Frage an Beate Müller-Gemmeke von Ulrich P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Müller-Gemmeke,
in einer Stellungnahme des SoVD vom 21.03.19 zum Referentenentwurf „Gesetz zur Änderung des IX. u. XII. Buches SGB u. anderer Vorschriften“ vom 05.03.19 (s. https://www.sovd.de/index.php?id=700274) steht u.a.:
Entgegen früherer Planungen ist die Beschränkung der Unterhaltsheranziehung von Eltern und Kindern in der Sozialhilfe im vorliegenden Referentenentwurf nicht enthalten. Dies kritisiert der SoVD und fordert nachdrücklich, den Unterhaltsrückgriff in der Sozialhilfe für unterhaltsverpflichtete Angehörige einzuschränken. Denn ein (drohender) Unterhaltsrückgriff bedeutet für Angehörige von pflegebedürftigen und behinderten Menschen im Alltag eine enorme Belastung, die zusätzlich neben die Sorge um die angehörige Person selbst tritt. Diese belastenden Sorgen treffen besonders Angehörige mit kleinen oder mittleren Einkommen. Bei einem Jahresbruttoeinkommen von unter 100.000 € sollte die finanzielle Heranziehung von Angehörigen zur Finanzierung von Sozialhilfeleistungen daher ausgeschlossen werden. Diese Einschränkung des Unterhaltsrückgriffs sollte sich nicht nur auf Hilfen zur Pflege erstrecken, wie dies im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, sondern für sämtliche Leistungen der Sozialhilfe gelten. Denn viele Betroffene erhalten nicht nur Hilfen zur Pflege, sondern weitere Leistungen des SGB XII. Insoweit bestehen vergleichbare Belastungsmomente für die Angehörigen, denen der Gesetzgeber einheitlich begegnen sollte.
Die Mutter meiner Frau bezieht Eingliederungshilfe für Behinderte. Dabei erfolgt der volle Rückgriff (Elternunterhalt) auf die volljährigen Kinder der Eltern. Auf die Eltern von volljährigen behinderten Kindern erfolgt, unabhängig von Einkommen und Vermögen, bis auf einen niedrigen Pauschalbetrag, kein Rückgriff.
1. Wie ist Ihre Meinung zur o.g. Stellungnahme des SoVD, auch hinsichtlich der Eingliederungshilfe?
2. Halten Sie die o.g. Ungleichbehandlung beim Sozialhilferegress für sinnvoll?
MfG
Ulrich Pfefferer
Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Wir Grüne lehnen jegliche Anrechnung des Einkommens und Vermögens bei der Eingliederungshilfe ab. Wer Teilhabeleistungen zum Ausgleich behinderungsbedingter Unterstützungsbedarfe erhält, soll diese nicht persönlich mitfinanzieren müssen und dadurch am Rande der Armut leben müssen. Auch die Anrechnung des Partnereinkommens muss vollständig aufgehoben werden. Entgegen den Aussagen der Bundesregierung und der Koalition, spielt das Einkommen von Partner_innen weiterhin eine Rolle bei der Berechnung des Eigenanteils, da Menschen, deren Partner_innen viel verdienen, für ihre Kinder einen geringeren Freibetrag haben, als diejenigen, deren Partner_innen wenig verdienen.
Geld zu sparen oder etwa für das Alter vorzusorgen war für viele Menschen mit Behinderungen unmöglich. So erhielten Alleinstehende nur dann Leistungen, wenn sie ihr Vermögen bis auf einen Betrag von 2.600 Euro aufgebraucht hatten. Die im Gesetz enthaltene Neuregelung wird zwar viele entlasten. Eine komplette Abschaffung der Pflicht, den Bedarf an Teilhabeleistungen teilweise aus eigenen Mitteln zu finanzieren, ist jedoch nicht absehbar. Das wollen wir Grüne ändern. Wer Unterstützung braucht, soll sie im Sinne eines Nachteilsausgleichs gewährt bekommen. Denn das ist ein wichtiger Bestandteil für eine inklusive Gesellschaft.
Das schließt auch Angehörige ein.
Mit freundlichen Grüßen
Beate Müller-Gemmeke