Sind Sie bereit, mit weiteren Abgeordneten ein Verfahren der abstrakten Normenkontrolle gegen § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG einzuleiten?
Sehr geehrter Herr Heilmann,
herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Erfolg beim BVerfG.
Sie kennen vermutlich die Verlustrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG für Termingeschäfte. Es ist unzweifelhaft, dass die Regelung gegen Art. 3 Abs 1 GG verstösst. Sie führt zu Steuern auf Verluste oder Steuersätzen > 100%.
Beispiel:
Gewinne: 100.000 Euro
Verluste: 120.000 Euro
Steuer: 20.000 Euro
Den ähnl. § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG (Aktien) hat der BFH 2020 dem BVerfG vorgelegt, wegen eines Verstosses gegen Art. 3 Abs 1 GG. Spätestens da war klar, dass Satz 5 auch verfassungswidrig ist.
Mit dem ZuFinG sollten o.g. 2 Sätze aufgehoben werden, das Kanzleramt strich es.
Ein Viertel der Mitglieder des Bundestages hat gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG die Möglichkeit, ein offensichtlich verfassungswidriges Gesetz dem BVerfG vorzulegen.
Sind Sie nach Ihrem großen Erfolg bereit, nun auch den so stark verfassungswidrigen § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG zu kippen?
MfG
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für Ihre Frage. Durch das auch von Ihnen angesprochene Verfahren zum Gebäudeenergiegesetz und danach zum Klimaschutzgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht und längeren Krankheitsfällen in meinem Team sind einige Fragen auf Abgeordnetenwatch leider in unserer Bearbeitung nach hinten gerutscht. Ich bitte um Entschuldigung.
Trotzdem möchte ich Ihnen hier noch eine Antwort zukommen lassen.
Sicherlich: es ist möglich, dass das Bundesverfassungsgericht bei Zustimmung von einem Viertel der Bundestagsabgeordneten über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes entscheidet, allerdings ist das ein enorm komplexer Weg, das Gesetz zu reformieren. Zwar hat die CDU/CSU-Fraktion einen Stimmanteil von etwas über 26% im Deutschen Bundestag, es ist allerdings enorm unwahrscheinlich, dass einem solchen Antrag alle Mitglieder der Fraktion dem Antrag beitreten würden - danach ist immer noch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts alles andere als sicher. Denn die Frage ist verfassungsrechtlich und auch in unserer Fraktion umstritten und ich habe mich nicht gründlich damit befasst. Meine Spezialgebiete sind Staatsmodernisierung sowie Klima und Energie, was mich mehr als auslastet.
Insofern besteht gegenwärtig keine Aussicht, ein Verfahren der abstrakten Normenkontrolle gegen § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG einzuleiten. Nach meinem Wissen sind allerdings bereits Klagen gegen diesen Satz EStG erhoben, die schlussendlich die Frage in Karlsruhe vorlegen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Heilmann