Daniel Baldy
Daniel Baldy
SPD
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Frage von Tilman Z. •

Wie ist es möglich, dass Olaf Scholz unerbitterlich zu den Waffenlieferungen ans israelische Militär steht und damit das Leid des palästinensischen Volks mit vorantreibt?

Emmanuel Macron hat bereits die französischen Waffenlieferungen eingestellt und Benjamin Netanjahu und sein Kabinett wegen Missachtung von Menschenrechten und aggressiver Haltung gegenüber der UNO öffentlich kritisiert. Die deutsche Regierung bleibt eisern bei ihrer Unterstützung, was für mich nur heißen kann, dass man den kolossalen Verlust an unschuldigen Menschenleben im Nahen Osten zwecks Terrorbekämpfung hinnimmt. Sicher hat die deutsche Regierung aufgrund der Erbschuld eine besondere Pflicht bei der Unterstützung Israels. Dessen aktuelle Regierung zeigt sich jedoch unverändert radikal, rücksichtslos und demokratiefeindlich. Kurz vor Beginn dieses Krieges stand sie davor, die Verfassung durch Aushöhlung der Judikative immer weiter in Richtung Autokratie zu treiben. Welchen größeren Hintergrund übersehe ich hier? Was muss passieren, dass die deutsche Regierung die Debatte zum Unterschied zwischen Hilfe zur Selbstverteidigung und Beihilfe zum Massenmord aufgreift? Vielen Dank

Daniel Baldy
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Z.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu den deutschen Waffenlieferungen an Israel. 

Die Sicherheit Israels als Heimstätte für das jüdische Volk ist deutsche Staatsräson. Dies ist eine zentrale Lehre aus den deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. Die aus dieser Staatsräson entstehende, unerschütterliche Verbindung und Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel umfasst auch militärische Unterstützung. Deshalb hat Deutschland auch nach dem 7. Oktober Waffen an Israel geliefert.

Die Anträge auf Exportgenehmigungen werden innerhalb der Bundesregierung von verschiedenen Ministerien geprüft. Die Anforderungen, die sich die Bundesregierung auferlegt hat, sind strenger als die im Völkerrecht vorgesehenen. Im Zusammenhang mit der Klage Nicaraguas hat die deutsche Delegation im April 2023 vor dem IGH aufgeführt, dass 98 % der nach dem 7. Oktober 2023 erteilten Genehmigungen keine Kriegswaffen betreffen, sondern andere militärische Ausrüstung. 

Gleichzeitig setzt Deutschland seine humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza fort. Es hat seit dem 7. Oktober 2023 seine humanitäre Hilfe sogar auf über € 294 Mio. verdreifacht. Aufgrund des großen Leids der Zivilbevölkerung tut die Bundesregierung seit Monaten alles in ihrer Macht Stehende, um auf einen Waffenstillstand und eine Freilassung der Geiseln hinzuwirken. 

Terrororganisation wie die Hamas und Hisbollah benutzen die Zivilbevölkerung leider bewusst als Schutzschild. Damit begehen sie schwere Kriegsverbrechen. Aber auch Israel muss bei seinem Vorgehen gegen die Hamas und die Hisbollah die Verhältnismäßigkeit wahren. In jedem Konflikt sind die Regeln des humanitären Völkerrechts zu achten, das militärische Notwendigkeiten anerkennt, gleichzeitig aber den bestmöglichen Schutz der Zivilbevölkerung aller Konfliktparteien selbst noch im bewaffneten Konflikt zum Ziel hat. Vorwürfe, nach denen humanitäres Völkerrecht verletzt oder Kriegsverbrechen begangen wurden, müssen juristische aufgearbeitet werden.

Sehr geehrter Herr Z., ich gebe Ihnen vollkommen recht, militärische Stärke allein wird Israel und der Region keinen Frieden bringen. Es braucht eine politische Lösung des Konflikts. Dafür betreibt Deutschland große diplomatische Anstrengungen in der Region und spricht mit all seinen Partnern vor Ort. Neben der Bundesaußenministerin waren seit dem 7. Oktober auch der Bundespräsident, der Bundeskanzler, die Bundestagspräsidentin und die Entwicklungsministerin mehrmals vor Ort. Wir tun alles, um Gesprächskanäle zu öffnen und gemeinsam mit unseren Partnern wie den USA, nach Lösungen zu suchen. Denn wir brauchen sowohl eine langfristige Perspektive für den Nahen und Mittleren Osten als Ganzes als auch für den Gaza-Streifen. 

Die heute Abend verkündete Vereinbarung zur Waffenruhe und Geiselfreilassung könnten ein erster Schritt auf diesem Weg sein, damit Israelis und Palästinenser:innen eines Tages Seite an Seite und ohne Terror auf der Grundlage einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung leben können.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Baldy, MdB

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