Frage an Thomas Jarzombek von Frank R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Jarzombek,
auch ich habe mit Interesse Ihre Rede zu TOP 23 der Sitzung des Deutschen Bundestages am 26.10.2012 zur Situation contergangeschädigter Menschen gelesen.
In Ihrer Antwort an Andreas Brand schreiben Sie erneut, dass der Antrag der Linken unseriös und nicht realisierbar wäre (wie Sie es bei Ihrer Rede ebenfalls schon taten).
Deshalb hier einige Fragen an Sie, auf die ich mir klare und konkrete Antworten erhoffe:
Wann erhalten die Opfer endlich die Entschädigung und Entschuldigung die ihnen zusteht? - Warum soll der Antrag der Linken nicht realisierbar sein (ich denke sehr wohl!)? - Wann erhalten die Opfer endlich eine Conterganrente nach europäischem Standard (in England gibt es z.B. die 3-fache Rente)? - Wann erhalten die Opfer endlich Hilfe bei Umbauten (die von Ihnen so gepriesene Parkplakette bringt mir z.B. herzlich wenig, wenn ich mir den Umbau meines Autos nicht leisten kann)? - Wann erhalten die Opfer endlich den Ausgleich dafür, dass sie nicht oder nur teilweise in die Rentenkasse einzahlen konnten, da sie nicht oder nur wenige Jahre arbeiten konnten? - Wann erhalten die Opfer endlich die Assistenz die sie benötigen? - Und wann beleuchtet die Politik endlich die Hintergründe des Conterganverbrechens? - Oder beabsichtigen Sie lediglich uns so zu helfen, dass es möglichst nichts kostet und unsere Anträge bei den Sozialkassen in schöner Regelmäßigkeit weiterhin abgelehnt werden? - Weshalb fehlt Ihnen der Mut sich so konkret zu äußern wie es Herr Seifert von den LINKEN und Herr Kurt Kurth von den GRÜNEN getan haben? Denn die Beiden sprechen auch ganz klar von dem Unrecht welches uns Betroffenen zugefügt wurde und dass uns dafür eine Entschädigung zusteht. Teilen Sie diese Meinung nicht? Wollen Sie Hilfen an uns Betroffene also lediglich auf den „Bedarf“ reduzieren? - Worum geht es Ihnen hier? Um echtes helfen oder lediglich darum Geld zu sparen?
Mit Interesse warte ich auf Ihre Antworten.
Mit Freundlichen Grüßen
Frank Rawiel
Sehr geehrter Herr Rawiel,
Sie haben mich sowohl über abgeordnetenwatch als auch über die Bundestagswebsite kontaktiert. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, werde ich meine Antwort zusammenfassen in dieser Nachricht.
Den Contergan-Skandal und die damit einhergehenden dramatischen Veränderungen im Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen können nicht mehr rückgängig gemacht werden. Auch kann die Firma Grünenthal rechtlich zu keinen weiteren Zahlungen verpflichtet werden, nachdem nach jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen im Dezember 1971 zwischen der Firma und den Betroffenen ein Vergleich geschlossen und die Conterganstiftung errichtet wurde, in die Firma Grünenthal damals 100 Mio. DM plus Zinsen einzahlte.
Als sich 50 Jahre nach dem Conterganskandal die 1971 offenbar nicht absehbaren Spätfolgen der Schädigung zeigen, hat die Politik gehandelt: Im Jahre 2008 wurden die beiden Conterganstiftungsgesetze mit einer Zustiftung der Firma Grünenthal in Höhe von 50 Mio. Euro, mit deren Hilfe jährliche Sonderzahlungen für die Betroffenen geleistet werden können. Jetzt gilt es weitere Rahmenbedingungen zu schaffen, die Ihnen und anderen Betroffenen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
In der Diskussion um den akuten Handlungsbedarf, der sich aus dem Zwischenbericht der Längsschnittstudie des Gerontologischen Instituts der Universität Heidelberg ergibt, geht es der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in erster Linie darum, zu handeln und zu helfen.
Die Fraktion Die Linke stellt in ihrem Antrag aber Forderungen auf, die die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht mittragen kann. Es wird beispielsweise gefordert, die Rechtsaufsicht der Conterganstiftung an das Ministerium für Arbeit und Soziales zu übertragen. Die Conterganstiftung hat sich aber in der jetzigen Form bewährt, neue Strukturen durch eine Übertragung aufbauen zu müssen, wäre aus unserer Sicht ineffektiv, da vorhandene Ressourcen und Erfahrungen wegbrechen würden.
Des Weiteren fordert die Linksfraktion von der Firma Grünenthal die Abgabe von 30 Prozent ihres Jahresumsatzes zugunsten der Stiftung. Aus den oben genannten Gründen ist das eine rein populistische, aber keine zu realisierende Forderung, die bei den Menschen lediglich falsche Hoffnungen weckt.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion strebt dagegen einen interfraktionellen Antrag mit realistischen Forderungen an.
Ich kann nur noch einmal um Vertrauen werben, dass wir nach intensiven Gesprächen einen gemeinsamen Vorschlag vorlegen werden.
In Ihren Schreiben bitten Sie auch um Informationen zur öffentlichen Anhörung. Diese soll Anfang 2013 stattfinden. In der Anhörung wollen wir Fragen zu den Endergebnissen der Studie klären. Jede Fraktion hat die Möglichkeit, Personen zu benennen, die dann befragt werden. Die genaue Anzahl der Sachverständigen steht allerdings noch nicht fest. Das wird von allen Fraktionen in einem gemeinsamen Gespräch beschlossen. Grundsätzlich sollte aber die Gruppengröße so gewählt sein, dass ein Dialog möglich ist.
Bei einer öffentlichen Anhörung sind Gäste jederzeit willkommen. Dazu können Sie sich – nachdem der Termin für die Anhörung beschlossen wird - gern beim Ausschusssekretariat des Familienausschusses anmelden. Sie erreichen das Sekretariat unter 030 227 37474 oder online unter familienausschuss@bundestag.de. Unter Angabe Ihres Namens und Geburtsdatums werden Sie in die Anmeldeliste aufgenommen.
Sollten Sie noch weitere Anmerkungen haben, freue ich mich auf eine Rückmeldung.
Mit den besten Grüßen,
Thomas Jarzombek