Frage an Thomas Jarzombek von stefan p. bezüglich Wirtschaft
Guten Tag,Herr Jarzombek
können Sie mit gutem Gewissen die Politik Ihrer Kanzlerin unterstützen,nachdem
150 seriöse Wirtschaftswissenschaftler vor den Verträgen von Brüssel vom letztem
Wochenende gewarnt haben?
Haben Sie keine Angst vor Nationalen Gruppierungendieses Thema aufgreifen?
(Und ich meine nicht die dumpfen Rechts-Idioten sondern Intelligente Politiker-zB
ein Lafontain der Rechten!)
Ich bin der Meinung ,daß es eine Frechheit ist eine Bannanenrepublick wie Griechen-
land oder Italien mit Deutschen Steuergeldern zu untzerstützen und hätte ich ein
halbwegs vernüftige Alternative zu den jetzt im Bundestag vertretenen Parteien würde
ich die wählen.
Es geht um meine Existens!
mfG
Stefan Pohle 52
Sehr geehrter Herr Pohle,
vielen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch.
Sie haben auf den Appell von 170 Ökonomen zum Ergebnis des Euro-Gipfels vom 29. Juni 2012 Bezug genommen. Dieser Protestaufruf ist nicht unwidersprochen geblieben. Zahlreiche ebenso namhafte Ökonomen haben öffentlich dagegen argumentiert (vgl. z.B. http://www.handelsblatt.com/politik/international/gegenposition-im-wortlaut-keine-schreckgespenster/6846830.html ). Dies zeigt, dass auch in der Wissenschaft Streit über den richtigen Kurs bei der Euro-Rettung besteht. Es gibt sowohl Unterstützer als auch Gegner der Linie, die die Bundesregierung eingeschlagen hat. Es ist ein äußerst kompliziertes und kontroverses Thema.
Fakt ist: Eine Bankenunion ist auf dem Euro-Gipfel am 29. Juni 2012 nicht beschlossen worden. Es ist daher falsch und irreführend, die Gipfelergebnisse in den Zusammenhang mit der Diskussion um eine Bankenunion zu stellen. Geradezu unverantwortlich ist, dass der Eindruck erweckt wird, auf dem Gipfel sei eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken der Euro-Zone zu Lasten der Steuerzahler, Rentner und Sparer vereinbart worden. Ein zentrales Ergebnis des Gipfels ist, dass ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebiets unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank eingerichtet werden soll. Erst dann könnte in einem weiteren Schritt der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM die Möglichkeit erhalten, Banken in Ausnahmefällen und unter strikten Auflagen direkt zu rekapitalisieren. Dies ist sowohl für den temporären Rettungsschirm EFSF als auch für den ESM vertraglich derzeit nicht vorgesehen. Hilfsgelder können derzeit grundsätzlich nur an Mitgliedstaaten gezahlt werden. Eine Anpassung des Instrumentariums des ESM bedürfte also einer Anpassung der rechtlichen Grundlagen, der auch der Deutsche Bundestag vorher zustimmen müsste.
Die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat auf dem Gipfel richtigerweise keinerlei Zugeständnisse zu einer europäischen Einlagensicherung gemacht, genauso wenig wurden Schritte in Richtung gemeinsamer europäischer Anleihen beschlossen. Die Koalition hat sich immer für eine starke und effiziente Aufsicht über die Finanzmärkte und Finanzmarktteilnehmer eingesetzt. Dazu gehört, dass Banken in Schieflage möglichst schnell auch grenzüberschreitend abgewickelt werden können. Diesem Ziel dient der europäische Aufsichtsmechanismus.
In der Koalition haben wir immer wieder betont, dass wir es in der Krise schaffen müssen, der vergemeinschafteten Geldpolitik eine besser koordinierte Finanz-, Finanzmarkt- und Wirtschaftspolitik zur Seite zu stellen, um die Architektur der Währungsunion zu vervollständigen und zu einer echten Stabilitätsunion zu kommen. Dazu zählt - neben Fiskalvertrag, ESM, Europäischem Semester und weiteren auf den Weg gebrachten Maßnahmen - auch ein einheitlicher und belastbarer Rahmen für die europäischen Banken. Die Staats- und Regierungschefs haben sich hierzu am 29. Juni 2012 auf einen Fahrplan verständigt und die Finanzminister der Eurozone für ihr Treffen am 9. Juli 2012 mit weiteren Konkretisierungen beauftragt. Wir brauchen eine Mindestvereinheitlichung im europäischen Bankenrecht, eine durchgreifende europäische Bankenaufsicht und klare Regeln zur Restrukturierung notleidender Banken, die von der europäischen Bankenaufsicht auch durchgesetzt werden können. Die europäische Bankenaufsicht muss dafür mit Kompetenzen ausgestattet werden, die über die von der 2011 geschaffenen europäischen Behörde EBA übernommene koordinierende Funktion für die nationalen Bankenaufsichten hinausgehen.
Die Staatsschuldenkrise im Euroraum hat sich zu einer handfesten Krise des Vertrauens in die Architektur der europäischen Währungsunion entwickelt. Wir haben auch koalitions- und fraktionsintern immer gewissenhaft um den richtigen Weg gerungen. Es gibt nicht den einen Befreiungsschlag, der die Krise von einem Moment auf den anderen beendet. Für Europa und für Deutschland geht es um sehr viel. Ein Auseinanderbrechen des Euro könnte uns nicht nur politisch und gesellschaftlich, sondern auch wirtschaftlich um viele Jahre zurückwerfen. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem Sondergutachten vom 6. Juli 2012 noch einmal betont, welche gewaltigen volkswirtschaftlichen Risiken für ein international stark verflochtenes Land wie Deutschland mit einem unkontrollierten Auseinanderbrechen der Eurozone verbunden wären.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Jarzombek