Die deutschen Staatsanwaltschaften bieten keine hinreichende Gewähr für Unabhängigkeit gegenüber der Exekutive! Warum wird dies nicht beendet? (Urt. EuGH v. 27.05.2019, Az. C-508/18)
Frau Bahr,
renomierte Rechtsexperten, stellen öffentlich in der Sendung Lanz den Ministern Faeser und Paus, faktenbelegt, ein Zeugnis aus, unseren Rechtsstaat zu beschädigen.
https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-24-juli-2024-100.html
Bitte beantworten Sie mir
1. Warum ist das BfV einer Politikerin weisungsgebunden, die öffentlich selbst in der Kritik steht, ggf. die Demokratie zu mißachten (Q:s.o.) ? Wie soll das in den Ländern gehen, wenn ggf. dort dann die AFD den Innenminister und Chef des Landes Verfassungsschutz einsetzt?
Warum untersteht das BfV nicht z.b.dem PkGr ?
2.Staatsanwälte in Deutschland unterstehen der Behörden- und Ministerialhierarchie. Damit sind sie an die Weisungen ihrer jeweiligen politischen Vorgesetzten gebunden. Dadurch sieht der EuGH keine Gewähr für die Unabhängigkeit der dt. Staatsanwaltschaften.
Wie wird verhindert, dass dadurch z.B. ein SPD Justizsenator in staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zur CumEx Affäre eingreifen kann?
Sehr geehrter Herr M.
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Genau aus den von Ihnen genannten Gründen braucht es eine wehrhafte Demokratie. Deswegen setzen wir uns als SPD-Bundestagsfraktion dafür ein, dass die Widerstandsfähigkeit des Rechtsstaates gefördert wird. Dieses Ziel verfolgen wir z.B. mit dem Demokratiefördergesetz. Bezüglich des Präsidenten des Verfassungsschutzes wäre es denkbar, diese Position mit einem „normalen Beamten“ zu besetzen. Derzeit sieht dieses Amt einen politischen Beamten vor, sodass dieser ohne Angabe von Gründen von seiner Dienstherrin, der Ministerin, in den einstweiligen Ruhestand versetzt und durch jemand ihrer Wahl ersetzt werden kann. In einigen Bundesländern ist diese Änderung bereits vorgenommen worden.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist bereits dem Parlamentarischen Kontrollgremium unterstellt. Das PKGr ist für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig und überwacht deshalb nicht nur den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst, sondern auch das Bundesamt für Verfassungsschutz.
Das von Ihnen angesprochene Verfahren vor dem EuGH vom 27. Mai 2019 bezog sich auf die Ausstellung eines europäischen Haftbefehls. Als Reaktion auf dieses Urteil wurde der sogenannte Richtervorbehalt eingeführt, sodass nun zur Sicherstellung der entsprechenden Unabhängigkeit, ein Richter den Haftbefehl unterschreiben muss.
Zusätzlich hat die Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag vereinbart, das externe ministerielle Einzelfallweisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften entsprechend den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs anzupassen.
In Deutschland muss jedes Handeln der Exekutive demokratisch legitimiert sein. Die Staatsanwaltschaften sind ein Teil der Exekutive. Es muss somit eine Rückkoppelung an demokratische Kräfte geben. Die ministeriale Weisungsbefugnis ist ein notwendiges Instrument der parlamentarischen Kontrolle, da nur so dem Minister die politische Verantwortung für die Handlungen der Beamten in seinem Ressort zugeschrieben werden kann. Aufgrund der politischen Ausgestaltung dieser Ämter hat der Wähler durch die Wahlen einen mittelbaren Einfluss auf die Besetzung der Minister.
Zudem hat das Bundesministerium der Justiz einen Entwurf zur Erhöhung der Transparenz von Weisungen gegenüber der Staatsanwaltschaft vorgelegt, den wir nun im parlamentarischen Verfahren beraten müssen. Auch wenn das Weisungsrecht in der Praxis sehr selten ausgeübt wird, muss es eine Beschränkung zur sinnvollen politischen Ausübung geben. Es soll eine Begründungs- und Dokumentationspflicht bei der Ausübung des Weisungsrechts eingeführt werden, wodurch die Transparenz erhöht wird. Zudem sieht der Entwurf vor, dass rein politisch motivierte Weisungen ohne Bezug zu dem Verfahren von Anfang an unzulässig sind. Wir als SPD-Bundestagsfraktion fordern zusätzlich eine Pflicht zu Einhaltung der Weisungskette und werden uns im parlamentarischen Verfahren dafür einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Bahr