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Frage von Martin H. •

Frage an Ute Granold von Martin H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Bezugnehmend auf Ihre Antwort zu der Frage von Herrn Petras möchte ich Sie einmal etwas fragen:
Glauben Sie denn allen Ernstes, das sogenannte Kriminelle warten bis die Staatsanwaltschaft bzw. die Polizei an der Tür steht um dann noch schnell die Daten auf Festplatten zu verschlüseln ???? Die Verschlüsselung hochsensibler Daten wird heutzutage "on-the-fly" gemacht, d.h. ein Programm läuft immer im Hintergrund mit, welches die Daten direkt nach dem Erhalt verschlüsselt und diese dann erst kurz dem Gebrauch entschlüsselt. Genau aus diesem Grund werden ja solche Programme entwickelt: Datenklau soll auf ein Minumum reduziert werden. Des weiteren würde mich mal direkt interessieren, wie Sie sich das vorstellen mit der Lagerung solchermassen ausspionierter Daten. Wo wollen sie die Medien auf denen die Daten gespeichert sind physikalisch lagern? Wie wollen Sie denn für die Sicherheit dieser illegal erhoben Daten garantieren. Wer garantiert mir als Bürger denn, das Abfragen die aus solchen Daten gewonnen werden nicht von blutigen Laien gemacht werden ? Gnade Gott dann Denjenigen, die aufgrund mangelhafter Kenntnisse der mit der Auswertung befasster Mitarbeiter, in die Mühlen der Justiz geraten. Es würde sich nie beweisen lassen, das da wohl Fehler passiert sind, wie auch? Wer überwacht eigenlich die Überwacher? Davon habe ich in den bisherigen Diskusionen zu diesem Thema noch nichts vernommen, aber vielleicht können Sie mich ja da mal ein wenig aufklären... Ich wär jedenfalls dankbar dafür.....

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Habermehl, sehr geehrter Herr Böhm,

vielen Dank für Ihre Nachfragen vom 25.7. bzw. 31.7.2007 zu meiner ersten Stellungnahme vom 24.7.2007. Darauf will ich sehr gerne antworten, um Ihnen meine Argumente noch einmal zu verdeutlichen.

Im Kern bezweifeln Sie, dass es Möglichkeiten zu einer sinnvollen technischen Umsetzung der Onlinedurchsuchung gibt. Dieses Instrument sei daher wirkungslos, um Anschläge durch wirklich professionelle Täter zu verhindern, verschaffe aber dem Staat eine weitere nur schwer kontrollierbare Zugriffsmöglichkeit auf die Computer unbescholtener Bürger -- ein weiteres Eindringen in die Privatsphäre also.

Wie ich bereits erläutert habe, fordert niemand die Einführung einer flächendeckenden Überwachung des Internets im Sinne einer Rasterfahndung. Es geht lediglich darum, ein weiteres Instrument zu schaffen, mit dem man -- wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind - zusätzliche Erkenntnisse über einen Verdächtigen gewinnen kann, der bereits durch die Sicherheitsbehörden überwacht wird. Wie auch BKA-Präsident Ziercke in einem Interview in der taz am 26. März 2007 klar gestellt hat, ist die Onlinedurchsuchung als ein polizeiliches Werkzeug gedacht, das nur in Einzelfällen bei einem konkreten Tatverdacht gegen mutmaßliche Terroristen und Schwerstkriminelle zum Einsatz kommen soll. Allein der große Aufwand, mit dem die Ermittlungsbehörden im Rahmen einer vorbereitenden Umfeldanalyse nach Möglichkeiten suchen müssten, um an den Verdächtigen heranzukommen, werde danach dafür sorgen, dass die Online-Durchsuchung nur in Einzelfällen zum Einsatz kommen könne. Darüber hinaus werde immer ein Richter eine solche Maßnahme genehmigen müssen. Die Hürden für einen Eingriff des Staates in die durch die Verfassung geschützte Privatsphäre des Einzelnen würden also wirklich hoch gelegt. Die Frage der Speicherkapazitäten und des Datenschutzes, wie sie von Herrn Habermehl aufgeworfen wurde, wird sich also in dieser Form nicht stellen.

Lassen Sie mich ausdrücklich betonen, dass ich angesichts der unbestrittenen und weiter wachsenden Bedrohung durch das Internet als Medium zur Vorbereitung und Koordination terroristischer Aktivitäten die Einführung einer Möglichkeit der Online-Durchsuchung im skizzierten Rahmen befürworte. Natürlich kann niemand gewährleisten, dass technisch versierte Verdächtige einen Weg finden, sich dem Zugriff durch die Ermittlungsbehörden zu entziehen. Es wird immer einen Wettlauf zwischen Verschlüsselungs- und Entschlüsselungstechnologien geben, der durch die Verfügbarkeit von Ressourcen entschieden wird. Nach meiner Auffassung ist die Ausgangssituation des Staates als Akteur dabei aber gar nicht so hoffnungslos, wie von Ihnen angedeutet.

Darüber hinaus sind nicht alle potentiellen Täter -- etwa aus dem Milieu religiös motivierter Extremisten - auch "hochqualifizierte Hacker", nutzen das Internet aber trotzdem zur Kommunikation und Informationsrecherche (Anleitung zum Bombenbau, Verbreitung von Propaganda etc.).

Außerdem kann es schon ausreichend sein, sich etwa über eine CIPAV-Software ein Bild über die Internetverbindungen und die angesteuerten URLs zu verschaffen, um so Indizien gegen einen Verdächtigen zu sammeln. In den USA ist es dem FBI im Juni dieses Jahres gelungen, auf diese Art und Weise den Versender mehrerer Bombendrohungen an eine Highschool im Bundesstaat Washington zu überführen (Vgl. Berliner Morgenpost vom 31.7.2007).

Darüber hinaus hat die Tatsache, dass es durchaus auch technische Möglichkeiten zur Verschlüsselung von Gesprächen über Mobiltelefone gibt, auch nicht dazu geführt, dass an der Sinnhaftigkeit der seit Jahren zuverlässig und regelmäßig praktizierten Telekommunikationsüberwachung gezweifelt wird.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es den Bürgerinnen und Bürgern schulden, alle verfassungsrechtlich vertretbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, um verheerende Terroranschläge in unserem Land zu verhindern. Vor diesem Hintergrund empfinde ich auch die diskutierten Pläne zur Einführung der Online-Durchsuchung als gerechtfertigt.

Es geht in der Diskussion nun zum Einen darum, sich auf eine mögliche Ausgestaltung der technischen Umsetzung zu einigen und zum Anderen die Funktionsfähigkeit zuverlässiger Kontrollmechanismen für eine Anordnung dieser Maßnahme -- etwa die Genehmigung durch einen Richter, die Überwachung durch die Staatsanwaltschaft und die Kontrolle durch Datenschutzbeauftragte -- sicherzustellen.

Ich stimme Herrn Böhm darin zu, dass es in einer freiheitlichen Gesellschaft, die in eine globalisierte Welt eingebettet ist, eine völlige Sicherheit vor terroristischen Bedrohungen nicht geben kann. Das wäre das Ende jeder Freiheit. Ich möchte mir persönlich nach einem Terroranschlag in Deutschland als Politikerin aber nicht den Vorwurf machen müssen, nicht alle Möglichkeiten -- immer im Rahmen der Grenzen unserer Verfassung - ausgeschöpft zu haben, um den Bürgern durch den Staat ein Höchstmaß an Sicherheit zu geben. Das Risiko eines Anschlags ist nur dadurch zu verringern, dass man es potentiellen Tätern so schwer wie möglich macht, ihre Pläne umzusetzen. Die Online-Überwachung kann in meinen Augen ein sinnvolles Instrument sein, um dieses Ziel zu erreichen.

Mit freundlichen Grüßen
Ute Granold