Thomas Heilmann lächelt in Nahaufnahme, der Hintergrund ist verschwommen.
Thomas Heilmann
CDU
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Frage von Michael T. •

Sehr geehrter Herr Heilmann, wie ist Ihre Position zum Antrag von Bundestagsabgeordneten zum Verbotsverfahren gegen die AfD? Befürworten Sie ein Verbotsverfahren?

Thomas Heilmann lächelt in Nahaufnahme, der Hintergrund ist verschwommen.
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr T.,

seit der fraktionsübergreifenden Initiative von über 100 Abgeordenten, die einen Gruppenantrag mit dem Ziel der Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD ausgearbeitet und in den Deutschen Bundestag eingebracht haben, ist die Debatte über ein Verbotsverfahren gegen die AfD wieder aufgeflammt.

Auch mich erreichten in den letzten Monaten immer wieder E-Mails, mit der Bitte, mich für ein Verbot der AfD im Allgemeinen einzusetzen, aber auch im Spezifischen den Verbotsantrag, an dem auch einige meiner Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion beteiligt sind, zu unterstützen. Auch auf dieser Plattform wurde mir die Frage bereits Anfang vergangenen Jahres gestellt. Daher werde ich mich an dieser Stelle in Teilen wiederholen.

Die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag hat in ihrer Sitzung vom 15. Oktober haben ausführlich und durchaus auch mit sehr unterschiedlichen Aspekten über den anvisierten Gruppenantrag diskutiert. Dabei haben auch die Antragstellenden Mitglieder der Fraktion die Rechtslage sowie den politischen Kontext fundiert und ausführlich abgewogen. Die Fraktion kam zu dem Schluss, dass sie eine Beteiligung an einem Gruppenantrag zur Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD ablehnt. Sie sieht in der gegenwärtigen Rechtslage und mit den momentanen Mitteln keine ausreichende juristische Grundlage für ein erfolgreiches Verbotsverfahren und halten den Versuch eines Verbotes für politisch kontraproduktiv.

Gerne möchte ich Ihnen die Position der CDU/CSU Fraktion erläutern. Folgende Gründe waren ausschlaggebend:

  • Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzungen für ein Parteiverbot sind hoch. Nach unserer Ansicht hat die AfD diese Voraussetzungen (noch) nicht erfüllt - auch wenn die Bundespartei bereits als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt wird, kann man nicht davon ausgehen, dass die Verfassungsschutzämter schon über genug Beweismaterial für ein erfolgreiches Verfahren verfügen.
  • Weiterhin muss vor Einleitung eines Verbotsverfahren ,,absolute Staatsfreiheit” hergestellt werden: der Verbotsantrag darf sich nicht auf Beweismaterial stützen, dessen Entstehung (teilweise) auf das Wirken von V-Leuten zurückzuführen ist. Eine solche Garantie können nur die Landes- bzw. Bundesregierung nach Rücksprache mit den Verfassungsschutzämtern geben, nicht jedoch die Bundestagsabgeordneten, die jetzt den Antrag stellen wollen
  • In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bisher 4 Parteiverbotsverfahren, zwei davon resultierten in einem Parteiverbot. Selbst in diesem Erfolgsfall dauerten die Verfahren jedoch nie kürzer als 4 Jahre. Die AfD könnte sich also (mindestens!) für die nächste Bundestagswahl in die ,,Opfer-Rolle” der angeklagten Partei begeben. Dazu kann ein Verbotsverfahren auch scheitern - dann hätte die AfD die Bestätigung, verfassungskonform zu sein. Das hält die Fraktion für ein hohes Risiko und für politisch kontraproduktiv.

Abschließend ist anzumerken, dass die Zustimmung zu Positionen der AfD nicht mit einem Verbotsantrag auflöst. Es würden sich also schnell Auffangorganisationen oder neue Parteien gründen, welche den Wählerinnen und Wählern eine neue, ebenfalls rechtsextreme politische Heimat bieten. Somit braucht es Ursachen- statt Symptombekämpfung: Die politische und inhaltliche Auseinandersetzung ist der geeignete Weg, um die AfD zu stellen. Die langfristige Lösung liegt in der Bewältigung politischer und gesellschaftlicher Probleme.

Trotzdem kann ein Verbot, wenn richtig ausgestaltet und auf den Weg gebracht, rechte Organisationen und Parteien entschieden schwächen oder sogar zersplittern. Alle Gremien, von denen die AfD Teil ist, könnten zumindest vorerst wieder effizient und ungestört arbeiten. Daher erörtere ich mit einigen meiner Fraktionskollegen gerade mehrere Optionen, wie ein AfD Verbotsantrag gestellt werden kann, der Verfassungsrechtlich ohne große Zweifel Bestand haben wird und der die oben genannten Probleme umgeht. Denn die Verfahren zum Parteiverbot der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass es antragsberechtigten Verfassungsorganen nur mit außerordentlichen Anstrengungen möglich ist, eigenständig einen hinreichend substantiierten Antrag vorzubereiten. Auch die eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppen sahen sich, nicht zuletzt aufgrund unzureichender Verfahrens- und Rechtsgrundlagen, erheblichen Schwierigkeiten gegenüber. Insbesondere die Sammlung von Beweismitteln sowie die Koordination der beteiligten Behörden stellten wiederholt erhebliche Herausforderungen dar, die das Verfahren verzögerten und erschwerten.

Wir überlegen daher, die Vorbereitung eines Parteiverbotsverfahrens durch eine Änderung des § 43 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes künftig dem Generalbundesanwalt zu übertragen, welcher hierfür unabhängig gestellt wird und auf die umfassenden Verfahrensmittel einer vollwertigen Ermittlungsbehörde zurückgreifen kann. Dadurch soll die Entscheidungsfindung über das Vorliegen der Antragsvoraussetzungen von einer politischen auf eine fachliche Ebene verlagert und den antragsberechtigten Verfassungsorganen eine fundierte Entscheidungsgrundlage bereitgestellt werden. Ob dies realistisch - angesichts der bald anstehenden Neuwahlen - noch in dieser Legislaturperiode entschieden werden kann, ist allerdings zweifelhaft. Ich bin allerdings sicher, dass das Thema auch in der neuen Legislatur auf der Tagesordnung bleiben wird. 

 

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position verständlich machen und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Thomas Heilmann

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