Frage an Ulrich Lange von Armin B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Lange,
ich hätte Fragen an Sie bezüglich der geplanten Privatisierung von Autobahnen, Schulen und anderem Gemeineigentum.
Die Unionsfraktion plant eine Grundgesetzänderung noch in dieser Legislaturperiode.
Es sollen öffentlich-private Partnerschaften im größeren Umfang ermöglicht werden.
Unter anderem sollen Autobahnen weiter privatisiert werden. Zum jetztigen Zeitpunkt ist dies schon mit einigen Autobahnteilstücken passiert und die privaten Betreiber bekommen auf diesen Teilstücken die LKW-Maut. Daß dies ein äußerst schlechtes Geschäft für den Bund ist, wurde bereits vom Rechnungshof gerügt. Genauso ist die Einziehung der LKW-Maut über das Unternehmen Toll-Colect (Daimler-Benz und Telekom) ein sehr schlechtes Geschäft für den Bund, denn diese Firma behält ein Drittel der Einnahmen für sich.
Ich sehe die Gefahr, daß durch weitere Privatisierung von Gemeineigentum so für finanzkräftige Unternehmen die Möglichkeit geschaffen wird, sich auf Kosten der Allgemeinheit zu berreichern.
Ich fordere deshalb, daß eine Autobahnprivatisierung ausdrücklich ausgeschlossen wird. Dazu sollte die folgende Formulierung in den Art. 90 Grundgesetz aufgenommen werden: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen."
Außerdem fordere ich, daß sich bei Ausgliederung von einer Autobahngesellschaft aus dem Bundesvermögen, sich die neue Gesellschaft nicht zu überhöhten Zinsen verschulden kann. Dazu bietet sich folgende Grundgesetzformulierung an: „Die Bundesrepublik Deutschland haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft." Damit würden überhöhte Zinsen ausgeschlossen, weil der Bund für mögliche Schulden bürgt und so die Zinsen niedrig hält.
Zudem möchte ich Wissen, wie es mit den Mitarbeitern der Autobahndierektionen im Falle einer Privatisierung weitergehen sollte.
Bitte nehmen Sie Stellung zu den aufgeworfenen Themen und teilen Sie mir mit welcher Standpunkt Sie dazu haben.
Mit freundlichen Grüßen
A. Böck
Sehr geehrter Herr Böck,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Infrastrukturgesellschaft, die ich gerne beantworten möchte.
Als Mobilitäts- und Exportnation kann Deutschland nur mit einem flächendeckend gut ausgebauten Verkehrsnetz wettbewerbsfähig bleiben. In den letzten Jahren haben wir uns daher darauf konzentriert, den massiven Sanierungs- und Investitionsstau in der Straßeninfrastruktur zu lösen. Mit einem historischen Investitionshochlauf sorgen wir für die nötigen Finanzmittel. Bis 2018 steigen die Investitionen in unsere Infrastrukturen auf rd. 14 Mrd. Euro. p.a. Eine unserer vordringlichsten Aufgaben ist es, die vorhandenen Investitionsmittel in die Erhaltung sowie den Neu- und Ausbau von Bundesautobahnen schnellstens verkehrswirksam einzusetzen.
Mit der nun beschlossenen Reform werden die Bundesautobahnen in unmittelbare Bundesverwaltung übernommen. Dabei steht die Einrichtung der Infrastrukturgesellschaft im Zentrum der Modernisierung. Mit der Bündelung von Finanzierung, Planung, Bau und Betrieb des Autobahnnetzes in einer Hand beim Bund wird dafür gesorgt, dass Bundesautobahnen nach bundesweit einheitlichen Vorgaben zur Qualität und Verfügbarkeit gebaut, erhalten und betrieben werden. Es ist dabei sichergestellt, dass die neue Infrastrukturgesellschaft vollständig im Eigentum des Bundes verbleibt, in der Rechtsform einer GmbH. Sowohl im Grundgesetz als auch in den Begleitgesetzen ist festgehalten, dass sich Dritte an der Gesellschaft und ihren Tochtergesellschaften nicht beteiligen können, auch nicht mittelbar.
Um der Gesellschaft das erforderliche Maß an unternehmerischer Flexibilität zu ermöglichen, haben wir gesetzliche Regelungen zum flexiblen Mitteleinsatz und zur Aufnahme von zinslosen Liquiditätshilfen aus dem Bundeshaushalt aufgenommen. Öffentlich-Private Partnerschaften auf einzelnen Streckenabschnitten bleiben weiterhin möglich. Dieser Beschaffungsvariante wird allerdings durch den Ausschluss von sogenannten „Netz-ÖPP“ im Grundgesetz ein Rahmen gesetzt.
Gleichzeitig wurden Regelungen getroffen, um das Parlament bei der Gründung der Gesellschaft eng einzubinden und ihm weitreichende Informations- und Kontrollrechte zu gewähren. Dies geschieht u.a. durch die parlamentarische Zustimmungspflicht zum Gesellschaftsvertrag sowie zum fünfjährigen Finanz- und Realisierungsplan. Die Kontrolle der Gesellschaft wird durch Vertreter des Bundestags im Aufsichtsrat sowie einem Auskunftsrecht des für die Beteiligungsführung zuständigen Gremiums des Deutschen Bundestags sichergestellt. Der Bundesrechnungshof erhält zudem weitrechende Kontrollrechte bei der Gesellschaft und seinen Tochtergesellschaften.
Die zu gründende Gesellschaft wird effiziente Strukturen erhalten. Ihr wird die Möglichkeit, bedarfsgerecht bis zu 10 regionale Tochtergesellschaften einzurichten eingeräumt. Bestehende Organisationsstrukturen sollen am jeweiligen Standort erhalten bleiben. Dabei ist uns insbesondere wichtig, den Betriebsdienst mit den vorhandenen Autobahnmeistereien zu erhalten. Die Interessen der Beschäftigten haben wir durch umfassende Regelungen gewahrt. Für einen sukzessiven Übergang wurde im Begleitgesetz eine Übergangsregelung geschaffen, durch die bereits ab 2020 die Aufgaben zur Verwaltung der Autobahnen an den Bund übergeben werden können. Ferner soll die Gesellschaft in 2018 zügig gegründet und durch sie die künftigen Strukturen aufgebaut werden.
Mit der nun eingeleiteten Reform der Auftragsverwaltung erreichen wir unser in der Koalitionsvereinbarung getroffenes Ziel. Die Reform wird zusammen mit der Administration und den Beschäftigten zu einer nachhaltigen Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur beitragen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Lange