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Carina Gödecke
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Frage von Anke S. •

Frage an Carina Gödecke von Anke S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Frau Gödecke,

im Schnellverfahren wurden in diesem Jahr die Abgeordnetenbezüge um 500,00 Ero pro Monat erhöht. Auch Sie haben für diesen sehr üppigen Zuschlag gestimmt. Dachten Sie vielleicht bis zur regulären Wahl im Jahr 2014 ist alles vergessen? Was ist nun? Die Bürger reagieren zur Zeit empfindlich auf die Selbstbedienungsmentalität der Volksvertreter, siehe Christian Wulff. Wie wollen Sie bis zum Mai 2012 dem Wähler Ihren Griff in die Steuerkasse erklären? Wäre ein Rücktritt nicht der richtige Weg?

Gruß aus Bochum, Anke Schmitz

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Antwort von
SPD

Liebe Frau Schmitz,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Diätenerhöhung, die Sie mir über Abgeordnetenwatch geschickt haben. Aufgrund der Auflösung des Landtages und der sich daraus ergebenden Konsequenzen und Regelungsnotwendigkeiten, komme ich erst heute dazu, Ihnen zu antworten. Für Ihr Verständnis ebenfalls vielen Dank.

Lassen Sie mich auch gleich mit einer Antwort anknüpfend an die Selbstauflösung des Landtags beginnen. Die Auflösung des Landtages bedeutet unter anderem, dass wir uns in einer parlamentslosen Zeit befinden, dass es gegenwärtig also gar keine Abgeordneten mehr gibt, so dass auch Niemand von seinem Mandat zurücktreten könnte. Ob man wieder kandidiert und sich am 13. Mai zur Wahl stellt, hängt daher zuallererst von den jeweiligen Parteien ab, die bis Mitte April, ihre Kandidatenaufstellungen abgeschlossen haben müssen.

Es ist richtig, auch ich habe – genau wie die komplette SPD-Landtagsfraktion – in der namentlichen Abstimmung für eine Erhöhung des Beitrages, den die Abgeordneten in ihre Altersversorgung einzahlen, gestimmt. Trotz gestiegenem Bruttoeinkommen führt das in der Folge dazu, dass die Nettobezüge jedes einzelnen Abgeordneten sinken. Der üppige Zuschlag, wie sie es formulieren, fließt damit den Abgeordneten nicht direkt zu, sondern schlägt sich später in der Rente nieder.

Die Renten der Abgeordneten sind mit der großen Reform des Abgeordnetengesetzes 2005 drastisch gekürzt worden. Darüber hinaus wurden sämtliche steuerfreien Pauschalen, die es bis dahin gab, abgeschafft, die Abgeordneten erhalten seitdem ein Gesamteinkommen, das komplett der Steuerpflicht unterliegt, und richtig ist, dass damit die nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten allen Steuerbürgern gleich gestellt wurden. Der Vorwurf der Privilegien und überbordenden Altersversorgung trifft auf NRW seither nicht mehr zu.

Beginnend mit dem Jahr 2005 für alle neugewählten Abgeordneten und verpflichtend für alle Abgeordneten seit 2010, zahlen die Landtagsabgeordneten aus NRW in ein Versorgungswerk ein, um so eine individuelle, eigenfinanzierte und kapitalstockgedeckte Alterssicherung aufzubauen. Damit haben wir in NRW bereits 2005 eine Vorreiterrolle eingenommen, der in dieser Weise bisher aber kein anderes Landesparlament, geschweige denn der Bundestag, gefolgt ist.

Bei einer realistischen Betrachtung und Evaluation dieser Reform aus dem Jahr 2005 und der sorgfältigen Betrachtung der Entwicklung der Renten aus dem nordrhein-westfälischen Versorgungswerk im Vergleich zu den Rentenregelungen in den anderen Länderparlamenten, mussten wir feststellen, dass es Nachsteuerungsbedarf gibt. Um die bereits erfolgte drastische Absenkung der Rentenbezüge – und wir reden immerhin von einer Rentenkürzung von über 40 Prozent – auf diesem Niveau halten und stabilisieren zu können, wurde die Erhöhung der Einzahlungen in das Versorgungswerk diskutiert und letztlich auch beschlossen. Diese Entscheidung ist niemandem in meiner Fraktion leicht gefallen, da die öffentlichen Reaktionen darauf vorhersehbar waren.

Im Rahmen der schriftlichen Beantwortung Ihrer Frage lassen sich die Zusammenhänge leider nur verkürzt darstellen. Daher erlaube ich mir, Sie auch noch einmal die Protokolle der beiden dazu geführten Plenardebatten aufmerksam zu machen (Einbringung: http://www.landtag-nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMP15-48.pdf und Abschluss der Debatte: http://www.landtag-nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMP15-54.pdf ). Außerdem können wir auch gerne ein persönliches Gespräch dazu führen. Da Sie ja aus Bochum sind, lässt sich das sicher in den nächsten Tagen organisieren, sofern Sie das wünschen.

Abschließend möchte ich gerne noch richtigstellen, dass die Wahlperioden im NRW-Landtag fünf Jahre dauern und daher die nächste „reguläre“ Wahl erst 2015 und nicht wie Sie irrtümlich vermutet haben, bereits 2014 stattgefunden hätte. Da wir uns vom 14. Juli 2010 bis zum 14. März 2012 allerdings in einer Minderheitsregierungssituation befunden haben, war es aber zu jedem Zeitpunkt schwierig, von einer „regulären“ Wahlperiodendauer auszugehen.

Der parlamentarische Prozess zur Änderung des Abgeordnetengesetzes hat übrigens von Anfang Dezember 2011 bis Februar 2012 gedauert und es hat auch – wie üblich - eine öffentliche Anhörung dazu stattgefunden. Ich halte das zwar für ein zügiges Beratungsverfahren, aber nicht für einen Schnellschuss, also nicht für eine Art „Nacht-und-Nebel-Aktion“, wie Sie durch Ihre Formulierung nahelegen wollen.

Sehr geehrte Frau Schmitz, zu keinem Zeitpunkt der Vergangenheit habe ich mich vor Diskussionen über das Abgeordnetengesetz gedrückt oder bin ihnen gar ausgewichen. Ganz im Gegenteil, ich habe in den letzten Monaten versucht, alle Briefe und Mails, die mich dazu erreicht haben, zu beantworten. Wer sich der Diskussion stellt, setzt nicht darauf, dass Bürgerinnen und Bürger bis zur nächsten Wahl vergessen. Ganz und gar nicht, denn Demokratie lebt ja von der Auseinandersetzung und dem Diskurs.

Der neu zu wählende Landtag wird sich nach der Landtagswahl am 13. Mai sehr schnell erneut mit Fragen zum Abgeordnetengesetz auseinandersetzen müssen (vergleiche § 6 (4) des Abgeordnetengesetzes NRW http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/GB_II/II.2/Gesetze/Abgeordnetengesetz.jsp ), da u.a. die jährliche Mitteilung des Präsidenten zur möglichen Diätenanpassung ansteht. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass es für eine Anpassung der Abgeordnetenbezüge in diesem Jahr, die als zweite Diätenerhöhung verstanden werden muss, in meiner Fraktion eine zustimmende Mehrheit gibt. Zumal der Fraktionsvorsitzende bereits intern angekündigt hat, dass es dazu die Zustimmung der SPD nicht geben kann. Dem kann ich mich voll anschließen und werde einer erneuten Veränderung der Abgeordnetenbezüge, die zu einer Erhöhung des Betrages führt, nicht zustimmen.

Nochmals vielen Dank für Ihre Mail und herzliche Grüße
Carina Gödecke