Frage an Ulrike Bahr von Tobias M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Bahr,
Am 16.02.2016 soll der Referentenentwurf zu §611a BGB vom BMAS dem Kabinett vorgestellt werden.
Durch die Formulierung der potentiellen Bestimmungen ergeben sich erhebliche Einschränkungen für mich konkret als IT-Freelancer, die Unterschiede für Prozessberater, SAP-Berater, Interims Manager, Ingenieure u.ä. sind aber nicht allzu groß.
Wäre es mir mit der dort gewählten Formulierung nicht mehr möglich, viele Projekte anzunehmen, bzw. dies wäre nur über eine dritte Stelle in Form eines befristeten Angestelltenverhältnisses möglich.
Anstatt die Paragraphen im Einzelnen und selbst hier auseinanderzunehmen, verweise ich Sie auf
Dort findet sich eine detaillierte Aufstellung der Paragraphenformulierung und deren Auswirkungen auf den gängigen Projektmarkt.
Frage: Sollte dieser Entwurf so vorwärts gehen, würden Sie ihn so unterstützen, bzw. welche Änderungen sehen Sie als nötig und realistisch an?
Mit freundlichen Grüßen,
Tobias Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 08. Februar 2016 in Bezug auf einen Referentenentwurf „zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze“ (AÜG) vom November 2015. Dessen übergeordnetes Ziel, Leiharbeit und Werkverträge zu regulieren, um den Missbrauch zu beenden und das Umgehen von Arbeitsstandards zu verhindern, wurde bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. Dazu wird die Änderung bisheriger gesetzlicher Rahmenbedingungen erforderlich sein.
In Ihrer Nachricht bzw. über Ihre Verlinkung kritisieren Sie insbesondere die in einem früheren Referentenentwurf vom November 2015 formulierten Kriterien zur Definition eines Arbeitsvertrages. Im Nachgang eines weiteren Sozialpartnergespräches hat das Bundesarbeitsministerium die Regelung des § 611a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nun mittlerweile überarbeitet und diese Kriterien herausgenommen. Ihrem Anliegen wurde damit Rechnung getragen. Die neue Lösung orientiert sich an den Vorschlägen von Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichtern.
In der SPD-Bundestagsfraktion halten wir dieses Gesetzesvorhaben insgesamt für ein sehr wichtiges Projekt. Denn seit einigen Jahren benutzen Arbeitgeber Leiharbeit und Werkverträge vermehrt auch dazu, Belegschaften zu spalten und Lohndumping zu betreiben. Dadurch sind Beschäftigte zweiter und dritter Klasse entstanden. Sie verfügen über weniger Lohn, haben schlechtere Arbeitsbedingungen und weniger Rechte. Vor diesem Hintergrund sieht der Referentenentwurf zur Missbrauchsbekämpfung die Einfügung eines neuen § 611a im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zum Dienstvertrag vor. Eine gesetzliche Fixierung der Abgrenzung zwischen ordnungsgemäßen und missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz ist im BGB erforderlich, um das Arbeitsverhältnis zu definieren und damit den Arbeitsvertrag vom Werkvertrag abgrenzen zu können. Damit schaffen wir mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Das halte ich für richtig und wichtig.
Grundsätzlich möchte ich Ihnen abschließend noch mitteilen, dass wir auf dieser Basis aktuell über einen Referentenentwurf diskutieren, der noch nicht vom Kabinett beschlossen und damit dem Deutschen Bundestag auch noch nicht übermittelt wurde. Leider stellt sich die Union derzeit gegen die klaren Vereinbarungen des Koalitionsvertrages, so dass die Eröffnung des parlamentarischen Verfahrens weiterhin zeitlich offen ist. Erst wenn der Entwurf nach dem Kabinettsbeschluss in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde, werden hier beispielsweise im Rahmen einer öffentlichen Anhörung weitere Detailfragen oder alternative Lösungsvorschläge mit Expertinnen und Experten diskutiert, bevor die abschließende Beratung und die Verabschiedung im Deutschen Bundestag folgen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Ulrike Bahr