Frage an Beate Müller-Gemmeke von Rolf S. bezüglich Wirtschaft
Unterstützen Sie das TTIP Abkommen?
Die Darstellung der Gegner ist so eindeutig dass so ein Abkommen von Keiner Regierung unterzeichnet werden darf.
Haben die Abgeordneten mehr Information als normale Bürger? Wie ist die Meinung im Parlament dazu?
Sind die gegner alles "soziale Spinner" die keinen Schimmer von Wirtschaft haben oder wird hier hinter unserem Rücken der Ausverkauf unserer Werte, Ökologie, Gesundheit, Verbraucherschutz, Nachhaltigkeit....... betrieben?
Sehr geehrter Herr Schoenberger,
ich bedanke mich für Ihre Fragen und beantworte sie gerne.
Ihre erste Frage kann ich ganz klar mit einem – Nein, ich unterstütze TTIP auf gar keinen Fall – beantworten.
Die Abgeordneten haben zwar einige Informationen, aber dennoch sind die Verhandlungen unserer Meinung nach undurchsichtig. Der Bundestag wird zwar vertraulich informiert, aber wie so oft gilt auch hier: Quantität ersetzt nicht Qualität. Teilweise werden nur Bruchstücke präsentiert – bei einem so brisanten Rechtstext ist das absolut inakzeptabel. Vielen Berichten fehlt es an Substanz. Das ist zu wenig und wird einem so weitreichenden Abkommen nicht gerecht. Dennoch gehe ich davon aus, dass TTIP von der Mehrheit der Regierungsabgeordneten unterstützt wird.
BefürworterInnen versprechen vor allem Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze. Ihre Prognosen fallen dabei sehr unterschiedlich aus und scheinen wenig belastbar. Tatsächlich werden nur 0,034 Prozentpunkte Wachstum pro Jahr in der EU vorhergesagt. Derart vage und geringe Impulse rechtfertigen in keiner Weise die großen Risiken, die mit TTIP verbunden sind. Zudem basieren die durch TTIP prognostizierten Wachstumschancen kaum auf dem Abbau von Zöllen. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf der Harmonisierung und gegenseitigen Anerkennung von gesetzlichen Standards. Das sind schöne Worte, aber tatsächlich besteht die Gefahr, dass durch TTIP hart erkämpfte Standards ausgehöhlt werden.
Ein Beispiel: In Europa gilt das Vorsorgeprinzip. Das besagt, dass eine Regulierung auch dann zulässig ist, wenn eine Gefährdung durch ein Produkt für Menschen, Tiere, Pflanzen oder die Umwelt nur vermutet, aber nicht nachgewiesen ist. Dieses Vorsorgeprinzip gibt es in den USA nicht. Und hier steckt bei TTIP der Teufel im Detail. Denn die Harmonisierung bzw. gegenseitige Anerkennung von Standards soll ausschließlich auf Grundlage von wissenschaftsbasierten Verfahren stattfinden. Konkret bedeutet das: Auch wenn im TTIP-Mandat weder Chlorhühnchen, noch Genmais oder Hormonfleisch genannt werden, könnte das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung dazu führen, dass genau diese Waren nicht mehr an den europäischen Grenzen abgelehnt werden können.
Die GegnerInnen von TTIP sind also keine „sozialen Spinner“, die nichts von Wirtschaft verstehen. Im Gegenteil – sie sind Menschen, die genau hinschauen und die bestehenden EU-Standards im Bereich der Produktsicherheit, des Umweltschutzes, des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes, des Tierschutzes und die ILO Arbeits- und Sozialstandards unter allen Umständen erhalten wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Beate Müller-Gemmeke