Frage an Ute Granold von Volker R. bezüglich Recht
In Ergänzung des Beitrages von Herrn Andreas Rudolph
Sehr geehrte Frau Granold,
das ärgerliche an Ihrer Antwort ist die Tatsache, dass Sie sich als Berichterstatterin Ihrer Fraktion für das neue Unterhaltsrecht im zuständigen Ausschuss dergestalt äußern.
Selbstverständlich mußten Sie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes folgen; eine gegen die Verfassung verstoßende (bestehende) Regelung war zu korrigieren.- Anderseits muß Ihnen aber auch gleichfalls klar gewesen sein, dass die Gerichte - wie auch schon im alten Unterhaltsrecht der Fall - geneigt sind eine eigene Sicht von Recht und Gerechtigkeit zu entwickeln.- Und gleichfalls muß Ihnen auch klar gewesen sein, dass die Generalklausel geradezu Gerichte einlädt diesen Freiraum für ihre „gängige Rechtsprechung“ zu nutzen.
Selbstverständlich hätten Sie aus der Erfahrung der Vergangenheit lernen können; selbstverständlich wäre es auch ihnen möglich gewesen (wie von Verbänden gefordert!) die gesetzlichen Regelungen konkreter zu fassen.- Alles das haben Sie, trotz wohlmeinender Hinweise, unterlassen. Frei nach dem Motto: „Lieber eine schlechte Unterhaltsrechtreform als keine“.
Die gängige Rechtsprechung schafft wieder einmal - ob der unklaren Fristenregelung - neuerliche Betroffenheit.
Warum Frau Granold ist die Politik nicht in der Lage aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen? Oder glauben Sie, dass es Betroffenen hilft, wenn Sie feststellen: „Wir werden die weitere Entwicklung beobachten und gehen davon aus, dass nach einer Übergangsphase das neue Unterhaltsrecht in der Praxis umgesetzt wird.“- Ist es tatsächlich Ihre Überzeugung, dass Appelle an die Gerichte helfen, wenn diese Appelle bereits im alten Unterhaltsrecht versagt haben?
Man könnte den persönlichen Eindruck gewinnen, dass die Politik bei diesem Gesetz wieder einmal einfach nur versagt hat!
Mit freundlichem Gruß
Volker Rockel
Sehr geehrter Herr Rockel,
entgegen der in Ihrer Anfrage über Abgeordnetenwatch am 5. Juli geäußerten Vermutung haben wir im Rahmen der Reform des Unterhaltsrechts ganz bewusst so genannte „unbestimmte Rechtsbegriffe“ verwendet, um den Gerichten einen Spielraum zu lassen, eine auf den jeweiligen Einzelfall zugeschnittene Lösung zu finden.
Ich bin seit nahezu 30 Jahren selbst als Rechtsanwältin im Bereich des Familienrechts tätig und teile Ihre Vorbehalte gegenüber der Praxis der Familiengerichte nicht. Einzelfallgerechtigkeit ist nur möglich, wenn der Gesetzgeber der Rechtssprechung die dazu notwendigen Spielräume lässt.
Die Einhaltung dieser Spielräume überwacht nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht. So habe ich schon in meiner Antwort auf die Frage von Herrn Rudolph erläutert, dass die Beibehaltung des "Altersphasen-Modells" durch die Hintertür zweifellos nicht mit dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Recht vereinbar und nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 2007 (1 BvL 9/04) verfassungswidrig wäre. Deshalb gehe ich fest davon aus, dass im Falle der Notwendigkeit das höchste deutsche Gericht die Umsetzung der Intension des Gesetzgebers in dieser Frage durchsetzen wird.
Die Reform des Unterhaltsrechts ist das Ergebnis eines langen und sehr gründlichen Beratungsprozesses im Rechtsausschuss. Mit dem neuen Unterhaltsrecht reagiert der Gesetzgeber angemessen auf die großen gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen Jahre. Es ist ganz Gewiss kein Kompromiss im Sinne eines kleinsten gemeinsamen Nenners. Deshalb bin ich überzeugt, dass es sich in der Praxis bewähren wird.
Mit freundlichen Grüßen
Ute Granold