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Ulrike Bahr
SPD
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Frage von Ulrike L. •

Könnten Sie meine vorhergehende Frage genauer beantworten: Bruch der Zusicherungen der damaligen SPD Justizministerin vor den Wahlen zur Impfpflicht - sollte das nicht Neuwahlen implizieren?

Liebe Frau Bahr,

ich danke Ihnen sehr für Ihre Zeit. Leider ist die von Ihnen beschriebene Verantwortung immer eine subjektiv empfundene Verantwortung - so wie Sie es denken, dass es richtig sei.

Es gibt aber auch objektive Verantwortung gegenüber dem Wähler: dass man sich bei solch wichtigen Menschenrechtsfragen an die Aussagen der eigenen Partei hält vor und nach den Wahlen. Nur dann kann der Wähler so votieren, dass sein Wählerwille auch berücksichtigt wird - gerade wenn es um seine Menschenrechte geht.
Da die zweite beschriebene Verantwortung allgemeingültiger ist, empfinde ich meine vorhergehende Frage von Ihnen leider nicht beantwortet. Könnten Sie hier einen zweiten Versuch starten? :)

"Ihre Unterschrift unter die Gesetzesvorlage Drucksache 20/899 zur Impfpflicht - Bruch der Zusicherungen der damaligen SPD Justizministerin vor den Wahlen - sollte das nicht Neuwahlen implizieren?"

Mit vielen Grüßen
Ulrike L.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau L.,

vielen Dank für Ihre erneute Zuschrift. Gerne nehme ich hierzu wie folgt Stellung:

Es liegt in der aktuellen Debatte kein Regierungsentwurf zur Impfpflicht vor. Die gestellten drei interfraktionellen Anträge stammen allesamt aus dem Parlament.

Grundrechte werden auch durch eine Impfpflicht nicht abgeschafft, sondern lediglich eingeschränkt. Ein geregeltes Zusammenleben in einer Gesellschaft erfordert oftmals eine Abwägung zwischen widerstreitenden Grundrechtspositionen. So ist auch das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit aus Art. 2 II S. 1 GG nach Art. Art. 2 II  S. 3 GG durch ein Parlamentsgesetz einschränkbar und gilt nicht absolut. Voraussetzung ist, dass eine Impfpflicht als staatlicher Eingriff als verhältnismäßig angesehen wird. Dies sehen viele Verfassungsrechtler:innen als gegeben an. (https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/corona-impfpflicht-debatte-pandemie-verfassungsrechtler-100.html; Stand: 09.03.2022) Denn im Artikel 2 des Grundgesetzes ist nicht nur das Recht auf körperliche Unversehrtheit, sondern auch das Recht auf Leben geregelt. Wenn mit einer Impfung das eigene Leben und das Leben anderer geschützt werden kann, dann kann diese Impfung nicht nur moralisch, sondern unter Umständen auch rechtlich geboten sein. Insofern wird selbstverständlich auch auf individuelle Risiken eingegangen. Wer sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann, wird von einer Impfpflicht befreit. Niemand wird durch polizeilichen Zwang geimpft werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Bahr, MdB

Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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