichst gemeinsam mit Europa, sonst auch alleine, zunächst 5000 Flüchtlinge aufnimmt.
Wie Sie bereits der Presse entnehmen konnten, hat die Bundesregierung aktuell zur Linderung der Notlage Griechenland angeboten, 408 Familien mit insgesamt 1.553 Personen nach Deutschland zu überstellen sowie die unmittelbare Aufnahme von 150 der rund 400 unbegleiteten Minderjährigen von der Insel Lesbos zugesagt. Derzeit ist Deutschland das einzige Land der EU, das angeboten hat, nicht nur unbegleitete Minderjährige aufzunehmen, sondern auch Familien. Zusätzlich unterstützen wir Griechenland bereits seit Jahren mit Hilfsgütern. Bereits im Dezember 2019 sind deutsche Hilfsgüter im Wert von 1,56 Mio € und im März 2020 weitere Soforthilfen im Wert von 2,4 Mio € geliefert worden. Auch in der aktuellen Situation sind mehrere Konvois des Technischen Hilfswerks mit Hilfsgütern wie Zelten, Isomatten, Feldbetten, Schlafsäcken, Sanitärcontainern und Kochsets entsandt worden.
Angesichts der umfassenden Herausforderung durch Migration und Flucht in einem Europa ohne Binnengrenzen ist m.E. letztlich ein gemeinsames europäisches Vorgehen erforderlich. Wenn sich abzeichnet, dass eine gesamteuropäische Lösung für weitere Asylsuchende gefunden wird, wird sich Deutschland auch hieran in seiner Größe und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angemessen beteiligen.
Freundliche Grüße
Elisabeth Winkelmeier-Becker