Frage an Wolfgang Stefinger von Jens A. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Dr. Stefinger,
leider wurde in den vergangenen Tagen eine meiner Meinung nach verheerende Änderung zur Umsetzung einer EU-Richtlinie beschlossen. Anbei der Link zum entsprechenden Artikel der Süddeutschen.
Bayern war bisher schon das Bundesland mit der höchsten Quote an Flächenfrass und Versiegelung von Böden. Nun soll für 3 Jahre ohne Umweltverträglichkeitsprüfung usw der Ausweis von Bauland bis 100 Hektar faktisch immer möglich sein.
Das riecht nach Vetternwirtschaft und Verschlimmerung des Flächenfrasses.
Wie konnte Ihre Partei dieses Gesetzesvorhaben unterstützen? Muss man hier den bayerischen Filz als Ursache fürchten oder gibt es rationelle Gründe, die dazu führten, dass Expertenrat ignoriert wurde?
Für ein kurzes Statement wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Achenbach
Steuerberater in München
Sehr geehrter Herr Achenbach,
vielen Dank für Ihre Frage. Das von Ihnen angesprochene Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt wurde in der Bundestagssitzung vom 9. März 2017 mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen. Ihre Vorwürfe bezüglich Vetternwirtschaft und bayerischem Filz kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, weil das Gesetz im Deutschen Bundestag von allen drei Regierungskoalitionen gemeinsam beschlossen wurde.
Die für das Gesetz zuständige Bauministerin Dr. Barbara Hendricks von der SPD betrachtet die Einführung der neuen Baukategorie „Urbane Gebiete“ als wichtige Maßnahme, um eine Stadtentwicklung in Gang zu bringen, die auf weniger Flächenverbrauch ausgerichtet ist. Bezüglich der Kommunen geht die Bauministerin davon aus, dass diese verantwortungsvoll Entscheidungen bei der Ausweisung von neuem Bauland treffen werden und der Flächenverbrauch somit nicht erheblich beschleunigt wird.
Die CSU unterstützt das o.g. Gesetz ebenso, um den Bedarf von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zu decken. Der Bedarf soll prioritär durch Innenentwicklung urbaner Gebiete gedeckt werden. In Ausnahmefällen, in denen die Innenentwicklung an ihre Grenzen stößt, sollen jedoch die Kommunen die Möglichkeit erhalten, auch neues Bauland im beschleunigten Verfahren zu erschließen, um akuten Wohnraummangel zu beseitigen. Um der Gefahr des Flächenverbrauchs zu begegnen, gibt es eine zeitliche Befristung bis zum 31. Dezember 2019, in denen Kommunen im beschleunigten Verfahren neues Bauland ausweisen können. Dadurch wird deutlich, dass die in dem von Ihnen verlinkten Zeitungsartikel kritisierte Einfügung des Paragrafen 13 b ausschließlich dazu dient, die besonders akute Herausforderung der Wohnraumversorgung zu bewältigen. Diese Herausforderung spüren wir in unserer Heimatstadt München ganz besonders deutlich, wo junge Familien große Schwierigkeiten haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Ihre pauschale Aussage, dass die CSU den Expertenrat in dieser Angelegenheit ignoriert, ist falsch. Der Expertenrat ist nämlich gespalten. In der Bundestagsanhörung vom 15. Februar 2017 hat die Mehrheit der Experten die Notwendigkeit der Einfügung des Paragrafen 13 b betont, um bezahlbaren Wohnungsraum in Ballungsgebieten wie München zu schaffen. Aus meiner Sicht ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ein überaus rationaler Grund.
Für weitere Fragen und Anregungen rate ich Ihnen, sich direkt an mich zu wenden. Meine Kontaktdaten finden Sie im Internet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Stefinger, MdB