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Thomas Jarzombek
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Frage von Cornelia T. •

Frage an Thomas Jarzombek von Cornelia T. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag Herr Jarzombek,

Sie haben vor einigen Monaten in der Abstimmung "Ablehnung von Schiedsgerichten bei TTIP und CETA" gegen den Antrag gestimmt und sich somit für die Schiedsgerichte ausgesprochen.

In diesem Artikel können Sie lesen, wie es anderen Ländern geht, die bereits solche Vereinbarungen geschlossen haben: https://amerika21.de/2015/11/136361/oxy-urteil-gegen-ecuador

Wie soll es dann bei uns aussehen? Alle Macht den Konzernen?

Und was ich mich schon lange frage, warum gibt es eigentlich keine Möglichkeit der Kündigung einer solchen Vereinbarung?

Ich erwarte nicht unbedingt eine Antwort. Mir würde es schon reichen, wenn Sie sich mit dem Artikel und den möglichen Gefahren auseinandersetzen. Vielleicht bewirkt es ja doch etwas.

Beste Grüße
Cornelia Triebe

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Triebe,

vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch.de.

Investitionen sind ein Motor für Wachstum und Beschäftigung. Sie leisten einen zentralen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung der Eurozone und damit zur Sicherung der sozialen Standards in Europa. Schon heute ist die EU zugleich das größte Ziel ausländischer Direktinvestitionen und größter Direktinvestor weltweit. Die EU hat somit ein elementares Interesse, weiterhin Anreize für internationale Investitionen zu schaffen, diese zu schützen sowie im Ausland tätige Investoren aus der EU zu unterstützen. Dem dient seit vielen Jahren der Abschluss von Investitionsschutzabkommen.

Investitionsschutz garantiert den Unternehmen, dass ihre Investitionen im Ausland gerecht und gleichberechtigt mit den Investitionen der nationalen Unternehmen behandelt werden. Dies schafft Rechtssicherheit und Berechenbarkeit, gerade auch für kleinere und mittelständische Unternehmen, die sich keine eigene Rechtsabteilung in einem fremden Land leisten können. Investitionsschutzabkommen garantieren, dass Länder weltweit für ausländische Direktinvestitionen attraktiv sind. Denn eine der größten Gefahren für Investoren in einem fremden Land besteht in indirekten Enteignungen (z.B. Nicht-Anerkennung von Patenten, Verbote von Finanztransfers ins Heimatland, intransparente Vergabeverfahren). Deutschland selbst hat Investitionsschutzregeln vor 50 Jahren erfunden und bereits mit rund 130 Staaten sogenannte Investitionsförderungs- und –schutzverträge abgeschlossen, darunter auch mit anderen EU-Mitgliedern.

Investor-Staats-Schiedsverfahren sind Teil der Verhandlungen über spezielle Investitionsschutzvorschriften im Rahmen von TTIP. Es ist die Position der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dass Regelungen zum Schutz des Allgemeinwohls, die rechtsstaatlich und demokratisch begründet sind, nicht unterwandert werden dürfen. Nur Investitionen, die im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen des Gaststaats stehen, sind durch Investitionsschutzverträge geschützt. Nicht diskriminierende Vorschriften zum Umwelt-, Verbraucher- oder Arbeitnehmerschutz können kein Klagerecht von Unternehmen begründen.
TTIP bietet eine Chance zur Verbesserung des Investitionsschutzrechts, die wir ergreifen sollten. So werden verschiedene Modernisierungsvorschläge diskutiert, u.a. klarere Regeln für die Zusammensetzung und Funktionsweise der Schiedsgerichte, die Qualifikation und Unabhängigkeit der Richter, das Verhältnis zum nationalen Rechtsweg und die Frage von Revisionsmöglichkeiten.

Auch das Freihandelsabkommen CETA enthält Regelungen zum Investitionsschutz und zum Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren. CETA räumt nur solchen Investitionen Schutz ein, die unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Anlagelandes getätigt wurden, in Deutschland also im Einklang mit deutschen Recht und EU-Recht stehen. Außerdem enthält CETA eine Regelung, wonach nicht-diskriminierende staatliche Maßnahmen im öffentlichen Interesse, wie beispielsweise im Bereich des Umwelt- und Gesundheitsschutzes, keine entschädigungspflichtige indirekte Enteignung darstellen. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn die betreffenden Maßnahmen manifest unverhältnismäßig sind. Dann wären sie aber bereits nach deutschem Verfassungsrecht rechtswidrig, so dass CETA insoweit keine zusätzlichen Ansprüche für Investoren schafft. Ein Rechtsgutachten des Max-Planck-Instituts für das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt, dass der durch CETA gewährte Schutz ausländischer Investoren deutlich hinter dem Investitionsschutz des Grundgesetzes zurück bleibt. Mit anderen Worten: Das deutsche Verfassungsrecht bietet für ausländische Investoren bereits heute einen wesentlich stärkeren Schutz gegen staatliche Maßnahmen als CETA. Der im Grundgesetz verankerte gesetzgeberische Spielraum zum Schutz öffentlicher Interessen (z.B. nationale Sicherheit, Umwelt, Gesundheit etc.) wird durch CETA nicht tangiert. Wir erwarten, dass die bei TTIP auch der Fall sein wird.

In den EU-Leitlinien für die Verhandlungen über die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft heißt es: „Was den Investitionsschutz anbelangt, so sollte mit den diesbezüglichen Bestimmungen des Abkommens das Ziel verfolgt werden, das Recht der EU und der Mitgliedstaaten unberührt zu lassen, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die Maßnahmen zu ergreifen und durchzusetzen, die erforderlich sind, um legitime Gemeinwohlziele wie soziale, umwelt- und sicherheitspolitische Ziele, das Ziel der Stabilität des Finanzsystems sowie das Ziel der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit in nichtdiskriminierender Weise zu verfolgen. […]Der Mechanismus für die Streitbeilegung zwischen Investor und Staat sollte Schutz vor offensichtlich ungerechtfertigten oder leichtfertigen Klagen beinhalten.“

Ich hoffe, damit einige Ihrer Fragen beantwortet zu haben. Bei weiteren Anmerkungen freue ich mich über eine Rückmeldung an thomas.jarzombek@bundestag.de

Mit den besten Grüßen
Thomas Jarzombek

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