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Ulrike Bahr
SPD
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Frage von Klaus R. •

Unterstützen Sie den Antrag, die AfD durch das BVerfG verbieten zu lassen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

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SPD

Sehr geehrter Herr R., 

vielen Dank für Ihre Mail und Ihre Frage nach meiner Unterstützung für einen Antrag, ein Parteienverbot der AfD zu starten. Ich sehe ein solches Verfahren momentan kritisch. Teile der AfD verhalten sich zweifellos nicht grundgesetzkonform, zum Beispiel mit Hetze gegen Minderheiten. Auch das Vorgehen um die Konstituierung des Thüringer Landtags zeigt, dass sie keinen Respekt vor Verfassungsorganen und parlamentarischen Mehrheiten hat. 

Gegen Verfassungsfeinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien verfassungswidrig, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.

Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, ordnet es deren Auflösung an, verbietet die Gründung einer Ersatzorganisation und kann die Einziehung des Parteivermögens zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen (§ 46 Absatz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Weiterhin verlieren Mitglieder des Deutschen Bundestages, die dieser Partei angehören, nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 des Bundeswahlgesetzes ihr Mandat.

Aufgrund dieser drastischen Folgen sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie sehr hoch. Denn Demokratie lebt maßgeblich durch den parteipolitischen Diskurs und muss Widerspruch aushalten. Eine Haltung, durch die oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen, nicht anerkannt, abgelehnt oder ihnen andere entgegengesetzt werden, genügt nicht. Eine Partei kann durch das Bundesverfassungsgericht nur dann verboten werden, wenn sie vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen will. Dies setzt voraus, dass konkrete, gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann. Dies muss in einem ordnungsgemäßen Verfahren festgestellt werden, das nach bisherigen Erfahrungen mindestens 1,5 Jahre, wenn nicht länger, in Anspruch nehmen wird.

Wie in jedem anderen gerichtlichen Verfahren müssen in einem Parteiverbotsverfahren eindeutige Beweise vorgebracht werden. Die hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot stellen auch an diese Beweisführung erhebliche Ansprüche. Hierfür sind die Antragsberechtigten auch auf die Ermittlungen hierzu berufener staatlicher Institutionen angewiesen. Seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Aufgrund ihrer immer deutlicher zu Tage tretenden Haltung, wird auch die AfD als Gesamtpartei in diesem Sinne als Verdachtsfall geführt. 

Dass die AfD rechtmäßig durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet wird, hat nach dem Verwaltungsgericht Köln nun auch das Oberverwaltungsgericht Münster als Berufungsinstanz bestätigt. Das Bundesamt darf damit Erkenntnisse über die Handlungen der AfD auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln sammeln. Die Auswertung dieser Erkenntnisse durch den Verfassungsschutz spielt auch für die SPD-Fraktion eine Rolle, wenn wir darüber entscheiden, ob wir uns für die Beantragung eines Verbots der AfD einsetzen. Es handelt sich um eine politische Entscheidung mit großer Tragweite, die wir uns als Teil des Verfassungsorgans Bundestag nicht leicht machen. Denn ein Antrag kann nur auf ein Verbot der Partei gerichtet sein und muss im Interesse seines Erfolges mit wasserdichten Belegen unterlegt werden. Die bloße richterliche Prüfung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei kann nicht beantragt werden. Deshalb müssen wir jede Möglichkeit zur Beweissammlung nutzen, um schließlich darüber entscheiden zu können, ob wir den Weg nach Karlsruhe beschreiten.

Dies alles darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das rechtsextreme Gedankengut, das die AfD als Partei kanalisiert, nicht an erster Stelle durch ein Parteiverbot zu bekämpfen ist. In der sozialdemokratischen Tradition steht die SPD für eine demokratische Streitkultur, die Entkräftung von Verschwörungstheorien und politische Bildung im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Das erste Ziel muss es deshalb sein, die AfD inhaltlich und politisch zu stellen, damit sie nicht mehr in unsere Parlamente gewählt wird.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Bahr

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