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Frage von Sebastian B. •

Frage an Ute Granold von Sebastian B. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrte Frau Granold,

Zitat: "Mit der Beschlagnahme des Computers ist es im Zeitalter der Hochtechnologie nicht mehr getan. Hochprofessionelle Täter verschlüsseln ihre Daten auf den Festplatten, so dass sie im Fall einer Beschlagnahme nichts wert sind." Glauben Sie tatsächlich, dass diese "Hochprofessionellen Täter", welche „Hochtechnologie“ zur Verfügung haben, es der Polizei einfach so erlauben, auf ihre Rechner zuzugreifen? Genauso wie man seinen Kommunikation mittels Verschlüsselung schützen kann, kann man einen Computer vor Zugriff durch Fremde schützen. Ich unterstelle mal den an der Diskussion beteiligten Politikern nicht, das technische Know-How zu haben, um einschätzen zu können, ob so etwas überhaupt Sinn macht. Und NATÜRLICH versprechen die externen Firmen, dass sie das hin bekommen. In welcher Regelmäßigkeit IT-Großprojekte des Bundes scheitern, ist ja kein Geheimnis. Doch hierbei handelt es sich nicht um ein TollCollect, dass man mal eben um ein paar Jahre verschieben kann, oder eine BA Software, die dann halt mal für ein paar Zig-Millionen nach gebessert wird. Ich sehe es schon vor mir, wie der CCC ein paar Monate später die Methoden der Polizei der Öffentlichkeit vorführt und die versammelte Hackergemeinde dabei mit Bauchkrampf unterm Tisch liegt. Davon mal abgesehen kann es einfach nicht so weitergehen, dass die verfassungsmäßigen Rechte seit einigen Jahrzehnten Stück für Stück zurückgedreht werden. Wer will denn wissen, wie viel von unserem privaten Leben in 20 Jahren im Internet und auf Computern stattfindet? Die Freiheit muss es vertragen können, dass sie auch die Freiheit für Straftaten lässt. Eine „Freiheit“ in der Straftaten ganz und gar unmöglich sind, ist keine mehr. Die Ineffektivität dieser „Hochrüstung“ des Staates ist auch, das potenzielle Ziele dieser Maßnahmen clever genug sind, sich einfach darauf einzustellen. Wenn jemand einen Anschlag wirklich will, wird er ihn durchführen, so oder so.

Mir freundlichen Grüssen
Sebastian Böhm

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Habermehl, sehr geehrter Herr Böhm,

vielen Dank für Ihre Nachfragen vom 25.7. bzw. 31.7.2007 zu meiner ersten Stellungnahme vom 24.7.2007. Darauf will ich sehr gerne antworten, um Ihnen meine Argumente noch einmal zu verdeutlichen.

Im Kern bezweifeln Sie, dass es Möglichkeiten zu einer sinnvollen technischen Umsetzung der Onlinedurchsuchung gibt. Dieses Instrument sei daher wirkungslos, um Anschläge durch wirklich professionelle Täter zu verhindern, verschaffe aber dem Staat eine weitere nur schwer kontrollierbare Zugriffsmöglichkeit auf die Computer unbescholtener Bürger – ein weiteres Eindringen in die Privatsphäre also.

Wie ich bereits erläutert habe, fordert niemand die Einführung einer flächendeckenden Überwachung des Internets im Sinne einer Rasterfahndung. Es geht lediglich darum, ein weiteres Instrument zu schaffen, mit dem man – wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind - zusätzliche Erkenntnisse über einen Verdächtigen gewinnen kann, der bereits durch die Sicherheitsbehörden überwacht wird. Wie auch BKA-Präsident Ziercke in einem Interview in der taz am 26. März 2007 klar gestellt hat, ist die Onlinedurchsuchung als ein polizeiliches Werkzeug gedacht, das nur in Einzelfällen bei einem konkreten Tatverdacht gegen mutmaßliche Terroristen und Schwerstkriminelle zum Einsatz kommen soll. Allein der große Aufwand, mit dem die Ermittlungsbehörden im Rahmen einer vorbereitenden Umfeldanalyse nach Möglichkeiten suchen müssten, um an den Verdächtigen heranzukommen, werde danach dafür sorgen, dass die Online-Durchsuchung nur in Einzelfällen zum Einsatz kommen könne. Darüber hinaus werde immer ein Richter eine solche Maßnahme genehmigen müssen. Die Hürden für einen Eingriff des Staates in die durch die Verfassung geschützte Privatsphäre des Einzelnen würden also wirklich hoch gelegt. Die Frage der Speicherkapazitäten und des Datenschutzes, wie sie von Herrn Habermehl aufgeworfen wurde, wird sich also in dieser Form nicht stellen.

Lassen Sie mich ausdrücklich betonen, dass ich angesichts der unbestrittenen und weiter wachsenden Bedrohung durch das Internet als Medium zur Vorbereitung und Koordination terroristischer Aktivitäten die Einführung einer Möglichkeit der Online-Durchsuchung im skizzierten Rahmen befürworte. Natürlich kann niemand gewährleisten, dass technisch versierte Verdächtige einen Weg finden, sich dem Zugriff durch die Ermittlungsbehörden zu entziehen. Es wird immer einen Wettlauf zwischen Verschlüsselungs- und Entschlüsselungstechnologien geben, der durch die Verfügbarkeit von Ressourcen entschieden wird. Nach meiner Auffassung ist die Ausgangssituation des Staates als Akteur dabei aber gar nicht so hoffnungslos, wie von Ihnen angedeutet.

Darüber hinaus sind nicht alle potentiellen Täter – etwa aus dem Milieu religiös motivierter Extremisten - auch „hochqualifizierte Hacker“, nutzen das Internet aber trotzdem zur Kommunikation und Informationsrecherche (Anleitung zum Bombenbau, Verbreitung von Propaganda etc.).

Außerdem kann es schon ausreichend sein, sich etwa über eine CIPAV-Software ein Bild über die Internetverbindungen und die angesteuerten URLs zu verschaffen, um so Indizien gegen einen Verdächtigen zu sammeln. In den USA ist es dem FBI im Juni dieses Jahres gelungen, auf diese Art und Weise den Versender mehrerer Bombendrohungen an eine Highschool im Bundesstaat Washington zu überführen (Vgl. Berliner Morgenpost vom 31.7.2007).

Darüber hinaus hat die Tatsache, dass es durchaus auch technische Möglichkeiten zur Verschlüsselung von Gesprächen über Mobiltelefone gibt, auch nicht dazu geführt, dass an der Sinnhaftigkeit der seit Jahren zuverlässig und regelmäßig praktizierten Telekommunikationsüberwachung gezweifelt wird.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es den Bürgerinnen und Bürgern schulden, alle verfassungsrechtlich vertretbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, um verheerende Terroranschläge in unserem Land zu verhindern. Vor diesem Hintergrund empfinde ich auch die diskutierten Pläne zur Einführung der Online-Durchsuchung als gerechtfertigt.

Es geht in der Diskussion nun zum Einen darum, sich auf eine mögliche Ausgestaltung der technischen Umsetzung zu einigen und zum Anderen die Funktionsfähigkeit zuverlässiger Kontrollmechanismen für eine Anordnung dieser Maßnahme – etwa die Genehmigung durch einen Richter, die Überwachung durch die Staatsanwaltschaft und die Kontrolle durch Datenschutzbeauftragte – sicherzustellen.

Ich stimme Herrn Böhm darin zu, dass es in einer freiheitlichen Gesellschaft, die in eine globalisierte Welt eingebettet ist, eine völlige Sicherheit vor terroristischen Bedrohungen nicht geben kann. Das wäre das Ende jeder Freiheit. Ich möchte mir persönlich nach einem Terroranschlag in Deutschland als Politikerin aber nicht den Vorwurf machen müssen, nicht alle Möglichkeiten – immer im Rahmen der Grenzen unserer Verfassung - ausgeschöpft zu haben, um den Bürgern durch den Staat ein Höchstmaß an Sicherheit zu geben. Das Risiko eines Anschlags ist nur dadurch zu verringern, dass man es potentiellen Tätern so schwer wie möglich macht, ihre Pläne umzusetzen. Die Online-Überwachung kann in meinen Augen ein sinnvolles Instrument sein, um dieses Ziel zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen
Ute Granold