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Thomas Jarzombek
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Frage von Jan Phillip W. •

Frage an Thomas Jarzombek von Jan Phillip W.

Sehr geehrter Herr Jarzombek,

wie stehen Sie zu der morgigen Abstimmung bezgl. der Privatisierung von Autobahnen? Ich hoffe Sie werden nicht für die Grundgesetzänderung stimmen. Eine Privatisierung wäre eine immense Fehlentscheidung mit langfristigen Folgen. Für eine Abstimmung mit "Ja" Ihrerseits, werde ich leider in Zukunft bedauerlicherweise davon absehen müssen, Sie in Zukunft zu wählen.

Mit freundlichen Grüßen
Jan P. Wolters

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Sehr geehrter Herr Wolters,

um es gleich vorweg zu sagen: Ich habe für die Änderungen des Grundgesetzes und somit auch für die Schaffung einer Infrastrukturgesellschaft gestimmt.

Ich möchte Ihnen auch gerne die Gründe für meine Entscheidung darlegen:

Erstens, bisher waren die jeweiligen Bundesländer für die Planungen und den Bau von Infrastrukturprojekten verantwortlich. Die Auftragsverwaltungen der Länder haben jedoch nicht gut funktioniert, Nordrhein-Westfalen ist dafür das beste Beispiel. Die rot-grüne Regierung hatte die Planungen für Infrastrukturprojekte nicht vorangetrieben und somit auf viel Geld vom Bund verzichtet. Durch die Schaffung der Infrastrukturgesellschaft kann der Bund nun sicherstellen, dass bereitgestellte Gelder auch wirklich für den Ausbau unserer Infrastruktur eingesetzt werden. Die Untätigkeit einiger Bundesländer hat diesen Schritt notwendig gemacht.

Zweitens, die Bündelung von Kompetenzen in einer Gesellschaft führt zu deutlichen Effizienzgewinnen. Eine zentrale Gesellschaft, die für Planung, Bau, Betrieb, Erhalt und Finanzierung von Projekten verantwortlich ist, agiert reibungsloser und effizienter als wenn die Aufgaben von vielen verschiedenen Straßenbauverwaltungen in den jeweiligen Bundesländern wahrgenommen werden.

Drittens, die von Ihnen kritisierte Privatisierung der Autobahnen haben wir in den Gesetzesänderungen explizit ausgeschlossen. So haben wir festgeschrieben, dass sowohl die Infrastrukturgesellschaft als auch deren Töchtergesellschaften zu 100 Prozent in staatlicher Hand bleiben. Hinzu kommt, dass wir die parlamentarische Kontrolle über die Infrastrukturgesellschaft auch in Zukunft gesichert haben. So werden Mitglieder der Bundestagsausschüsse Haushalt und Verkehr im Aufsichtsrat der Gesellschaft vertreten sein. Gleichzeitig müssen die Ausschüsse dem Gesellschaftsvertrag und jedweder Änderung zustimmen. Darüber hinaus müssen der Haushalts- und Verkehrsausschuss auch dem Finanzierungs- und Realisierungsplan, den die Gesellschaft alle fünf Jahre vorlegen muss, zustimmen. Die Kontrolle und Entscheidungsgewalt des Parlamentes sind damit auch zukünftig gegeben.

Viertens, der Hauptkritikpunkt betrifft zumeist die öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP), da diese durch die Gesetzesänderungen nicht ausgeschlossen werden. Dabei muss man wissen, dass schon seit rund zehn Jahren Infrastrukturprojekte mit Hilfe von ÖPP realisiert werden. Ohne ÖPP wären viele Projekte überhaupt gar nicht machbar gewesen. Außerdem bedeutet ÖPP keine vollständige Privatisierung. Bei jedem Projekt wird ein Vertrag zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem privaten Auftragnehmer geschlossen, der Konditionen für das Privatunternehmen beinhaltet. So muss z.B. die ÖPP-Variante immer mindestens genauso wirtschaftlich sein wie die konventionelle Beschaffungsvariante. Diese gesetzliche Regelung führt zwangsläufig dazu, dass unwirtschaftliche ÖPP-Projekte gar nicht erst ausgeführt werden. Hinzu kommt, dass ÖPP-Auftragnehmer nicht – wie sonst üblich – nach Ablauf der fünfjährigen Gewährleistungsfrist aus der Haftung entlassen sind. Dadurch wird sichergestellt, dass der Auftragnehmer sein technisches Knowhow schon in der Planung so einsetzt, dass langfristig eine hohe Qualität des Straßenzustands erreicht wird.

Sowohl der Bundesrechnungshof als auch die Gewerkschaft Verdi, die sich beide anfangs sehr kritisch zu den ersten Gesetzentwürfen geäußert haben, zeigten sich im Nachhinein zufrieden mit den beschlossenen Gesetzesänderungen. Und selbst von einigen Abgeordneten aus der Opposition haben wir Zustimmung zu unseren Änderungen erhalten. So gab es bei der Abstimmung im Plenum 87 Gegenstimmen, obwohl Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zusammen auf 127 Abgeordnete im Bundestag kommen. Dies ist ein klares Indiz dafür, dass wir doch einen für alle Seiten guten Kompromiss erzielt haben.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mein Stimmverhalten hinreichend begründen. Für Rückfragen können Sie mich gerne auch direkt unter thomas.jarzombek@bundestag.de erreichen.

Mit den besten Grüßen
Thomas Jarzombek

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