Frage an Andreas Dressel von Klaus-Peter S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Dressel,
Die Stadt Hamburg lässt jetzt alle rund 600 Hochhäuser auf Brandsicherheit testen.
Hintergrund ist die kürzliche Brandkatastrophe in London.
Nicht überprüft werden dagegen die Wärmedämm- Fassaden an Gebäuden, die nicht höher als 22 Meter sind. Das ist für mich zunächst einmal als solches überraschend. Geht für die Bewohner von Häusern die " nur " 22 oder 20 Meter hoch sind keine Brandgefahr aufgrund der Wärmedämm-Fassaden aus? Das sind auch noch immerhin 6 bis 7 Stockwerke ! Warum soll bei Häusern dieser Bauhöhe die Brandsicherheit trotz Wärmedämm-Fassaden vollständig gewährleistet sein? Warum geht hier keine Gefahr für die Bewohner aus?
Können Sie für diese Entscheidung eine kurze , logische und nachvollziehbare Erklärung geben?
Mit freundlichem Gruß
K. S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für diese Frage an mich. Gern gebe ich Ihnen dazu eine kurze Rückmeldung.
Als Hochhäuser werden nach § 2 der Hamburgischen Bauordnung Gebäude bezeichnet, bei denen der Fußboden des obersten Geschosses mehr als 22 Meter über der Geländeoberfläche liegt (ab neun Geschossen).
Nach den schrecklichen Ereignissen in London waren viele Menschen mit Wohnungen in Hochhäusern besorgt, ob ihre Hochhäuser sicher sind. Für Hochhäuser gilt in Deutschland seit langem der Grundsatz, dass Fassaden und Fassadendämmungen nicht brennbar sein dürfen. Gleichwohl sollte nach dem schrecklichen Unglück von London in Hamburg dafür Sorge getragen werden, dass solche Brände in Hamburg nicht möglich sein sollten. Um solche Fälle ausschließen zu können, wurden alle Besitzer von Hochhäusern kontaktiert um – wo nötig- die Brandsicherheit der Hochhäuser kontrollieren zu können. Ziel der Maßnahme war es, dass die zuständige Bauaufsichtsbehörde bei etwaigen Mängeln notwendige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr hätte ergreifen können. Insgesamt gibt es in Hamburg 611 Hochhäuser. 230 davon sind reine Wohnhäuser, 285 Bürogebäude und 96 haben eine Mischnutzung aus Wohnen und Gewerbe. Die 611 Hamburger Hochhäuser werden alle fünf Jahre nach der Brandverhütungsschauverordnung von der Feuerwehr geprüft. Außerdem werden die technischen Anlagen in Hochhäusern alle drei Jahre nach der Prüfverordnung durch Prüfsachverständige geprüft.
Die Anforderungen, die in Hamburg regelhaft an alle neu zu errichtenden Hochhäuser gestellt werden, orientieren sich an der auf Bundesebene erarbeiteten Musterhochhausrichtlinie. Danach müssen u.a. alle tragenden und aussteifenden Bauteile eines Hochhauses (wie z.B. Wände, Stützen, Decken) feuerbeständig ausgebildet sein. Außenwände müssen in allen ihren Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Hinsichtlich der Führung von Rettungswegen müssen in Hochhäusern bis zu 60 m Höhe zwei Treppenräume, in Hochhäusern mit mehr als 60 m Höhe müssen Sicherheitstreppenräume ausgebildet werden, in die kein Feuer und Rauch eindringen kann. Für zügige Rettungs- und Löschmaßnahmen müssen Hochhäuser mit einem Feuerwehraufzug und Wandhydranten in jedem Geschoss ausgestattet werden.
Die von Ihnen angesprochenen 22 Meter stellen einen sehr relevanten Unterschied bei den möglichen Rettungswegen dar. Für jeden Aufenthaltsraum gilt im Grundsatz in Deutschland, dass zwei voneinander unabhängige Rettungswege bestehen müssen. Der zweite Rettungsweg darf dabei über die Rettungsgeräte der Feuerwehr führen. Das größte genormte Rettungsgerät ist eine Drehleiter (DLK 23/12) mit einer Nennrettungshöhe von 23 Meter (zur Höhenlage des Fußbodens muss noch die Brüstungshöhe addiert werden um auf die erforderliche Rettungshöhe zu kommen). Die Rettungsgeräte der Feuerwehren scheiden deshalb für den zweiten Rettungsweg in Hochhäusern aus, weshalb andere Maßnahmen wie beispielsweise die bereits erwähnten Sicherheitstreppenhäuser nötig werden.
Detailliert können sie die Anforderungen an den Bau und Betrieb von Hochhäusern (BPD Hochhäuser) der Freien und Hamburg hier nachlesen:
http://www.hamburg.de/contentblob/152982/ae941a2c2310b27dfca2076d78ecda21/data/bpd-1-2008-hochhaeuser.pdf
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Andreas Dressel