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Frage von Bernd K. •

Frage an Carina Gödecke von Bernd K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Gödecke,

ich bedanke mich für Ihre Antwort vom 12.4.2013. Erlauben sie mir aber noch folgende Nachfrage:

Die finanzielle Situation des Landes NRW war der Landesregierung bereits vor den letzten Landtagswahlen in NRW bekannt. Die Signale, die seinerzeit von der Landesregierung an die Beschäftigten des ÖD gesandt wurden, waren insoweit eindeutig, das keine weiteren Belastungen der Beamten NRWs angekündigt wurden. Entsprechende Erklärungen der Ministerpräsidentin Frau Kraft wurden von den Gewerkschaften veröffentlicht.

Diese Aussage hat für eine Vielzahl der Kollegen zu ihrer Wahlentscheidung beigetragen, und letztendlich auch einen Teil zum Wahlsieg von rot/grün beigetragen. Wie begegnen Sie nun dem Vorwurf, dass die SPD, die Wähler mit diesen Aussagen "geblendet" hat? ist es nicht eine Frage des politischen Anstands, bereits vor den Wahlen, ehrlich auch darüber zu reden, welche Belastungen auf die Bürger zukommen? Vor Allem, wenn man sich bereits in Regierungsverantwortung befindet, und daher Zugang zu allen Daten hat?

Gleiches gilt bei der Durchsetzung des Nichtraucherschutzgesetzes. Im Wahlprogramm der SPD stand lediglich, " Wir werden für einen konsequenten Nichtraucherschutz sorgen, in dem zum Schutz von Kindern und Jugendlichen Ausnahmen, insbesondere in Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Jugendzentren und geschlossenen Sportstätten nicht zugelassen werden." Keine Rede von einem Totalverbot in Gaststätten, bzw. dem schärfsten NRSG in der Bundesrepublik.

Wie stehen sie zu den Vorwürfen, die Wähler vor der Landtagswahl mit solchen Aussagen hinters Licht geführt zu haben?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Königs,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die mir Gelegenheit gibt, sehr grundsätzlich etwas zur Arbeit des Parlaments in Nordrhein-Westfalen zu erläutern. Dazu bietet sich besonders das Thema Nichtraucherschutz an, bei dem sie den Eindruck haben " hinters Licht geführt worden zu sein". Es handelt sich nämlich um ein gutes Beispiel um zu verdeutlichen, wie politische Prozesse konkret ablaufen. Nur in den wenigsten Fällen ist es nämlich möglich, eine Forderung aus dem Wahlprogramm ohne weiteres auch in ein Gesetz zu fassen. Das funktioniert in der Regel eigentlich nur bei ihrer Natur nach ganz eindeutigen Fragestellungen und darüber hinaus bei Einigkeit zwischen zwei Koalitionspartnern.

Was "Abschaffung von Studiengebühren" bedeutet ist noch eindeutig, auch wenn vielleicht der Zeitpunkt und die Kompensation noch diskutiert werden. Wie hingegen ein "konsequenter Nichtraucherschutz" genau aussieht, muss natürlich im parlamentarischen Prozess mit Anhörungen, Diskussionen und in der öffentlichen Debatte mit zahlreichen Briefen und Mails mit unterschiedlichen Positionen genau gefüllt werden. Die Debatte um das Nichtraucherschutzgesetz hat den Plenartag am 29.11.2012 geprägt. Es gab eine namentliche Abstimmung und sogar eine Erklärung zahlreicher SPD-Abgeordneter zur Abstimmung mit der eine kritische, aber zustimmende Position zum endgültigen Gesetzestext dokumentiert wurde. Zuvor hatte es im September eine umfangreiche Anhörung von Fachleuten und zahlreiche kontroverse Stellungnahmen gegeben.

Ich schildere dieses Verfahren so ausführlich, da so hoffentlich deutlich werden kann, dass Positionen in Wahlprogrammen immer Ausgangspunkte einer Diskussion sind und sich im parlamentarischen Verfahren konkretisieren müssen. Dabei will ich die Wichtigkeit von Wahlprogrammen nicht in Frage stellen. Sie geben die Richtung vor, können aber einen intensiven politischen Prozess nicht ersetzen.

Bei der nur gestaffelt umgesetzten Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamten hat Frau Kraft stets deutlich gemacht, dass der Personalhaushalt bei den Sparbemühungen nicht ausgenommen werden kann. Die Zitate aus den Stellungnahmen der Gewerkschaften wurden aus einem Brief entnommen, der Befürchtungen entgegentrat, das Weihnachtsgeld solle gekürzt werden. Auch das haben Frau Kraft und der Finanzminister mehrfach dargelegt. Auch wenn ich verstehe, dass man das andres sehen kann, liegt kein "Wortbruch" vor. Gleichwohl werden die Gewerkschaften damit auch weiterhin, aus nachvollziehbaren Gründen, die öffentliche Debatte führen.

Auch bei der Haushaltskonsolidierung gilt, was ich am Nichtraucherschutzgesetz ausgeführt habe. Die Festlegung einzelner Maßnahmen erfolgt im Prozess der Haushaltsaufstellung und als Reaktion auf einen konkreten Tarifabschluss. Selbstverständlich gilt, dass sich die Entscheidung an der vor der Wahl versprochen Richtung der Politik messen lassen muss. Die Aussagen vor der Wahl waren aber nicht so einseitig ausgerichtet, wie manche Argumentationen jetzt nahelegen. Auf die Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung ist stets hingewiesen worden. Im Wahlkampf und vor allem auch danach hat die SPD immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass ein Dreiklang aus "Einnahmenverbesserungen, Ausgabenreduzierung und weitere Beteiligung des Bundes" notwendig wird, um die Haushaltskonsolidierung hinzubekommen und damit die Schuldenbremse einhalten zu können.

Die Entscheidung, die Beamtinnen und Beamten der höchsten Laufbahngruppe von Erhöhungen auszunehmen, ist hart, gar keine Frage. Niemand hat sich leichtfertig dafür ausgesprochen, zumal die heute im Raum stehenden Vorwürfe, die Sie mit "Wähler geblendet" oder "hinters Licht geführt" bezeichnen, vorhersehbar waren.

Ich danke ihnen noch einmal für Ihre Nachfrage, weiß dass meine Antworten Sie nicht wirklich zufriedenstellen können, und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Carina Gödecke