"Dem Deutschen Volke" steht in großen Lettern über dem Hauptportal des Deutschen Bundestages, doch ungehinderten Zugang zum Parlament hat nicht etwa das Volk, sondern rund 1.000 von den Fraktionen ausgewählte Lobbyisten. Deren Namen: Geheimsache.
Anders als Grüne und Linksfraktion weigern sich CDU/CSU und SPD beharrlich, die Interessenverbände zu nennen, denen sie per Unterschrift ihres Fraktionsgeschäftsführers Hausausweise zu den Räumlichkeiten des Bundestages verschafft haben. Weil auch die Bundestagsverwaltung deren Namen nicht veröffentlichen will, hat abgeordnetenwatch.de Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht eingereicht.
Mit der Geheimniskrämerei um die Inhaber von Lobbyisten-Hausausweisen soll nach dem Willen der Linksfraktion bald Schluss sein. Vergangene Woche brachte sie einen Gesetzesentwurf in den Bundestag ein, durch den Interessenvertreter zu weitreichenden Angaben in einem noch zu schaffenden, verpflichtenden Lobbyregister gezwungen werden sollen.
Vor dem Hintergrund der abgeordnetenwatch.de-Klage gegen den Bundestag hatte die Linke zuletzt noch einen Absatz zur Veröffentlichung von Hausausweisen in ihren Gesetzentwurf eingefügt, wie es aus Fraktionskreisen hieß. Der Passus lautet:
Außerdem sollen Lobbyorganisationen und Unternehmen u.a. folgende Angaben machen müssen:
- die Höhe des Budgets für die jeweilige Lobbyarbeit unter Angabe des Themas und des Nutznießers (im Fall von Anwaltskanzleien oder Lobbyagenturen sollen die Namen der Auftraggeber und deren finanzielle Aufwendungen angegeben werden),
- die Namen ihrer Mitarbeiter, die in Ministerien unmittelbaren Einfluss auf Gesetzentwürfe u.Ä. genommen haben.
Über das Lobbyregister sollen Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, "welche Personen, Verbände, Unternehmen und Interessengruppen auf welche Regelungen, behördliche Maßnahmen und Informationen auf welchen Wegen Einfluss nehmen woll(t)en", heißt es in dem Linken-Antrag. Außerdem sollen Gesetzentwürfe künftig "stets gleichberechtigt öffentlich zugänglich" gemacht werden. Lobbyisten hätten dadurch keinen privilegierten Zugang zu den Entwürfen mehr, weil diese zeitgleich für die Öffentlichkeit über das Internet zugänglich gemacht würden.
Inzwischen wollen sogar Lobbyisten ein Lobbyregister
Um die Einhaltung der Veröffentlichungspflichten sicherzustellen, will die Linksfraktion die Stelle einer Ombudsfrau bzw. eines Ombudsmannes beim Bundestag einrichten. Bei Verstößen soll diese/r Sanktionen gegen eine Lobbyorganisationen bzw. ein Unternehmen aussprechen können, die "von der einmaligen Erinnerung und der Veröffentlichung von Fehlverhalten bis hin zur Ahndung mit Ordnungsgeld" reichen können.
Neben der Linksfraktion planen auch die Grünen eine Gesetzesinitiative zur Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters. Der Antrag befinde sich derzeit in der fraktionsinternen Abstimmung, so ein Grünen-Sprecher. Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann hatte Mitte Januar erklärt, durch ein strenges Lobbyregister wären künftig Klagen wie die von abgeordnetenwatch.de nicht mehr erforderlich.
Neben den beiden Oppositionsfraktionen ist auch die SPD grundsätzlich für die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters. Im "Regierungsprogramm 2013 - 2017" hieß es: "Damit Entscheidungsprozesse nachvollziehbar werden, wollen wir ein verpflichtendes Lobbyregister auf gesetzlicher Grundlage beim Deutschen Bundestag einrichten." Gegenüber der Union konnten sich die Sozialdemokraten bislang aber nicht durchsetzen.
Derweil stehen CDU und CSU mit ihrer Blockade weitgehend isoliert da. Sogar Lobbyisten fordern inzwischen die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters - sie wollen raus aus der Korruptionsecke.
Der Bundestag schützt Lobbyisten - Frontal 21 (ZDF) erklärt, warum abgeordnetenwatch.de deswegen Klage eingereicht hat: