Würden Sie das Infektionsschutzgesetz erweitern und eine Grundlage für Offlabel-Kinderimpfung nach dem Vorbild Wien ermöglichen? Wenigsten Präsenzpflicht aussetzen bis Impfung verfügbar?
Sehr geehrte Frau R,,
Impfungen sind nach meiner persönlichen Meinung der Weg aus der Pandemie. Ich befürworte nachdrücklich auch die Möglichkeit zu Booster-Impfungen. Dennoch bin ich beim Wiener Vorgehen skeptisch. Off-Label-Impfungen von Kindern sind auch bei uns möglich, wenn Vorerkrankungen des Kindes oder auch bestimmte familiäre Konstellationen (mit vorerkrankten und immungeschwächten Familienmitgliedern) das ratsam erscheinen lassen. Dabei gilt aber, solange die Studienlage noch nicht ausreicht, eine Off-Label-Impfung im Interesse des Kindes sorgfältig abzuwägen. Auch liegt die Haftung für diese Impfungen bei den Eltern, sofern der Kinderarzt oder die Kinderärztin die Eltern darüber informiert hat, dass die Impfung auf eigene Verantwortung erfolgt.
Kinderimpfungen mit einer geringeren Dosis des Impfstoffs von Biontech/Pfizer haben in den USA bereits eine Notfallzulassung. Die STIKO hat aber schon bei der Impfung für 12-17jährige darauf hingewiesen, dass deren individuelles Risiko, schwer an Covid zu erkranken, sehr gering ist und der individuelle Nutzen der Impfung mit ihren seltenen, aber eben doch möglichen Nebenwirkungen (z.B. die Herzmuskelentzündung) für diese Altersgruppe nicht sehr groß ist. Ich vertraue da unseren wissenschaftsbasierten Verfahren. Die Erfahrungen der letzten Monate lehren uns auch, dass die Folgen von Distanz- oder Wechselunterricht für die allermeisten Kinder (vorerkrankte mit Zugang zur Off-Label-Impfung ausgenommen) wesentlich schlimmer sind als die Folgen einer für Kinder meist harmlosen Infektion, mit der in der Folge ja auch die dringend erforderliche Grundimmunität gegen das Virus aufgebaut wird.
Lehrer*innen und Eltern sollten dann allerdings unbedingt die vorhandenen Impfangebote wahrnehmen und auch schnell ein Angebot für eine 3. Impfung bekommen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ulrike Bahr