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Frage von Rainer T. •

Frage an Ute Granold von Rainer T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Granold,

ich beziehe mich auf Ihre Ausführungen zum Thema Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt.
Wie von Menk bereits ausführlich dagelegt, bezweifeln viele Experten den Nutzen eines solchen Gesetzes. Selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt in einem Gutachten zu dem Schluß, dass ein solches Gesetz in der Bekämpfung der Verbreitung von Kinderpornographie weitgehend wirkungslos bleiben wird, während es auf der anderen Seite eine ernstzunehmende Gefahr für die Meinungsfreiheit darstellt.

Weiterhin haben mittlerweile diverse Expertenkreise wie Ermittler und Anwälte verlauten lassen, dass das Gesetz von falschen Voraussetzungen ausgeht. Kinderpornographie, ist entgegen den Behauptungen von Frau von der Leyen, nicht im öffentlichen Netz statt. Vielmehr werden die Materialien in geschlossenen Chaträumen oder postalisch innerhalb eines Täterzirkels ausgetauscht, welcher keine kommerziellen Interessen verfolgt.

Durch ein solches Gesetz wird kein einziger Mißbrauch eines Kindes verhindert.
Vielmehr müssten, Sie erwähnten es selbst bereits, Server abgeschaltet werden. Die gesetzlichen Instrumentarien hierfür existieren bereits.
Im übrigen ist dies einer Kinderschutzorganisation namens ChildCare bereits gelungen, indem diese einfach Internet-Provider anschrieb, auf deren Rechnern kinderpornographisches Material zu finden war. Innerhalb von 24 Stunden waren die meisten der Inhalte aus dem Internet verschwunden.
Hier stellt sich mir die Frage, warum mit einem praktisch wirkungslosen Gesetz massiv in die Grundrechte der Bürger eingegriffen und damit weniger erreicht wird, als ein Kinderschutzverein mit wenigen E-Mails zu erreichen in der Lage ist.

Meine zweite Frage bezieht sich auf den Umgang Ihrer Parteikollegen mit Kritikern: Finden Sie die Art und Weise wie sich unlängst Herr zu Guttenberg völlig undifferenziert über diese Kritiker gegenüber der Tagesschau äußerte akzeptabel?

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Thomas

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Thomas,

vielen Dank für Ihre beiden Fragen zum Thema „Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt“, die Sie mir als Reaktion zu meiner Antwort vom 5.5.2009 über Abgeordnetenwatch gestellt haben.

Wie ich bereits in meiner damaligen Antwort erläutert habe, muss gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Internet mit allen rechtsstaatlichen Mitteln vorgegangen werden. Die Täter müssen weiterhin mit Hochdruck ermittelt und kinderpornographische Seiten geschlossen werden. Der Gesetzentwurf will - im Rahmen einer Gesamtstrategie gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und seiner Darstellung im Internet - die bestehenden Möglichkeiten wirksam ergänzen.

Sperrungen können verhindern, dass durchschnittliche Nutzer auf kinderpornographische Daten zugreifen. Sie verhindern, dass die Schwellen im Zugriff immer niedriger werden und Kinderpornographie im Netz verharmlost wird.

Zugangssperren setzen ein deutliches gesamtgesellschaftliches Signal für das Netz: Stopp, hier geht es nicht weiter, hier wird der legale Raum verlassen! Somit wird mit der Anzeige der geplanten Stopp-Seite eine in kriminalpräventiver Hinsicht wesentliche Warnfunktion erfüllt. Der Nutzer, der versucht, auf eine gesperrte Seite zuzugreifen, bekommt die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens nochmals vor Augen geführt, was jedenfalls durchaus eine abschreckende Wirkung haben wird.

Technisch versierte Internetnutzer werden immer Wege finden, die Zugangsperren zu umgehen. Selbst wenn man keine hundertprozentige Sperre erreichen wird, ist es jedoch unter präventiven Gesichtspunkten bereits als Erfolg zu werten, wenn der Zugang zu solchen Inhalten erschwert wird. Es ist davon auszugehen, dass dies bei den vorgesehenen Maßnahmen jedenfalls im Hinblick auf die Mehrzahl der Internetnutzer der Fall ist.

Der grundsätzliche Erfolg eines solchen Systems lässt sich an den positiven Erfahrungen anderer Länder, die bereits derartige Zugangssperren eingerichtet haben, belegen. So werden beispielsweise in Norwegen arbeitstäglich zwischen 15.000 und 18.000 Zugriffsversuche auf kinderpornografische Webseiten erfolgreich gesperrt.

Mit diesem Gesetz geht es nicht darum, eine umfassende Internetzensur zu schaffen. Es ist klar ausschließlich auf die Erschwerung des Zugangs zur Kinderpornografie im Internet ausgelegt. Im Übrigen enthält der Gesetzentwurf – so wie ich es bereits in meiner Antwort vom 5.5.09 erläutert habe - bereits die Regelung, dass innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Evaluierung erfolgen soll. In bin überzeugt davon, dass sich dann erneut bestätigen wird, dass die heute geäußerten Bedenken unbegründet waren.

Was Ihre zweite Frage betrifft: Ganz grundsätzlich ist das Internet juristisch gesehen ein neuer Raum, für den nach und nach gesetzliche Regelungen entwickelt werden müssen, um seinen Mehrwert für alle Nutzer dauerhaft erhalten und optimieren zu können. Wie in der realen müssen auch in der virtuellen Welt grundlegende Regeln gefunden werden, um die Nutzer vor Schaden zu bewahren. Viele Nutzer glauben an die Utopie, dass die Internet-Community aus sich heraus dazu in der Lage ist, diese Ordnung ohne eine Einmischung des Staates zu schaffen. Jeder Versuch des Staates, ordnend einzugreifen wird als Versuch staatlicher Zensur abgelehnt. Die entsprechenden Debatten werden sehr emotional geführt.

Ich kann vor diesem Hintergrund nur dazu appellieren, die Diskussion wieder zu versachlichen. Es ist wenig hilfreich, jeden Kritiker der Pläne der Bundesregierung zur Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt zum indirekten Unterstützer der Webseitenbetreiber zu erklären. Umgekehrt ist es aber auch überzogen, nach jeder gesetzlichen Regelung das Ende der Freiheit im Internet zu proklamieren.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Granold