Frage an Claudia Tausend von Jens A. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Tausend,
leider wurde in den vergangenen Tagen eine meiner Meinung nach verheerende Änderung zur Umsetzung einer EU-Richtlinie beschlossen. Anbei der Link zum entsprechenden Artikel der Süddeutschen.
Bayern war bisher schon das Bundesland mit der höchsten Quote an Flächenfrass und Versiegelung von Böden. Nun soll für 3 Jahre ohne Umweltverträglichkeitsprüfung usw der Ausweis von Bauland bis 100 Hektar faktisch immer möglich sein.
Das riecht nach Vetternwirtschaft und Verschlimmerung des Flächenfrasses.
Wie konnte Ihre Partei dieses Gesetzesvorhaben unterstützen? Muss man hier den bayerischen Filz als Ursache fürchten oder gibt es rationelle Gründe, die dazu führten, dass Expertenrat ignoriert wurde?
Für ein kurzes Statement wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Achenbach
Steuerberater in München
Sehr geehrter Herr Achenbach,
auch ich und die SPD-Bundestagsfraktion stehen der Regelung des § 13 kritisch gegenüber. Bei der befristeten Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren steht aus umweltpolitischer Sicht zu befürchten, dass künftig Außenbereichsflächen bebaut werden dürfen, ohne dass für diese eine vollumfassende Umweltprüfung erfolgen muss. Die Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren ist ein Entgegenkommen der SPD-Bundestagsfraktion auf die Forderungen der CDU/CSU-Fraktion und einiger weniger Städte, die im Bereich der Innenentwicklung kaum noch Möglichkeiten haben und akutem Wohnungsmangel schnellstmöglich begegnen müssen. Deshalb haben wir als SPD-Bundestagsfraktion eingefordert, dass die Einbeziehung von Außenbereichsflächen nur befristet und nur für Flächen gelten darf, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Darüber hinaus halten wir den vorgesehenen Anwendungsbereich weiterhin für zu weitgehend. Wir haben deshalb in das parlamentarische Verfahren Vorschläge für Beschränkungen eingebracht. Demnach sollten nur jene Gemeinden von der Regelung profitieren, die z.B. einen angespannten Wohnungsmarkt oder die Mietenstufen IV bis VI aufweisen bzw. als Gebiet mit abgesenkter Kappungsgrenze bestimmt worden sind. Dies wurde von der Union abgelehnt.
Letztlich haben wir uns entschieden, die Regelung in § 13b mitzutragen. Durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wird der § 13b nun so präzisiert, dass Bebauungsplanverfahren bis zum 31.12.2019 förmlich eingeleitet werden müssen und der Satzungsbeschluss bis zum 31.12.2021 zu fassen ist. Die Regelung ist ein politischer Kompromiss, um dem Anliegen des Gesetzentwurfes zur Schaffung von zusätzlichem bezahlbarem Wohnraum durch Einführung einer neuen Baugebietskategorie "Urbanes Gebiet" gerecht zu werden. Es gibt Städte und Gemeinden, die bei der Aktivierung von Flächen für den Wohnungsbau an ihre Grenzen stoßen. Jenen kann durch die moderate Einbeziehung von Außenbereichsflächen geholfen werden.
Ich vertraue darauf, dass es den Städten und Gemeinden nicht in erster Linie um die Umgehung des Eingriffsausgleichserfordernisses geht, sondern um die Erweiterung kommunaler Handlungsmöglichkeiten durch schlanke Bauleitplanverfahren. Denn viele Städte brauchen dringend Wachstumsperspektiven, um dringend bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Claudia Tausend