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Beate Müller-Gemmeke
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Tobias F. •

Frage an Beate Müller-Gemmeke von Tobias F. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Müller-Gemmeke,

Mich beunruhigt in letzter Zeit die Einstellung aller Parteien zu Zensur und Bevormundung im Internet. Vor allem in Bezug auf den Jugendmedienschutzstaatsvertrag.

Nun war für mich von Anfang an klar bei derartigen Themen nicht auf die Volksparteien setzen zu können und meine Hoffnung lag bei ihrer Fraktion und der FDP, da die Piratenpartei leider nicht in den Bundestag einziehen konnte. Nun hat mich die FDP leider auch enttäuscht, da trotz Versprechen gegen Zensur keinerlei Erhebens für ein Aufhebungsgesetz der Internetsperren unternommen wurden. Ganz im Gegensatz zu ihrer Fraktion.

Doch leider scheinen sie auf der einen Seite gegen die Zensur und für die Löschung von dokumentiertem Kindesmissbrauch im Internet zu sein, was ich vollkommen unterstütze, und andererseits den Jugendmedienschutzstaatsvertrag, der seinerseits nur eine stille Zensur bedeutet durchzuwinken.

Mir stellt sich die Frage, warum diese Zensur von ihrer Fraktion nicht gestoppt wird und warum keine klare Stellung für die Verantwortung der Eltern in der Kindererziehung und gegen eine präventive Zensur diverser Inhalte bezogen wird. Sollten nicht Eltern in die Verantwortung gezogen werden, was die Kinder im Internet machen, anstatt allen den Zugang zu Information zu nehmen?

Mit freundlichen Grüßen,

Tobias Fabritz

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Fabritz,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Bündnis 90/Die Grünen spricht sich gegen jede Art pauschaler "Sperrung" von Inhalten aus, denn wir halten das nicht für den richtigen Weg: "Sperren" können umgangen werden und dienen nicht dazu, Inhalte wie die Dokumentation von Missbrauch an Kindern, aus dem Netz zu entfernen und die Täter zu verfolgen. Diese Position haben wir im Zusammenhang mit dem sogenannten "Sperr"-Gesetz der damaligen Familienministerin von der Leyen auch immer wieder deutlich gemacht.

Auch beim Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) haben wir uns frühzeitig in die Debatte eingemischt ( http://www.gruene-bundestag.de/cms/presse/dok/324/324726.jugendmedienschutzstaatsvertrag_anbieter.html und http://www.gruene-bundestag.de/cms/presse/dok/328/328720.jugendmedienschutz_zugangsanbieter_von_i.html ), als es noch um die - aus unserer Sicht - völlig falsche Anbieterdefinition ging. Wir sehen auch in der jetzigen Version Schwierigkeiten, weil die (freiwillige) Alterskennzeichnung dazu führen kann, alle, die ihr Alter nicht kennzeichnen, in den Verdacht zu bringen, entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte anzubieten. Auch die Mitkennzeichnung fremder Inhalte, die der JMStV nun verlangt, widerspricht den Realitäten und Möglichkeiten des Internets. Diese Position haben wir ebenfalls zum Ausdruck gebracht http://www.gruene-bundestag.de/cms/presse/dok/333/333776.jugendmedienschutzstaatsvertrag_geht_an.html .
Die grünen Landesregierungen haben dementsprechend auch eine Protokollerklärung verhandelt, die deutlich macht, dass Anbieter fremder Inhalte nach wie vor über das Telemediengesetz haften sollen. Leider werden Staatsverträge in den Landesparlamenten anders behandelt wie Gesetze. Sie werden letztlich durch die Ministerpräsidenten entschieden. Die bundespolitische Ebene ist in diesem Prozess nicht mit eingebunden. Das erschwert zusätzlich unsere politische Einflussnahme. Selbstverständlich halten wir es für sinnvoller, über die Medienerziehung und Sorgfalt der Eltern jugendgefährdende Inhalte gar nicht erst für Kinder und Jugendliche zugänglich zu machen. Freiwillige Kennzeichnungen, die es Eltern ermöglichen, einige Inhalte auszufiltern, sind ebenso sinnvoll. Fest steht aber: Das können letztlich nur die großen Anbieter leisten.

Mit freundlichen Grüßen

Beate Müller-Gemmeke

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