Frage an Ulrich Lange von Anna-Sophie B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lange,
warum unterstützt die Bundesregierung den Export von Kampfpanzern nach Saudi-Arabien? Dieses Land wirkt doch offensichtlich aktiv an Menschenrechtsverletzungen mit, wie man an den blutigen Niederschlagungen der Demokratiebewegung in Bahrain durch saudi-arabisches Militär sehen konnte. Ich verstehe nicht, wie dies mit den Grundwerten eines freiheitlichen und demokratischen Landes wie Deutschland vereinbar ist.
Mit freundlichen Grüßen
Anna-Sophie Braun
Sehr geehrte Frau Braun,
für Ihr Schreiben vom 22. Mai 2012 danke ich Ihnen.
Mir sind die Presseberichte über eine angebliche rüstungsexportkontrollpolitische Entscheidung des Bundessicherheitsrats zur Ausfuhr von 200 Panzern Leopard nach Saudi-Arabien bekannt. Beim Bundessicherheitsrat handelt es sich um einen Kabinettsausschuss, der unter Vorsitz der Bundeskanzlerin tagt. Ihm gehören die Bundesminister des Auswärtigen, der Finanzen, des Inneren, der Justiz, der Verteidigung, für Wirtschaft und Technologie sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an. Tagesordnung und Entscheidungen des Bundessicherheitsrats unterliegen der Geheimhaltung. Daher liegen auch mir hierzu keine näheren Erkenntnisse vor. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung gegenüber dem Bundestag erklärt hat, dass ihr ein entsprechender Ausfuhrantrag nicht vorliegt.
Darüber hinaus hat die Bundesregierung in allgemeiner Form zu Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien Stellung genommen und dabei betont, dass sie über Rüstungsexporte im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen entscheidet. Grundlage hierfür sind die "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" aus dem Jahr 2000 und der "Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern". Nach diesen Grundsätzen kommt der Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland eine besondere Bedeutung zu. Saudi-Arabien ist ein stabilisierender Faktor in der Region und wichtiger Partner der Bundesrepublik Deutschland. Im Rahmen ihrer bilateralen Beziehungen mit Saudi-Arabien setzt sich die Bundesregierung für die Einhaltung von demokratischen Werten und Menschenrechten ein. Die Bundesregierung und die EU thematisieren Menschenrechtsfragen in Saudi-Arabien regelmäßig gegenüber der saudischen Regierung. Die EU hat mit Saudi-Arabien bereits im März 2009 den Menschenrechtsdialog aufgenommen.
Um bei Exportanträgen die Konsequenzen der beantragten Ausfuhren für die Achtung der Menschenrechte durch das Endbestimmungsland bewerten zu können, beobachtet die Bundesregierung die Menschenrechtslage - auch in Saudi-Arabien - sehr sorgfältig.
Mit freundlichen Grüßen
MdB Ulrich Lange