Frage an Thomas Jarzombek von Sebastian R. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Jarzombek,
wegen der hohen Stickstoffdioxid (NO2)-Emissionen hat die EU-Kommission am 18. Juni 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Wie Ihnen wahrscheinlich bekannt ist, werden in Düsseldorf an mehreren Standorten die Grenzwerte für NO2 seit Jahren deutlich überschritten. Selbst nach Beschluss von Luftreinhalteplänen liegt der Wert mit 61 μg/m3 in 2014 im Durchschnitt ca. 50% über dem Grenzwert von 40 μg/m3 an der Corneliusstr., wo aktuell Spitzenwerte von deutlich über 100 μg/m3 erreicht werden. Wie Ihnen sicherlich auch bekannt ist, verursacht die hohe NO2-Belastung Atemwegs- und Herzbeschwerden, insbes. bei Kindern und Senioren, und verkürzt die Lebenserwartung, wie von Studien belegt. Vor dem Hintergrund, dass viele Pendler in Düsseldorf einpendeln, viele mit dem Auto, bei denen Dieselanteil von 15% Anfang 2000 bis auf 40% gestiegen ist (Neuwagen-Dieselanteil ca. 50%) und der Verkehr ein Hauptverursacher von Emissionen ist, würde mich interessieren, was Sie auf Bundesebene unternehmen wollen, bzw. welche Politik Sie unterstützen, um das NO2-Problem in Griff zu bekommen. Besonders aktuell wird meine Fragestellung durch die VW-Abgas-Affäre, bei denen Diesel-Neuwagen durch Manipulation deutlich höhere NO2-Emissionen und Verbrauchswerte aufweisen, als bei offiziellen Test ausgewiesen wurde (dies gilt wahrscheinlich nicht nur für VW). Neben der Fragestellung, welche Maßnahmen Sie zur NO2-Reduktion unternehmen wollen, würde mich interessieren, ob Sie eine Verringerung des Dieselprivilegs (wie von der EU gefordert) befürworten, um Anreize für Diesel-PKWs zu verringern & die NO2-Belastung und Rußbelastung durch Dieselfahrzeuge einzudämmen. Im Gegenzug könnten m.E. die Steuer auf Benzin etwas gesenkt werden, bzw. kann dies über einen längeren Zeitraum stufenweise stattfinden und weiterhin spritsparenden Modelle wie Benzin-Hybride gefördert werden, um den Durchschnittsverbrauch nicht zu erhöhen. Mfg SR
Sehr geehrter Herr Rose,
vielen Dank für Ihr Schreiben bezüglich der Abgasemissionen von PKW.
Die Belastung durch Stickstoffdioxid (NO2) in der Düsseldorfer Innenstadt ist alarmierend. Die Bundesregierung hat in Zusammenarbeit mit den Verkehrsministerien der Länder zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, die eine dauerhafte Reduzierung der NO2-Belastung in Aussicht stellen.
Dabei handelt es sich vor allem um ein wirksames Kontrollverfahren der Realemissionen von Dieselfahrzeugen. Außerdem führt das Kraftfahrtbundesamt im Zuge des Volkswagen-Abgasskandals zahlreiche Untersuchungen deutscher und ausländischer Fahrzeugtypen durch, um real existierende Verstöße gegen die bestehenden Bestimmungen aufzudecken. Diese Kontrollen finden im Übrigen sowohl „auf der Rolle“, d.h. auf dem Prüfstand, als auch im Realverkehr statt.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt derzeit auch die EU-Kommission in Ihrem 2. Verordnungspaket zur Kontrolle von Realemissionen (RDE=Real Driving Emissions) von PKW und leichten Nutzfahrzeugen. Im Oktober 2015 hat die Kommission den Vorschlag für eine Verordnung veröffentlich, wonach die RDE-Tests für neue Fahrzeugtypen ab dem 1. September 2017 verpflichtend werden sollen.
Des Weiteren wird auf europäischer Ebene daran gearbeitet, dass bei zukünftigen Zulassungen von neuen Fahrzeugtypen die Software der Fahrzeuge den zuständigen Kontrollbehörden offengelegt werden muss. Eine solche Pflicht gibt es bisher nicht.
Durch diese Maßnahmen müssen sich die Fahrzeughersteller in Zukunft mit den real ausgestoßenen Schadstoffen an den geltenden Richtwerten messen lassen. Durch das Nachrüsten der Fahrzeuge ist daher von einer deutlich geringeren NO2-Belastung auszugehen.
Bis zum Abschluss der genannten Neuerungen in den Prüf- und Zulassungsverfahren gilt: Nach einer Studie des Umweltbundesamtes (TREMOD) wird der Stickstoffausstoß von 1990 bis 2030 um ca. 90 Prozent sinken. Schon heute liegen Dieselmotoren mit der Einführung der EURO-6-Norm bezüglich des Ausstoßes von NO2 gleichauf mit Ottomotoren. Wenn alle Fahrzeuge die EURO-6-Norm ausnahmslos erfüllen würden, hätten wir kein Feinstaubproblem in den Innenstädten. Seit der Einführung der EURO-3-Norm konnte der Ausstoß bereits um 84% reduziert werden. Da diese Einschätzung aus dem Jahr 2012 stammt, ist davon auszugehen, dass sich mit den angesprochenen neuen Verfahren eine weitere Verbesserung der NO2-Werte erwarten lässt.
Der Kraftstoff Diesel ist äußerst effizient und führt gerade bei Neuwagen zu einer Einsparung von CO2. Wenn wir also den CO2-Ausstoß weiter senken wollen, müssen wir an der Dieseltechnologie festhalten. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch im Angesicht der hohen Stickstoffdioxidwerte in den Innenstädten ein berechtigtes Anliegen, die Besteuerung des Diesels der Höhe der Benzinbesteuerung anzupassen. Der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat jedoch erst kürzlich seine Ablehnung gegenüber einer solchen Anpassung deutlich gemacht. Meines Erachtens könnte man über eine Abschaffung des so genannten Dieselprivilegs ergebnisoffen diskutieren.
Darüber hinaus gibt es aber noch ganz andere Maßnahmen, die sich auf eine Verringerung der Stickstoffdioxidbelastung positiv auswirken könnten. Neben einer Förderung der Elektromobilität zählt hierzu vor allem die Vernetzung der Straßeninfrastruktur mit den Fahrzeugen. Wenn man die Ampelanlagen so intelligent schalten würde, dass Autofahrer in einer „Grünen Welle“ durch die Stadt gleiten und man den Verkehrsfluss insgesamt besser steuern könnte, würde die Feinstaubbelastung in den Innenstädten spürbar zurückgehen.
Mit den besten Grüßen
Thomas Jarzombek