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Beate Müller-Gemmeke
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Antje L. •

Frage an Beate Müller-Gemmeke von Antje L. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Müller-Gemmeke,
ich lese gerade in ihrer interessant und informativgestalteten Homepage.
Ihrer Meinung nach sollte mehr Verkehr auf die Schiene, meiner Meinung nach auch!

Leider sind Sie nicht in meinem Wahlkreis zuständig.

Mein Anliegen: kleine Bahnhöfe wieder reaktivieren.
Neckartailfingen liegt durch die Schienen auf dem Weg zu den Metropolen der Welt :-)
Warum wird das nicht genutzt!
Ist ein Bahnhof so teuer?
Man müsste ja nur n paar Kartenautomaten und a Dächle (Darauf kann man auch verzichten)überm Kopf hinstellen.

Bahnfahren und zu moderaten Preisen! Das wäre ein erstrebenswertes Ziel!

Noch was:
Wichtiger als der Stuttgarter Bahnhof finde ich Renovierung der Gesundheitsreform.
An der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sollte nicht gespart werden!
Viele Menschen können sich Krankheit nicht mehr leisten- ein Armutszeugnis in unserer hoch technologisierten Gesellschaft.
Der Mensch sollte immer noch vor der Sache kommen!
Wie wichtig ist dem Politiker der Mensch (das Volk ) noch, nur seine Wählerstimme?
Oder sieht der Politiker auch seine Verantwortung vor dem Volk für Selbiges optimal zu sorgen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Lang,

herzlichen Dank für Ihre positive Rückmeldung zu meiner Homepage. Entschuldigen Sie bitte, dass es ein bisschen gedauert hat mit der Antwort. Aber selbstverständlich beantworte ich gerne beide von Ihnen angesprochenen Themenbereiche.

Es ist in der Tat ein zentrales verkehrspolitisches Anliegen der Grünen, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern und alte Bahnstrecken und Bahnhöfe wiederzubeleben. Nach unserem Verständnis von Bahnpolitik muss der Fahrgast im Mittelpunkt stehen. Wir wollen ein gutes, preisgünstiges und zuverlässiges Verkehrsangebot auf der Schiene. Die Weichenstellungen im Schienenverkehr dürfen sich nicht nur an den Profitmöglichkeiten orientieren, sondern müssen für alle Menschen nachhaltige Mobilität sichern. Deswegen kritisieren wir auch das Projekt Stuttgart 21 so scharf: es setzt finanziell und verkehrspolitisch die falschen Schwerpunkte und lässt in der Finanzierung kaum noch Spielräume für den Ausbau des Schienenverkehrs in der Fläche.

Ich möchte Ihnen kurz am Beispiel von Neckartailfingen aufzuzeigen, was das genau bedeutet. Neckartailfingen liegt in der Nähe der Zugverbindung zwischen Nürtingen und Metzingen, einem Teilabschnitt der Strecke Stuttgart-Tübingen. Einen eigenen Zwischenhalt gibt es dort bereits seit 1976 nicht mehr. Ein Problem ist sicherlich auch, dass die Bahnlinie außerhalb des Orts verläuft. So sympathisch es auch klingt, den Bahnhof Neckartailfingen wiederzubeleben: auf dem Weg dahin wäre zunächst eine intelligente Verzahnung von Bus und Bahn in der Region notwendig. Dazu ist ein Gesamtkonzept nötig, das Neckartailfingen ausreichend einbindet.

Zunächst müssten dazu Fehler der Vergangenheit behoben werden. Die Verbindungen auf der Strecke Stuttgart-Tübingen sind im Regionalverkehr nämlich noch 2007 stark ausgedünnt worden. Der Takt wurde verringert, in den Stoßzeiten wurden einzelne Züge komplett gestrichen. Es ist ein Grünes Ziel, diese Taktung wieder zu verbessern. Dabei müssen auch genügend Züge die Zwischenstationen anfahren. Denn ohne Halt in Nürtingen kann es auch keine Weiterfahrt mit dem Bus nach Neckartailfingen geben. Zwischenhalte sind unserer Meinung nach nicht nur Zeitfresser auf dem Weg zum Flughafen, sondern binden Menschen ans Schienennetz an. Und das ist genau das, was wir brauchen.

In diesem Sinne ist ein Verkehrsprojekt, das für meinen Wahlkreis besondere Bedeutung hat, die Regionalstadtbahn Neckar-Alb. Sie muss in den kommenden Jahren absolute Priorität bei der Mittelverwendung im Regionalverkehr haben, denn die Regionalstadtbahn wird sehr viel Verkehr auf die Schiene verlagern und die Vernetzung der Region stark verbessern. Das Konzept sieht in seinem nördlichen Streckenabschnitt auch einen Halt in Bempflingen vor. Von diesem wiederum könnte auch Neckartailfingen profitieren, wenn die Anbindung intelligent gelöst wird. Den Halt in Neckartailfingen dann wiederzubeleben, will ich für diesen Zeitpunkt dann gar nicht ausschließen. Aber es ist noch ein weiter Weg bis dorthin und es muss in ein Gesamtverkehrskonzept passen. Am Fahrkartenautomat und am Dächle soll es dann nicht scheitern.
Leider ist aber die Bahnpolitik von solchen Gesamtlösungen weit entfernt.
Nun zu Ihrer zweiten Frage - zur Gesundheitspolitik. Ich teile Ihre Bedenken voll und ganz. Die Bevölkerung altert, der Bedarf an Gesundheitsleistungen steigt. Gleichzeitig macht der medizinische Fortschritt immer neue Behandlungen möglich. Beides – dass immer mehr Kranken geholfen werden kann und dass immer mehr Menschen alt werden können – ist ein Segen und kein Fluch. Aber es bedeutet auch, dass wir als Gesellschaft bereit sein müssen, dafür mehr Geld auszugeben als bisher – aber ohne die Menschen mit niedrigen Löhnen mehr zu belasten. Wir Grünen wollen nicht, dass sich Menschen ihre Krankheit nicht mehr leisten können. Deswegen wollen wir nicht die Schwächsten noch weiter belasten. Bisher nämlich werden Beiträge fast ausschließlich auf Löhne, Gehälter und Renten erhoben. Kapital- und Mieteinkommen sowie Gewinne bleiben beitragsfrei. Das ist ungerecht, weil damit die Beitragsbelastung eines Krankenversicherten nicht von der Höhe seines Einkommens, sondern von seinen Einkommensquellen abhängig ist. Und nicht zuletzt legt die Zweiteilung des Krankenversicherungssystems in Gesetzliche und Private Krankenversicherung auch die Grundlage für eine Zweiklassenmedizin.
Damit im Gesundheitswesen mehr und ausreichend Geld zur Verfügung steht, muss die Einnahmeseite reformiert werden. Unsere Antwort ist die Grüne Bürgerversicherung. Eine Kopfpauschale, wie von der FDP bevorzugt, lehnen wir strikt ab. Die Grüne Bürgerversicherung versichert alle Bürgerinnen und Bürger - auch Gutverdienende, Selbstständige, Beamte und Abgeordnete. Alle Einkünfte sollen einbezogen werden - auch Gewinne aus Vermögen, Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Um die Belastung von Kleinsparern zu verhindern, wird dabei ein Freibetrag in Höhe des Steuerfreibetrags gelten. Praxisgebühren und andere Zuzahlungen möchten wir im Gegenzug abschaffen. Kinder sollen kostenlos mitversichert werden.

Mit der Bürgerversicherung kann im Gesundheitsbereich endlich wieder Gerechtigkeit hergestellt werden. Die Entwicklung zur Zwei-Klassen-Medizin muss ein Ende haben. Denn – da haben sie völlig recht – der Mensch sollte immer im Mittelpunkt stehen.

Mit freundlichen Grüßen

Beate Müller-Gemmeke

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