Frage an Beate Müller-Gemmeke von Bert O. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Müller-Gemmeke,
ihre Fraktion vertritt die Auffassung, dass Eurobonds ein probates Mittel wären, um die Zinsausgaben einiger Länder zu reduzieren. Zudem sind Sie der Auffassung, dass Eurobonds mit einem starken Anreiz zur Haushaltskonsolidierung verknüpft werden können, wenn die Bonds nur für Schulden in Höhe von etwa 60 % des BIP ausgegeben würden. Weiterhin vertritt der finanzpolitische Sprecher, Gerhard Schick die Auffassung, dass Eurobonds keine Verteuerung der Kredite Deutschlands zur Folge haben. Sehen Sie das auch so? Welche Argumente halten Sie den 150 Wirtschaftswissenschafts-Professoren entgegen, die sich gegen die Einführung von Eurobonds wenden, da sie befürchten, dass Eurobonds die Schuldenkrise verschärfen?
Kann Deutschland sein gutes Rating aufrecht erhalten, wenn Analysten bei ihren Berechnungen die Ausfälle der Bürgschaften berücksichtigen, die im Zuge der Euro-Rettung eingegangen wurden? Könnte es sein, dass Deutschland vom Retter zum gejagten wird und nicht mehr die Speisekarte gestaltet sondern von privaten Investoren verspeist wird?
Vermuten Sie, dass strengere Regeln für nationale Haushalte eingehalten werden, die im Zuge der Einführung von Eurobonds nötig würden, obwohl selbst die bestehenden weichen Regeln fortlaufend verletzt wurden?
Mit freundlichen Grüßen,
Bert Ollenhauer
Sehr geehrter Herr Ollenhauer,
vielen Dank für die vielen und wichtigen Fragen, die Sie mir gestellt haben.
Ich halte Eurobonds für eine sehr wichtige Maßnahme, um die europäische Schuldenkrise zu überwinden. Es gibt auch zahlreiche Indizien, dass die Zinsen von Eurobonds moderat sein dürften. Bestehende europäische Anleihen (Emissionen des derzeitigen Rettungsfonds EFSF, Europäische Investitionsbank etc.) notieren derzeit etwa 0,8% über den Anleihen Deutschlands. Zusammen mit der Überlegung, Eurobonds nur zu einem begrenzten, stabilitätswahrenden Teil der Staatsverschuldung abgeben zu dürfen, werden die Mehrkosten nach Einschätzung der Experten unserer Fraktion beherrschbar ausfallen. Die aufgestellten Rechnungen, nach denen sich die deutsche Kreditaufnahme bei der Einführung von Eurobonds sehr stark verteuern würde, halten wir für nicht überzeugend.
Natürlich müssen wir das Rating Deutschlands im Blick haben. Die Bundesregierung muss vor allem schnell und konsequent handeln, damit die Risiken nicht unkalkulierbar steigen. Eurobonds könnten die Lage an den Finanzmärkten beruhigen und dafür sorgen, dass weniger Kredite aus dem Rettungsfond und der europäischen Zentralbank benötigt werden - für die Deutschland letztlich anteilig haften muss. Europäische Anleihen wären ein starkes europäisches Zeichen, durch das die Zinsen der Krisenländer sinken würden und diese ihre Sparziele erreichen könnten. Selbstverständlich ist, dass parallel zu Eurobonds auch klare Regeln für alle Mitgliedstaaten notwendig sind und der EU-Kommission bei zu hohen Defiziten die Kompetenz gegeben werden muss, in nationale Haushalte einzugreifen.
Sie haben Recht, dass die politischen Regeln des Stabilitätspakts in der Vergangenheit nicht immer eingehalten worden sind. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass sie stets mit politischen Tauschgeschäften zwischen den europäischen Regierungen einher gingen. Die Einhaltung neuer Regeln kann letztlich nur gewährleistet werden, wenn auch die Entscheidungskompetenzen in der EU verändert werden. Die Kontrolle der Regelungen muss den Regierungen entzogen und auf die Kommission und das europäische Parlament übertragen werden. Zudem müssen die Rechnungshöfe besser kontrollieren und es muss dafür gesorgt werden, dass die Risiken einer exzessiven Kreditvergabe in Zukunft eingepreist werden. Das sollte durch eine glaubwürdige Gläubigerbeteiligung beim künftigen Rettungsschirm, dem ESM, geschehen.
Mit freundlichen Grüßen
Beate Müller-Gemmeke