Hallo Herr Heilmann, warum haben Sie für das Infektionsschutzgesetz und Grundrechtseinschraenkungen gestimmt, obwohl Sie wissen, dass dies nicht Grundgesetzkonform ist.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage, in der Sie sich mit den Änderungen des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG) auseinandersetzen. Mit den insgesamt vier Gesetzen zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite hat der Gesetzgeber notwendige Anpassungen des IfSG vorgenommen, um auf das dynamische Pandemiegeschehen angemessen reagieren zu können. Allen vier Gesetzen habe ich zugestimmt, gerne führe ich aus warum.
Das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung aus dem März 2020 diente der Sicherstellung schneller und länderübergreifender Krisenreaktionsmaßnahmen durch eine zeitlich befristete Verordnungsermächtigung, insbesondere für das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nach der Feststellung einer nationalen Epidemie durch das Parlament. Das IfSG dient zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten und wird von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Den Gefahren einer Pandemie kann jedoch effektiv nur bundeseinheitlich begegnet werden. Aus diesem Grund sollte das BMG durch das Gesetz in die Lage versetzt werden, schnelle und bundesweite Maßnahmen ergreifen zu können. Teil des Gesetzes waren ebenfalls umfangreiche Hilfspakete für die Bereiche Gesundheit und Arbeit und Soziales, um die negativen Folgen der Corona-Pandemie für Beschäftigte und das Gesundheitswesen abzumildern. Mit dem Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung aus dem Mai 2020 wurden Regelungen zur weiteren Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie getroffen. Beschlossen wurden unter anderem mehr Kurzarbeitergeld, eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes sowie Sonderreglungen beim Elterngeld.
Im November 2020 hat sich das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz angeschlossen, welches die Einführung des § 28a IfSG beinhaltete. Das IfSG in seiner seit langem und bis dahin geltenden Form gestattete unter anderem der Bundesregierung und den Landesregierungen notwendige Schutzmaßnahmen auch durch Rechtsverordnungen auf den Weg zu bringen, um die Verbreitung und Übertragung von Krankheiten einzudämmen. Das Dritte Gesetz zum Bevölkerungsschutz änderte daran nur insoweit etwas, als strengere Voraussetzungen insbesondere für alle Landesregierungen geschaffen wurden, bevor sie Grundrechtseinschränkungen vornehmen dürfen. Mit der Einführung des § 28a IfSG wurden die bestehenden Rechtsgrundlagen durch eine Grundentscheidung des Gesetzgebers im Hinblick auf Erforderlichkeit, Reichweite und Intensität möglicher Schutzmaßnahmen ergänzt und präzisiert. Während der dritten Welle im April 2021 wurde mit dem Vierten Bevölkerungsschutzgesetz unter anderem eine bundeseinheitliche Notbremse geschaffen.
Im Zusammenhang mit den Änderungen des IfSG sprechen Sie von Grundrechtseinschränkungen, die nicht grundgesetzkonform seien. Einschränkungen von Grundrechten wurden auf Grundlage des IfSG in Form von Rechtsverordnungen durch Bund und Länder vorgenommen. Grundrechtseinschränkungen sind immer dann verfassungsgemäß, wenn ihnen eine Rechtsgrundlage zugrunde liegt und sie verhältnismäßig sind. Mithin galt es, mit jeder getroffenen Maßnahme die Einschränkung der Grundrechte mit dem Schutz von Leib und Leben und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems in Einklang zu bringen. Bei dieser Abwägung haben bei den getroffenen Maßnahmen der Schutz von Leib und Leben und die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems überwogen. Einzelne unverhältnismäßige Maßnahmen, wie beispielsweise das Verbot von Tagesausflügen über Ostern durch die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern wurden durch ein Gericht gekippt. Diese Kontrolle der Regierungsmaßnahmen durch die Judikative fand während der gesamten Pandemie statt.
Anders als Sie schreiben sind die Maßnahmen grundgesetzkonform, wie das Bundesverfassungsgericht nun auch in einer einstimmigen Entscheidung festgestellt hat. Die bedauerliche Entwicklung der Pandemie in den letzten Wochen zeigt, wie wichtig es war und heute noch ist, die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen zum Schutz unserer Krankenhausversorgung und damit auch zum Schutz von Ihnen und Ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu beschließen.
Bleiben Sie weiterhin gesund!
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Heilmann