Frage an Beate Müller-Gemmeke von Tanja G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Müller-Gemmeke,
zu:
Ein Pfarrer entließ eine Kindergartenleiterin wegen ihrer Trennung von ihrem Ehemann.
Seine Begründung (wörtlich!): “Schädliches Ärgernis”.
Trifft es zu, dass Kindergärten auch dann überwiegend mit staatlichen Mitteln finanziert werden, wenn es ähnliche Vorfälle dieser Art gibt?
Falls ja: Gibt es deshalb eine Mitschuld der Parteien? Was muss nach Ihrer Meinung geschehen?
Mit freundlichen Grüßen
Tanja Großmann
Sehr geehrte Frau Großmann,
ich kann Ihre Empörung sehr gut nachvollziehen. Auch ich kritisiere solche Entlassungen. Wenn die private Lebensführung im verkündigungsfernen Bereich der Kirchen – also in sozialen Einrichtungen - zu Kündigungen führt, dann ist das heute nicht mehr zeitgemäß. Ob sich jemand scheiden lässt, wieder heiratet oder aus der Kirche austritt, das ist Privatsache.
Die so genannten kirchlichen Loyalitätspflichten sind ein Problem und hier braucht es meiner Meinung nach ein Umdenken. Damit muss sich insbesondere die katholische Kirche auseinandersetzen. Leider hat hier die Politik nur begrenzte Einflussmöglichkeiten auf die Kirchen, denn sie haben ein verfassungsrechtlich garantiertes kirchliches Selbstbestimmungsrecht. Von daher kann man auch nicht von einer Mitschuld der Parteien sprechen.
Aber dennoch dürfen die Parteien nicht tatenlos zuschauen. Wir sind gerade wegen dieses Themas mit der katholischen Kirche im Gespräch und haben als grüne Bundestagsfraktion auch schon Fachgespräche dazu durchgeführt. Und wir führen diese Debatte in der Partei und haben dort auch einen eindeutigen Parteitagsbeschluss, der besagt, dass die Loyalitätspflichten außerhalb der verfassten Kirche nicht gelten sollen. Dennoch ist dieses Problem politisch nicht einfach zu lösen – zumal erst vor kurzem das Bundesarbeitsgericht mit einem Urteil zum Streikrecht das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen bestätigt hat. Ich bleibe aber an diesem Thema dran und suche Wege, die derzeitige Praxis zu verändern.
Mit freundlichen Grüßen,
Beate Müller-Gemmeke