Frage an Thomas Jarzombek von Rainer R. bezüglich Verkehr
Fragen zu den Wasserstraßen der Bundesrepublik Deutschland
Sehr geehrter Herr Jarzombek,
in den letzten Monaten habe ich in den Medien unterschiedliche Verlautbarungen zu einer anstehenden Priorisierung der Bundeswasserstraßen und einer damit verbundenen Neuor-ganisation der zuständigen Verwaltung beobachtet. Da es das Ziel der Bundesregierung ist, einen möglichst breiten gesellschaftlichen und politischen Konsens bei der Neuausrichtung der Wasserstraßenorganisation herzustellen, möchte ich Sie bitten, mir die nachstehenden Fragen für meine sachliche und politische Bewertung zu beantworten.
1.
Wie hoch ist die jetzige Vergabequote der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und um wie viel soll durch die jetzt angedachte Reform die Quote in welchen Bereichen gesteigert werden?
2.
Wie und wann soll die als richtige und zukunftsweisende Kategorisierung der Wasserstraßen auf die Straßen und Schiene angewendet werden?
3.
Warum werden bei der Wasserstraßenklassifizierung entweder die Transportleistung (Gütertonnen) oder nur die wassertouristische Werte für sich allein gewertet, obwohl die Kombination aus beiden zu einem wirtschaftlicheren Ergebnis führen könnten (z.B. Mittelweser)?
In Anbetracht der Vorbereitung eines Wasserstraßenausbaugesetzes möchte ich Sie bitten mir Ihre persönliche Meinung mitzuteilen, damit für mich deutlich wird, wie Ihre Bewertung des Sachverhaltes ist.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Rebeschke
Sehr geehrter Herr Rebeschke,
ich danke Ihnen für Ihre Fragen über Abgeordnetenwatch zur Priorisierung der Bundeswasserstraßen. Gerne teile ich Ihnen mit, wie sich die Sachlage nach meiner Kenntnis darstellt.
Zu Ihrer ersten Frage: Das Vergabevolumen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) betrug im Jahre 2011 ca. 950 Mio. Euro. Bereinigt um die im Haushaltsjahr 2011 noch wirksamen Spitzen der Konjunkturpakete liegt die durchschnittliche Vergabequote der WSV bei rund 45 Prozent. Ziel der laufenden WSV-Reform ist nicht die Steigerung der Vergabequote, sondern die Konzentration der Ressourcen (Personal- und Sachmittel) auf Wasserstraßen mit hoher Verkehrsfunktion. Dies wird möglicherweise regionale und qualitative Verschiebungen der Vergaben zur Folge haben. Die Detailuntersuchungen hierzu dauern momentan noch an.
Zur zweiten Frage: Die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vorgelegte Kategorisierung der Binnenwasserstraßen wird aktuell von einem unabhängigen Gutachter im Auftrag des Bundes, der Bundesländer und des Bundesverbandes der öffentlichen Binnenhäfen überprüft. Ergebnisse werden Mitte März 2012 vorliegen. Im Rahmen des neuen Bundesverkehrswegeplanes, für den derzeit die ersten Vorbereitungen beginnen, werden selbstverständlich auch bei den anderen Verkehrsträgern Priorisierungen vorgenommen.
Zur dritten Frage: Die Netzkategorie dient als zusätzliches Priorisierungskriterium - neben der sowieso erforderlichen Wirtschaftlichkeitsberechnung - im Wesentlichen dem zielgerichteteren Einsatz der knappen Investitionsmittel. Im Gegensatz zum Güterverkehr begründet die wassertouristische Nutzung allein im Regelfall aber keinen Ausbaubedarf bei der Wasserstraßeninfrastruktur.
Ich hoffe, diese Auskünfte helfen Ihnen bei der Bewertung der Situation weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Jarzombek