Frage an Tobias Lindner von Carsten H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter H. Dr. Lindner,
ich beziehe mich in meiner Frage auf das Bewachungsgewerbe weil ich das aus eigener Erfahrung sehr gut kenne. Die Problematik jedoch geht durch viele Branchen in ähnlicher Form.
Wir haben in Deutschland verschiedene Behörden, die für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer zuständig sind. Die Gewerbeaufsichtsämter, der Zoll, die Staatsanwaltschaften und vielleicht auch noch ein paar mehr. Doch es ist mir unverständlich warum diese Behörden, vorneweg die Gewerbeaufsichtsämter, ihre Arbeit nicht oder zumindest nicht umfassend erfüllen. Ist das politisch gewollt?
Es ist im Bewachungsgewerbe seit Jahrzehnten üblich das die maximale Wochenarbeitszeit und auch die Tagesarbeitszeit in weit mehr als der Hälfte der Betriebe nicht eingehalten wird. Auch Pausen, wie der Gesetzgeber sie vorschreibt, sind eine Seltenheit. Und obwohl viele Veröffentlichungen und Anzeigen dies seit langen immer wieder anprangern wird von Staatsseite nichts unternommen.
Im Gegenteil. Der einzelne Arbeitnehmer, der sich Hilfe suchend an die Behörde wendet riskiert eine zulässige Kündigung wegen "Störung des Vertrauensverhältnisses" obwohl der Arbeitgeber der Verursacher ist.
Haben nicht die Gewerbeaufsichtsämter wegen Ihrer Aufgabenstellung eine gewisse Fürsorgepflicht dem Arbeitnehmer gegenüber? Und wird nicht automatisch dagegen verstoßen wenn diese Behörde wissend um das Problem immer wieder auf eine Arbeitsplatzgefährdende Anzeige verweist bevor Sie tätig werden will (Ausgang dabei ungewiss - aus eigener Erfahrung).
Auch sind Massive Arbeitszeitverstöße, die systematisch erfolgen, eine Straftat und aus meiner Sicht ist dann auch der Staatsanwalt gefordert, aber auch hier ist mir kein Fall bekannt in dem diese Behörde tätig wurde.
Und zu guter Letzt wird durch die massive Ausnutzung der Arbeitnehmer zum Wohle einiger weniger, die "soziale" Marktwirtschaft in Deutschland immer mehr abgeschafft.
- Wann tut der Staat endlich was -
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
meine Fraktion und ich halten es für keinen tragbaren Zustand, wenn die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer ungenügend kontrolliert werden. Im Gegenteil.
Für eher kontraproduktiv für eine effektive Kontrolle halte ich, wie Sie auch, die Aufteilung der Prüfkompetenzen zwischen verschiedenen Institutionen, die zudem auf unterschiedlichen staatlichen Ebenen angesiedelt sind. Eine Ursache ist die Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen, der das Grundgesetz zugrundeliegt.
Auch das Problem einer notwendigen Individualklage im Arbeitsrecht sehe ich durchaus. Es liegt in der Natur des Arbeitsrechts, welches zum Privatrecht gehört, dass die Geschädigten vor Gericht ziehen und ihren Arbeitgeber verklagen müssen, um zu ihrem Recht zu kommen. Das ist oft problematisch, wenn die Konsequenz für viele, die klagen, die Kündigung und die anschließende Arbeitslosigkeit ist. Wir setzen uns daher dafür ein, dass es Verbänden und Gewerkschaften erleichtert wird anstelle der Betroffenen zu klagen.
Für Arbeitnehmer, die gesetzliche Verstöße melden und abstellen wollen, gibt es nur die Möglichkeit einer anonyme Anzeige bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Diese Behörde kann dann eine Prüfung in dem betreffenden Betrieb durchführen.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Lindner