Frage an Ulrike Bahr von Alfred S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Bahr,
voraussichtlich am 16.02. soll dem Kabinett der Referentenentwurf des BAMS iS "Scheinselbständigkeit" präsentiert werden.
Ich möchte Sie nun Frage wie ich meine bisherige Tätigkeit nun ausüben soll wenn dieses Gesetzt in Kraft tritt.
Ich arbeite seit 1992 selbständig im Bereich Softwareentwickling , zuerst dachte ich mit einer eigenen Firma und Mitarbeitern könnte ich mir eine Existenz aufbauen. Ich musste aber feststellen das ich hierfür nicht geeignet war. Was ich aber kann ist selbständig arbeiten und in Projekten arbeiten. Ich habe mich nun mühevoll als Freiberufler anerkennen lassen und bin nun seit 1999 als solcher unterwegs.
Inzwischen habe ich mir im Bereich Daten - Migrationsprojekten einen Namen gemacht und einen Kundenkreis aufgebaut. Ich kann im Moment sehr gut davon Leben das kann man schon daher erkennen das ich im Jahr ca. 30000 Euro Einkommenssteuer abführe.
Nun ist meine Tätigkeitsbereich in Gefahr da meine Projektarbeit, beim Kunden vor Ort geschieht. Da es Kundendaten sind die ich verarbeite , bin ich auch gezwungen mit dessen Infrastruktur zu arbeiten. Weiter bin ich auch darauf angewiesen mit den Fachbereichen Gesprächen zu führen. Dies hat auch zur Folge das ich an Regelmässigen Kundenmeetings teilnehmen muss um Informationen zu erhalten.
All diese Punkte sind nun im Gesetzt aufgeführt als Marker für eine Scheinselbständigkeit. Das bedeutet das meine Kunden mit mir als Freiberufler nicht mehr arbeiten können wenn Sie nicht Gefahr laufen wollen mit dem Gesetzt in Konflikt zu geraten. Das wahrscheinliche Endergebnis wird sein das meine Kunden Firmen aus dem Ausland beschäftigen werden. Denn einen Einstellung nur für eine Migrationsprojekt ist für Unternehmen nicht mehr sinnvoll.
Ich spreche hier auch nicht nur für mich allen , es gibt hunderte von IT Projekten die mit externen Firmen und Freiberuflern beim Kunden bearbeitet werden. All diese sind nun in Gefahr.
Wie sehen Sie diese Situation.
MfG Alfred
Sehr geehrter Herr Schäferling,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 14. Februar 2016, in der Sie sich wie Herr Müller am 08. Februar ebenfalls auf den Referentenentwurf „zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze“ (AÜG) mit Stand vom November 2015 beziehen.
Wie bereits in meiner Antwort an Herrn Müller beschrieben, wurde das übergeordnete Ziel dieses Gesetzesvorhabens - nämlich Leiharbeit und Werkverträge zu regulieren, um den Missbrauch zu beenden und das Umgehen von Arbeitsstandards zu verhindern - bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Dazu wird die Änderung bisheriger gesetzlicher Rahmenbedingungen erforderlich sein.
Der frühere Entwurf vom November 2015 sah dazu unter anderem sehr konkret formulierte Kriterien zur Definition eines Arbeitsvertrages vor. Im Nachgang eines weiteren Sozialpartnergespräches hat das Bundesarbeitsministerium die Regelung des § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nun mittlerweile überarbeitet und diese Kriterien herausgenommen. Ihren Hinweisen wurde damit Rechnung getragen. Die neue Lösung orientiert sich nun an den Vorschlägen von Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichtern.
Abgesehen davon möchte ich auch in dieser Antwort noch einmal ganz generell betonen: In der SPD-Bundestagsfraktion halten wir dieses Gesetzesvorhaben insgesamt für ein sehr wichtiges Projekt. Denn seit einigen Jahren benutzen Arbeitgeber Leiharbeit und Werkverträge vermehrt dazu, Belegschaften zu spalten und Lohndumping zu betreiben. Dadurch sind Beschäftigte zweiter und dritter Klasse entstanden. Sie verfügen über weniger Lohn, haben schlechtere Arbeitsbedingungen und weniger Rechte. Vor diesem Hintergrund sieht der Referentenentwurf zur Missbrauchsbekämpfung die Einfügung eines neuen § 611a im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zum Dienstvertrag vor. Eine gesetzliche Fixierung der Abgrenzung zwischen ordnungsgemäßen und missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz ist im BGB erforderlich, um das Arbeitsverhältnis zu definieren und damit den Arbeitsvertrag vom Werkvertrag abgrenzen zu können. Unser Ziel ist es, damit Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Das halte ich für richtig und wichtig.
Der derzeitige Stand ist aber nun so, dass wir hier über einen Referentenentwurf diskutieren, der noch nicht vom Kabinett beschlossen und damit dem Deutschen Bundestag auch noch nicht zugegangen ist. Leider stellt sich die Union derzeit gegen die klaren Vereinbarungen des Koalitionsvertrages, so dass die Eröffnung des parlamentarischen Verfahrens zeitlich weiterhin offen ist. Erst wenn der Entwurf nach dem Kabinettsbeschluss schließlich in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde, werden hier beispielsweise im Rahmen einer öffentlichen Anhörung weitere Detailfragen oder alternative Lösungsvorschläge mit Expertinnen und Experten diskutiert, bevor die abschließende Beratung sowie die Verabschiedung im Deutschen Bundestag folgen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre
Ulrike Bahr