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Carina Gödecke
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Frage von Christoph S. •

Frage an Carina Gödecke von Christoph S. bezüglich Finanzen

Zur Frage zunächst folgende Vorbemerkung:
Mit großer Überraschung und Bestürzung habe ich erfahren, dass zwar die Beamten bis zum gehobenen Dienst eine Erhöhung der Besoldung verdient haben, nicht aber Richter, wie etwa ich.
Andere Staatsbedienstete bekommen wenigstens so viel mehr, dass ihr reales Einkommen voraussichtlich gleich bleibt, ich hingegen muss – wieder einmal – eine reale Kürzung meines Einkommens hinnehmen.
Vermutlich meinen Sie, dass könne man den Richtern zumuten, weil die ja ein so hohes Einkommen haben. Bitte bedenken Sie, dass meine Bezüge wahrlich nicht so hoch sind, dass ich bisher einen Teil zur Vermögensbildung zur Seite legen konnte. Um es ganz deutlich zu sagen: Unter Berücksichtigung der allgemeinen Preissteigerung muss ich letztlich meinen Lebensstandart einschränken.
Ich halte diese Ungleichbehandlung für eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsrechts gem. Art. 3 I Grundgesetz.
Zwei Fragen:
Warum meinen Sie, dass es gerechtfertigt ist, Beamten bis zum gehobenen Dienst eine Erhöhung zu geben, Beamten des höheren Dienstes aber nicht, statt allen eine – wenn auch wegen der schwierigen Finanzlage geringfügigere – Erhöhung zu geben?
Glauben, dass die benachteiligten Beamten und Richter der Rot-Grünen-Regierung diesen unerträglichen Schlag ins Gesicht jedenfalls bei den nächsten zwei oder drei Wahlen vergessen oder verzeihen werden?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schulte,

vielen Dank für Ihre Frage zur Beamtenbesoldung in den Jahren 2013 und 2014. Ich könnte es mir jetzt relativ leicht machen und auf die Antwort meines Kollegen Martin-Sebastian Abel von den Grünen verweisen, dem Sie ja fast identische Fragen gestellt haben. Die Antwort meines Kollegen beschreibt sehr deutlich den Abwägungsprozess, der die Landesregierung und später dann die Koalitionsfraktionen bewogen hat, eine differenzierte, sozial gestaffelte Entscheidung zu treffen bzw. mit zu tragen. Bereits an dieser Stelle will ich deutlich machen, dass der gewählte Weg einer sozial gestaffelten Übertragung des Tarifabschlusses meines Erachtens nach der richtige Weg ist. Denn nach wie vor gilt, dass diejenigen, die in höheren Gehaltsgruppen sind, Abstriche eher verkraften können als diejenigen, die weniger verdienen.

Gleichwohl kann ich sehr gut nachvollziehen, dass Sie als negativ Betroffener für unsere Entscheidung wenig oder gar kein Verständnis haben. Ich verstehe, dass Sie die differenzierte Übertragung des Tarifabschlusses als persönlich ungerecht empfinden müssen. Deshalb ist es mir wichtig, noch einmal zu unterstreichen, dass sich niemand diese Entscheidung leicht gemacht hat. Zumal wir alle wissen, dass die Entlohnung im Allgemein und die Teilhabe an Lohnsteigerungen ganz konkret auch ein Ausdruck der Wertschätzung der Arbeit ist.

Gerade deshalb haben die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen die Tarifabschlüsse für die Jahre 2011 und 2012 ja zeit- und wirkungsgleich auf alle Beamtengruppen übertragen. Das hätten wir auch jetzt gerne getan. Aber das Land NRW verfügt nicht über die Finanzmittel, um für die Jahre 2013 und 2014 in gleicher Weise vorzugehen.

Hierfür müssten Mittel in Höhe von rund 1,31 Mrd. Euro (für alle Bediensteten) aufgebracht werden. Eine Summe, die dann entweder bei den wichtigen Aufgaben der Zukunftssicherung unserer Kinder, der Verbesserung der Bildung und der Finanzierung der Kommunen herausgekürzt werden muss oder die die für NRW verpflichtende Einhaltung der Schuldenbremse (Neuverschuldung Null in 2020) perspektivisch unmöglich macht.

Sicherlich gibt es theoretisch die Alternative der vollumfänglichen Übertragung des Tarifabschlusses bei gleichzeitigen Stellenkürzungen, also Personalabbau mit Arbeitsverdichtung. CDU und FDP haben diese vollständige Übertragung des Tarifabschlusses 2013/2014 gefordert und gleichzeitig den Personalabbau als strukturellen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushaltes vorgeschlagen. Dies würde in der Konsequenz einen Abbau von rund 14.000 Stellen bedeuten. Für die SPD kommt ein solcher Weg aus zwei Gründen unter keinen Umständen in Frage: Zum einen brauchen wir einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst, um die wichtigen Aufgaben des Staates zu erledigen, zum anderen halten wir die weitere Arbeitsverdichtung, die damit einher gehen würde, für unvertretbar.

Im Rahmen der – trotz aller Haushaltsvorbehalte – für den Tarifabschluss zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von rund 600 Mio. Euro haben wir uns dann für eine sozial gestaffelte Anpassung entschieden. In diesem Modell erhalten, wie Sie wissen, die Beamtinnen und Beamten im unteren und mittleren Dienst bis zur Besoldungsgruppe A 10 die volle Anpassung, die Besoldungsgruppen A 11 und A 12 jeweils 1 % in den Jahren 2013 und 2014. Eine „Nullrunde“ ist allerdings für die Beamtinnen und Beamten ab Besoldungsgruppe A 13 vorgesehen.

Den Ausschlag für die von uns nun beschrittene Alternative hat am Ende der feste politische Wille gegeben, die mit einem Verzicht auf eine Anpassung verbundene Belastung halbwegs gerecht zu verteilen. Die relativ „stärkeren Schultern“ der Angehörigen des öffentlichen Dienstes ab A 13 bitten wir damit, mehr zu tragen als die Laufbahnen des einfachen, mittleren und des gehobenen Dienstes. Als Landtagsabgeordneter beziehe ich mich hier durchaus ein und halte deshalb die für Regierung und Abgeordnete beschlossene Nullrunde nicht nur für angemessen, sondern für selbstverständlich und unverzichtbar.

Diese schwierige, aber im Ergebnis aus meiner Sicht gerade wegen der sozialen Staffelung vertretbare Entscheidung ist für die SPD-Fraktion auch eine klare Positionierung gegen Kürzungen bei Sonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld, gegen einen Beförderungstopp, gegen längere Arbeitszeiten und für eine Beschäftigungssicherung im öffentlichen Dienst des Landes NRW.

Die Abstriche für Richter Beamte und Pensionäre mit höherem Einkommen sind schmerzhaft, keine Frage. Die Haushaltssituation des Landes einerseits und die Notwendigkeit die Schuldenbremse im Jahr 2020 zwingend einhalten zu müssen, lassen aber, in Abwägung aller theoretischen Alternativen, leider keine andere Entscheidung zu.

Politische Entscheidungen ausschließlich mit Blick auf die nächsten oder übernächsten Wahlentscheidungen zu treffen, halte ich weder für sach- und politikangemessen, noch für richtig. Und aus vielen Gesprächen weiß ich, dass Bürgerinnen und Bürger von ihren Abgeordneten auch etwas anderes erwarten. Deshalb hoffe ich sehr, dass ein Abwägungsprozess, wie wir ihn vorgenommen haben und darstellen, den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürgern gerecht wird. Auch oder gerade dann, wenn das Ergebnis des Abwägungsprozesses, also die getroffene politische Entscheidung, nicht von allen geteilt werden kann und bei bestimmten Bevölkerungsgruppen auf Ablehnung trifft.

Ich hoffe, dass ich deutlich machen konnte, welcher Abwägungsprozess unserer Entscheidung vorausgegangen ist und dass jede andere Alternative aus unserer Sicht mit Blick auf das Ganze aus unserer Sicht noch schlechter und noch ungerechter gewesen wäre.

Mit freundlichen Grüßen
Carina Gödecke