Frage an Thomas Jarzombek von Karl-Heinz K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Jarzombeck,
was gedenken Sie zu tun, angesichts der Tatsache, dass laut aktuellen Erhebungen von Transparency International Deutschland nach wie vor in der Korruptionsliste im westeuropäischen Mittelfeld steht? Setzen Sie sich aktiv für eine Änderung des Korruptionsstrafrechts-auch in Betreff auf Abgeordnete ein? Für eine Antwort Ihrerseits Dank im Voraus
Mit freundlichem Gruß
gez. Karl-Heinz Kühn
Sehr geehrter Herr Kühn,
für Ihre Nachricht über abgeordnetenwatch.de danke ich Ihnen.
Erlauben Sie mir anfangs auf einige Fakten bezüglich des Stands der Korruptionsbekämpfung im Allgemeinen in Deutschland hinzuweisen. Schon nach heutigem Recht ist eine Sanktionierung korrupter Firmen durch eine Verbandsgeldbuße möglich. Sie sollte in geeigneten Fällen konsequent genutzt werden (§§ 30, 130 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten).
Überlegungen zur Verschärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung sind noch nicht abgeschlossen. CDU und CSU wollen einen Weg finden, der es ermöglicht, die Funktionsfähigkeit des Parlamentes zu erhalten. Missbrauchsmöglichkeiten strafrechtlicher Instrumentarien für politische Zwecke darf es nicht geben (z. B. massenhafter Anstoß unbegründeter Ermittlungsverfahren in demagogischer Absicht).
CDU und CSU haben die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Einsatz von außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigten (externen Personen) in der Bundesverwaltung“ durchgesetzt. Diese Vorschrift regelt u.a. eine halbjährliche Berichtspflicht über den Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung an den Haushalts- und an den Innenausschuss fest.
Eine Dokumentationspflicht für jede vermeintlich unmittelbare oder mittelbare Beeinflussung von Vorlagen der Exekutive durch Lobbyisten lehnen CDU und CSU ab. Eine solche Verpflichtung würde zu einem unübersehbaren Verwaltungsaufwand führen. Jedes Zusammentreffen mit Externen müsste dann von der Verwaltung vorsorglich dokumentiert werden. Praxistauglicht wäre dies nicht.
Im Übrigen führt bereits seit 1972 der Präsident des Deutschen Bundestages eine öffentliche Liste, in der Verbände eingetragen werden können, die Interessen gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung vertreten. Die Eintragung in die Liste ist Voraussetzung für eine Anhörung ihrer Vertreter und die Ausstellung von Hausausweisen. Die Liste wird auf der Internetseite des Bundestages und im Bundesanzeiger veröffentlicht. Derzeit sind über 2000 Verbände registriert.
Das Herantragen von Interessen an Abgeordnete - in ihren Wahlkreisen wie am Sitz des Bundestages - gehört zu unserer parlamentarischen Demokratie. Deshalb engagiert sich eine Vielfalt von Beteiligten in unterschiedlicher Weise an den politischen Entscheidungsprozessen: Fraktionen und Koalitionskreise, Parlament und Fachausschüsse, öffentliche Anhörungen, Beiräte, Sachverständige sowie unterschiedlichste – auch gegensätzliche – Interessenvertreter bis hin zum Bundesrat und dem Vermittlungsausschuss. Sie verhindern die Durchsetzung einseitiger Interessen zu Lasten des Gemeinwohls und tragen zur Transparenz von parlamentarischen Entscheidungen bei.
Grundsätzlich teile ich Ihre Bedenken und setze mich für die Korruptionsbekämpfung in Deutschland ein. Jedoch darf ein Korruptionsstrafrecht nicht dazu führen, dass parlamentarische und politische Prozesse blockiert werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen und wünsche Ihnen für die kommenden Weihnachtsfeiertage alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Jarzombek