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Thomas Jarzombek
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Frage von Karl Ulrich M. •

Frage an Thomas Jarzombek von Karl Ulrich M. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Jarzombek,

im Verkehrsausschuss sind Sie ganz sicher auch mit dem Projekt "Stuttgart 21" befasst, das nach dem Willen unserer Regierung von allen Steuerzahlern - also auch von uns Bürgern aus NRW - mitfinanziert werden soll.

Nun veröffentlichte http://www.stern.de/politik/deutschland/interne-dokumente-zu-stuttgart-21-bahn-verschwieg-kosten-fuer-s21-1626945.html einen Bericht, wonach es bei der Bahn AG ein Konzept "Betriebliche Aufgabenstellung zur Umsetzung der Konzeption Netz 21" – kurz "BAST" gibt, das bereits 2002 Kosten für S21 in Höhe von 4,2 Mrd. EUR veranschlagt, in etwa das Doppelte dessen, was seinerzeit veröffentlicht wurde. Erste Frage: War Ihnen und Ihren Kollegen im Verkehrsausschuss diese Zahl bekannt?

Die Bahn hat auf die Veröffentlichung mit der Aussage reagiert, hier habe es sich um einen Schreibfehler gehandelt; es seien noch Werte in DM fälschlicherweise als EUR bezeichnet worden.

Zweite Frage: Wie werden Sie und andere Abgeordnete darauf reagieren? Wenn die Aussage der Bahn stimmt, dann ist ja offensichtlich innerhalb von 8 Jahren niemandem aufgefallen, dass sich die offenbar in DM veranschlagten Kosten plötzlich 2002 verdoppelten und nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, nach der Währungsumstellung halbierten. Können Sie sich vorstellen, dass uns Bürgern ob solcher Nachlässigkeiten oder ggf. ob solch dreister Ausreden die Haare zu Berge stehen?

Dritte Frage: Es wird im Zusammenhang mit S21 stets auf den langen Planungszeitraum von 15 Jahren verwiesen, und dass sich aufgrund dessen natürlich die ursprünglichen Kostenberechnungen nicht aufrecht erhalten ließen. Wie kommt es aber, dass die von Herrn Grube im Vergleich zu 2003 genannten Kosten von 2,5 Mrd. EUR auf 4,1 Mrd. EUR im Juli 2010 = 64% stiegen ? Hier geht es ja nur um einen Zeitraum von 7 Jahren. Auffällig ist auch, dass die aktuelle Zahl nahezu identisch ist mit der angeblich falschen Zahl aus 2002. Hat das Sie und andere Kollegen im Verkehrsausschuss nicht stutzig gemacht?

Mit freundlichem Gruß
K.U.Müller

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Sehr geehrter Herr Müller,

ich danke Ihnen für Ihre Fragen hier bei Abgeordnetenwatch.

Das in Ihrer ersten Frage erwähnte Konzept aus dem Jahre 2002 war mir nicht bekannt. Allerdings muss ich Sie darauf hinweisen, dass ich erst am 27. September 2009 in den Deutschen Bundestag gewählt worden bin. Dementsprechend habe ich mich auch erst seit diesem Zeitpunkt mit der Thematik befasst. Zum Kenntnisstand meiner Kolleginnen und Kollegen, die teils schon länger Mitglied im Verkehrsausschuss sind, kann ich mich hingegen nicht äußern.

Die Richtigstellung seitens der Bahn habe ich – ebenso wie andere Abgeordnete meiner Fraktion – zur Kenntnis genommen. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Kosten für das Projekt in den letzten Jahren auf Basis der jeweiligen Planungsstände immer offen kommuniziert wurden. Bei der Verwechslung der Währungsangabe handelt es sich um einen redaktionellen Fehler im Zusammenhang mit der Währungsumstellung von DM auf Euro im Jahr 2002. So ist die vermeintliche Enthüllung in der Tat nichts mehr als die Entdeckung eines Schreibfehlers. Ich bedaure diesen Schreibfehler und halte die Stellungnahme der Bahn keinesfalls für eine „dreiste Ausrede“.

Beim von Ihnen genannten Zeitraum von 2003 bis heute handelte es sich um einen sehr planungsintensiven Zeitraum. Es ist nichts ungewöhnliches, dass die allgemeine Preissteigerung, die Umsetzung von Vorgaben aus den Planfeststellungsverfahren sowie neue Vorschriften wie etwa zur Tunnelsicherheit, aber auch die im Vergleich zu den Machbarkeitsstudien sehr viel genauere Planung zu Preissteigerungen eines Projekts führen. Stuttgart 21 ist hinsichtlich des Planungszeitraums im Übrigen mit anderen großen Bahnprojekten in Deutschland vergleichbar. Es ist schlicht falsch, dass etwaige Preissteigerungen jetzt „plötzlich“ ans Tageslicht kommen. Die Projektpartner haben deshalb in den Finanzierungsverträgen eine Finanzierung des Projekts bis 4,5 Milliarden Euro sichergestellt. Bei Stuttgart 21 bleibt daher ein Risikopuffer von ca. 400 Millionen Euro.

Gestatten sie mir in diesem Zusammenhang als Bundestagsabgeordneter aus Nordrhein-Westfalen eine Stellungnahme zu dem Vorwurf, das Projekt Stuttgart 21 würde der Verwirklichung anderer Schienenprojekte in Deutschland – etwa in Nordrhein-Westfalen – entgegenstehen. Stuttgart 21 ist im Gegensatz zur Neubaustrecke Wendlingen - Ulm kein Bedarfsplanvorhaben des Bundes. Es handelt sich prinzipiell um ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG. Der Bund beteiligt sich deshalb bei Stuttgart 21 mit sog. „Als-Ob-Kosten“. Es handelt sich um jenen Betrag, der ohne die Realisierung von Stuttgart 21 für die Neubaustrecke Stuttgart–Wendlingen–Ulm (bei deren Bau es sich um eine Bundesaufgabe handelt, dass der Bund zu 100% finanzieren muss) angefallen wäre. Weitere Bundesmittel fallen für vermiedene Ersatzinvestitionen in das Bestandsnetz an; zudem erhält die Deutsche Bahn AG Investitionsmittel für Verbesserungen im Regionalverkehrsnetz aus dem GVFG-Bundesprogramm. Der Kostenanteil des Bundes an Stuttgart 21 ist bei 1,23 Mrd. Euro gedeckelt, weitere Kosten hat der bundesdeutsche Steuerzahler nicht zu tragen. Die restlichen 2,87 Mrd. Euro für Stuttgart 21 werden von der Deutschen Bahn, dem Land Baden-Württemberg, der Stadt Stuttgart, dem Verband Region Stuttgart und der Flughafen Stuttgart GmbH getragen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Jarzombek

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