Frage an Thomas Heilmann von Dr. Lienhard W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Lieber Thomas Heilmann,
nachdem jetzt die Groko ihren Klimapakt vorgestellt hat, bin ich schockiert. Denn dieses Abkommen wird der Krise nicht gerecht. Vielmehr ist es der übliche kleinste gemeinschaftlich Nenner, der zur Routine des Politikbetriebes gehört. Der umfassenden globalen Bedrohung unserer Lebensgrundlagen wird dieser eingefahrene Politikstil nicht gerecht.
Ich wohne in Ihrem Wahlkreis. In diesem Zusammenhang habe ich einige Fragen an Sie:
Meines Wissens kostet in der Schweiz eine Tonne CO2 90 Euro. Warum nicht auch bei uns? Warum verhindern Sie mit dem Klimapakt der Groko, daß klimaschädliches Verhalten teuer wird und klimafreundliches Verhalten sich lohnt? Warum bauen Sie nicht umweltschädliche Subventionen ab, z. B. das Dieselprivileg und die skandalöse Steuerbefreiung für Kerosin oder die Pendlerpauschale? Damit würden auch Mittel freiwerden, um die Klimaschutz-Wende zu finanzieren. Warum setzt die Groko nicht auch beim Freihandelsabkommen mit den Mercosourstaaten klimapolitische Akzente? Warum wird der Freihandel nicht an eine Aufforstung des Regenwaldes geknüpft?
Was nützt uns eine Groko, wenn Sie gegenüber kurzfristigen Lobbyinteressen einknicken?
Beste Grüße
Lienhard W.
Sehr geehrter Herr Dr. W.,
vielen Dank für Ihre Frage, in der Sie sich mit dem Klimaschutzprogramm 2030 beschäftigen. Der Klimaschutz ist unsere größte globale Herausforderung. Aus diesem Grund verstehe ich Ihre Besorgnis. Ihr Entsetzen nach der Lektüre des Klimaschutzprogramms kann ich allerdings nicht vollständig nachvollziehen.
Zunächst verhindert das Klimapaket nicht, dass klimaschädliches Verhalten teurer wird. Das Paket enthält vielmehr zahlreiche Maßnahmen, die klimafreundliches Verhalten fördern. Bei-spielhaft zu nennen sind hier die steuerliche Förderung energetischer Maßnahmen ab 2020 ergänzend zu den bereits bestehenden Förderungen, die Austauschprämie für alte Ölheizungen mit einem Förderanteil von 40 Prozent für neuere und effizientere Heizsysteme, der Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur, oder die Förderung des Umstiegs auf Elektromobilität mit der Verlängerung der Steuerbefreiung bis 2025.
Weiterhin sprechen Sie die Steuerbefreiung von Kerosin an. Hierbei handelt es sich um eine internationale Steuerbefreiung auf der Grundlage des Chicagoer-Abkommens der Internationalen Zivilluftfahrtbehörde, einer Organisation der Vereinten Nationen. In diesem Abkommen ist die Steuerbefreiung von den Flugkraftstoffen international verbindlich festgelegt. Diese Regelung bildet die Grundlage für die Mineralölstrukturrichtlinie der Europäischen Union und des deutschen Mineralölgesetzes.
Eine Änderung der Steuerbefreiung auf europäischer oder nationaler Ebene würde mithin einen Verstoß gegen das Chicagoer-Abkommen und damit des Rechts der Vereinten Nationen darstellen. An dieser Stelle bedarf es folglich einer internationalen Regelung.
Zu Recht weisen Sie auf notwendige klimapolitische Akzente im Rahmen des Mercosur-Abkommens hin. Dieses enthält bereits ein umfangreiches Nachhaltigkeitskapitel mit verbindlichen Regelungen zum Klimaschutz. Gleichzeitig hat die Bundesregierung zum Erhalt des Regenwaldes in Brasilien bisher 55 Millionen Euro in den Amazonasfonds investiert. Diese Investitionen werden einer laufenden Überprüfung unterzogen, sodass die Zahlungen derzeit eingefroren wurden, da erhebliche Zweifel an der konsequenten Reduzierung der Entwaldungsrate durch die aktuelle brasilianische Regierung bestehen.
Darüber hinaus nehmen Sie Bezug auf die im Klimapaket festgelegte CO2-Bepreisung. Als Digital- und Sozialpolitiker bin ich Mitglied im Klimakreis der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und bin nach wie vor Fürsprecher für das Konzept der „Grünen Null“, was bedeutet, dass die CO2-Emissionen bis 2050 neutralisiert werden. Aus diesem Grund bin ich mit der CO2-Bepreisung in Höhe von 10 Euro pro Tonne für das Jahr 2021 persönlich nicht zufrieden. Allerdings bildet die Einführung des nationalen Handels mit CO2-Verschmutzungsrechten für Benzin, Diesel, Heizöl und Gas den Kern des Maßnahmenpakets. Aus diesem Grund war das primäre Ziel bei der Verhandlung des Klimapakets, die Architektur und die Grundlage für die Einführung der Bepreisung zu legen. Dies ist aus meiner Sicht gelungen. Der CO2-Preis pro Tonne kann auch nachträglich erhöht werden. Bis 2026 ist beispielsweise schon heute die Ausgabe von Zertifikation im Emissionshandel zwischen einem Mindestwert von 35 Euro pro Tonne CO2 und einem Höchstpreis von 60 Euro pro Tonne vorgesehen.
Ich bin optimistisch, dass dies der Einstieg in ein effizientes Handelssystem ist, das im Ergebnis dazu führen wird, dass wir unsere Klimaziele 2030 einhalten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Heilmann